Parlamentskorrespondenz Nr. 1049 vom 12.10.2023
ÖH-Jahresbericht 2022/23: Kritik an mangelnder Hochschulfinanzierung in Zeiten der Teuerung
Wien (PK) – Als starke Stimme der Studierenden gegenüber der Politik: So präsentiert sich die Österreichische Hochschüler:innenschaft in ihrem aktuellen Jahresbericht (III-1025 d.B.). Im Interesse der Studentinnen und Studenten tritt sie gegen eine "Bildungsökonomisierung" an Österreichs Hochschulen auf, wie die Hochschüler:innenschaft die Entwicklung der Hochschulbildung anhand der Universitätsgesetze seit 2002 beschreibt. Überdies kritisiert die ÖH eine unzureichende Hochschulfinanzierung im vom Nationalrat 2022 verabschiedeten Bundesbudget, wodurch trotz Fachkräftemangels zu wenige Studienplätze vorhanden seien. Dazu hätten Studierende stetig wachsende Mehrfachbelastungen wie Berufstätigkeit und Kinderbetreuung zu stemmen, weswegen die Umsetzung des Teilzeitstudiums und höhere Beihilfen nötig seien. Mit diversen öffentlichen Aktionen vor Universitäten, auf den Straßen und vor dem Nationalrat macht die ÖH lautstark auf die Problemfelder aufmerksam und spart dabei gesellschaftspolitische Brennpunkte wie sexualisierte Gewalt an Hochschulen nicht aus, wird im Bericht ausgeführt.
Themenzentrierte Studierendenarbeit
Dem Bericht zufolge arbeiteten in den vergangenen beiden Jahren in der ÖH-Bundesvertretung insgesamt 133 Ehrenamtliche und 27 Angestellte. In 14 Referaten behandelte die Hochschüler:innenschaft gesellschaftspolitisch bedeutende Politikbereiche, von denen Studierende maßgeblich betroffen sind. Beispielsweise befasste sich das Referat für pädagogische Angelegenheiten im Studienjahr 2022/23 besonders mit den vielen Unsicherheiten im Lehramtsstudium, vorrangig hervorgerufen vom heimischen Lehrkräftemangel an Schulen. Unter Bezugnahme auf die 2022 veröffentlichte Evaluierung der Pädagog:innenbildung NEU setzte sich die ÖH für Verbesserungen im Curriculum und der Vereinbarkeit von Studium und Schuldienst ein. Außerdem trat sie gegen Lohnabschläge und fachfremden Einsatz von Junglehrer:innen beziehungsweise Studierenden auf. Zur Umsetzung der Verbesserungsvorschläge befinde man sich seitens der ÖH in regelmäßigem Austausch mit dem Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft sowie der Rektor:innenkonferenz der Pädagogischen Hochschulen, heißt es im Bericht.
Weitere thematische Schwerpunkte akzentuiert die ÖH in eigenen Referaten für wirtschaftliche Angelegenheiten, Fachhochschulen, ausländische Studierende, Studien- und Maturant:innenberatung, Bildungspolitik, internationale Angelegenheiten, Öffentlichkeitsarbeit, feministische Politik, Menschenreche und Gesellschaftspolitik, Barrierefreiheit, Queer-Personen, Umwelt- und Klimapolitik sowie Sozialpolitik.
Sozialpolitische Erfolge und Herausforderungen
Im Rahmen ihrer Sozialberatung verzeichnete die ÖH einen kontinuierlichen Anstieg an Beratungsleistungen für Studierende in den vier vergangenen Studienjahren. Die 3.335 Beratungskontakte im Studienjahr 2019/2020 steigerten sich laut Bericht bis 2022/23 auf 5.229. Zentral dabei seien Fragen rund um die Studienförderungsgesetz-Novelle und ihre Auswirkungen gewesen, aber auch der Umgang mit psychischen Problemen Studierender. Da psychische Erkrankungen häufig in Zusammenhang mit der Möglichkeit einer Verlängerung der Anspruchsdauer eines Beihilfenbezugs (Familienbeihilfe und Studienbeihilfe) vorgebracht wurden, schließt die ÖH aus ihren Beratungen auf eine Verschlechterung des psychischen Gesundheitszustands von Studentinnen und Studenten. Die allgemeine Teuerung wird dazu als eine der Ursachen genannt, die gemeinsam mit der Energiekrise Bildung zu einem "teuren Gut" mache und die soziale Selektion verschärfe.
Als Erfolg werden vor diesem Hintergrund Veränderungen in der Studienförderung gewertet, die unter Mitwirkung der ÖH zu einer Valorisierung der Studienbeihilfe und zur Neuregelung des Fahrtkostenzuschusses führten. Zur Beantragung der Studienbeihilfe bietet die ÖH auf ihrer Website sowie durch Broschüren konkrete Unterstützung an.
Ungeachtet dessen fordert die ÖH eine höhere Studienbeihilfe, die den Studienabschluss ohne Erwerbstätigkeit absichert, die Minimierung der studienbezogenen Kosten wie Studiengebühren, und eine zentralisierte Wohnkostenbeihilfe für Studierende samt Heimförderung für gemeinnützige Studierendenheime.
ÖH-Wahl 2023
Weil die Exekutivperiode der ÖH-Bundesvertretung im Berichtszeitraum mit Abschluss des Sommersemesters 2023 endete, standen dieses Frühjahr erneut Wahlen zur fraktionellen Zusammensetzung der Hochschüler:innenschaft an. Bei der ÖH-Wahl 2023, anberaumt von 9. bis 11. Mai dieses Jahres, ging der Verband Sozialistischer Student_innen mit 26,52 % der Stimmen als stärkste Kraft in der Interessensvertretung hervor, gefolgt von der Aktionsgemeinschaft (21,12 %) und von Grünen & Alternativen Student_innen (18,58 %). 21,6 % der 350.000 Studierenden nahmen an der Wahl dem Bericht zufolge teil, was im Vergleich zur Wahlbeteiligung 2021 eine 5 %-ige Steigerung ausmacht. Dennoch ist sich die ÖH bewusst, noch weiter an ihrer Bekanntheit als Interessensvertretung für Studierende arbeiten zu müssen. (Schluss) rei