Parlamentskorrespondenz Nr. 1108 vom 25.10.2023
Humanitäre Hilfe: Österreich will zielgerichteten Mitteleinsatz sicherstellen
Wien (PK) – Wie kann Österreich bestmöglich Menschen in humanitären Notlagen helfen? Angesichts der weltweiten Zunahme an kriegerischen Konflikten und Naturkatastrophen will die Bundesregierung anhand einer Strategie sicherstellen, dass Hilfsgelder wirksam zum Einsatz kommen. In einem aktuellen Bericht (III-1037 d.B.) dazu heißt es, seit 2012 habe sich die Zahl Hilfsbedürftiger verfünffacht, von 62 Millionen Notleidenden auf 363 Millionen hilfsbedürftige Menschen 2023. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe diese Entwicklung weiter beschleunigt, sowohl hinsichtlich der humanitären Situation in der Ukraine als auch hinsichtlich der Preise für Lebensmittel und Energie, "die in den ärmsten Regionen des Globalen Südens zu unfassbarem Leid führen". Von 828 Millionen hungernden Menschen gehe die UNO derzeit aus.
Die Umsetzung der österreichischen Hilfsprogramme mit konkreten Zielsetzungen und Zuständigkeiten wird von der Austrian Development Agency (ADA) unterstützt, indem sie die Ausarbeitung von Projekten und den Abschluss entsprechender Verträge gewährleistet. Wichtige Kooperationspartner dabei sind laut Bericht die humanitären UN-Organisationen, die Institutionen der Rotkreuz- und Rothalbmond Bewegung und österreichische Nichtregierungsorganisationen (NROs). Programme der Europäischen Union bilden den Rahmen für die österreichische Strategie zur Humanitären Hilfe.
Synergien der Hilfsleistungen zur Katastrophenprävention
Verknüpft mit der Humanitären Hilfe werden gemäß Strategie die Bereiche Entwicklungszusammenarbeit und Friedensförderung im "Humanitarian-Development-Peace Nexus", ausgearbeitet von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Vor dem Hintergrund des Aufeinandertreffens von entwicklungshindernden Konflikten und den Auswirkungen der Klimakrise, etwa Hungerkatastrophen, erhofft man durch das Zusammenspiel, bessere Synergien bei kurz- und langfristig angelegter humanitärer Hilfe sowie bei der Notfallprävention und Resilienzsteigerung zu erreichen. So sollen dem Strategiepapier zufolge verschränkte Maßnahmen in den Bereichen Wasser, Ernährungssicherheit und nachhaltige Landwirtschaft, Energie, Lebensgrundlagen sowie Gesundheit dazu beitragen, die Resilienz von Individuen, Gemeinschaften und Staaten zu stärken, was das Katastrophenrisiko mindere.
Konkret zu Auswirkungen der Klimakrise bezieht sich der Bericht auf Statistiken der letzten 40 Jahre. Zwischen 1980 und 1999 gab es demnach 1.309 Überschwemmungskatastrophen, zwischen 2000 und 2019 bereits 3.254. Ähnliche Steigerungen verzeichnet man den Statistiken zufolge bei Stürmen und extremen Temperaturereignissen. Dazu kommen klimawandelbedingte Prozesse wie Biodiversitätsverlust, Versalzung sowie Erosion der Böden und ein intensivierter Schädlingsbefall, die wiederum zu Ernteausfällen und Nahrungsmittelknappheit führen.
Innovative Zugänge zur humanitären Hilfe
Qualität und Innovation spielen bei den humanitären Programmen eine große Rolle, was im Bericht am Beispiel der Digitalisierung zur Effizienz-, Effektivitäts- und Qualitätssteigerung von Hilfsprogrammen verdeutlicht wird. Dadurch könnten nicht zuletzt verstärkt Partnerschaften mit der Privatwirtschaft geschaffen werden, deren Expertise und Finanzmittel zu Verbesserungen im humanitären Bereich beitragen würden. Als beachtenswert angeführt werden im Bericht auch innovative Finanzierungswerkzeuge wie "Social Impact Bonds" für den Sozialbereich, die auf Wirkungspartnerschaft aus öffentlicher Verwaltung, privaten Investoren und humanitären Organisationen beruhen.
Migration: Österreich setzt auf Hilfe vor Ort
Bewaffnete Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und die Klimakrise werden von der Regierung als Hauptursachen für Flüchtlingsbewegungen genannt. Innerhalb von nicht einmal zehn Jahren habe sich die Zahl von Geflüchteten und Binnenvertriebenen nahezu verdoppelt. Zum Schutz dieser vulnerablen Personengruppen setze man auf die "Schaffung von Überlebensmöglichkeiten und das Leisten von angemessener Versorgung vor Ort", vor allem in Aufnahme-, Herkunfts- und Transitländern, hält der Bericht mit Bezug auf EU-Instrumente für Asyl und Migration fest. Zentral für das Eindämmen von Migrationsströmen sei auch, Klimakrise und Biodiversitätsverlust als Ursachen für zahlreiche Konflikte zu begreifen. In diesem Sinne sei ein umfassendes Verständnis für umweltbezogene Zusammenhänge zu fördern. Die Klima- und Umweltverträglichkeit sämtlicher humanitärer Maßnahmen müssten ebenfalls mehr Beachtung finden, etwa beim Wiederaufbau.
Allerdings bekennt sich die Regierung auch zur Genfer Flüchtlingskonvention. Demnach sei es bei langanhaltenden Vertreibungssituationen essenziell, Geflüchteten bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage beziehungsweise bei der Schaffung eines selbstbestimmten Lebens durch Teilhabe in einer Gesellschaft zu unterstützen. (Schluss) rei