Parlamentskorrespondenz Nr. 1142 vom 07.11.2023
LGBTIQ: Diskriminierung belastet Gesundheit
Wien (PK) – Lesbische, schwule, bisexuelle, trans, inter* und queere (LGBTIQ+) Personen sehen sich in Österreich zu 75 % wegen ihrer sexuellen Orientierung mit Alltagsdiskriminierung konfrontiert. Das ergab eine Umfrage unter 1.047 Personen der LGBTIQ+-Community, die im Auftrag des Gesundheitsministeriums 2022 durchgeführt wurde (III-1035 d.B.). Ziel der Erhebungen war laut Ministerium, einen ersten Überblick zur gesundheitlichen Situation von LGBTIQ+-Personen zu gewinnen. Gesundheitsminister Johannes Rauch legt im Vorwort des Berichts ein Bekenntnis gegen jede Art von Diskriminierung eines Menschen wegen seiner sexuellen Orientierung ab. In einer offenen und modernen Gesellschaft müsse die ausreichende medizinische Versorgung von LGBTIQ+-Personen selbstverständlich sein.
Erhöhte Depressionsneigung und Suizidgedanken
In zehn Einzelinterviews, mit denen die Online-Umfrage vertieft wurde, thematisierten Interviewpersonen in Zusammenhang mit Diskriminierungserlebnissen schwere Depressionen bis hin zu Suizidversuchen. Besonders in den Perioden vor einem Coming-out-Zeitpunkt beziehungsweise den damit verbundenen Veränderungen – sozial, juristisch oder medizinisch – sei die psychische Belastung groß gewesen.
Insgesamt gaben 89 % aller befragten Personen an, während der zwei vorangegangenen Jahre Diskriminierungen in den Bereichen Wohnen, Arbeit oder Arbeitssuche, Gesundheit, Bildung, Zugang zu Dienstleistungen, Ämtern oder Behörden sowie im Internet beziehungsweise den Sozialen Medien erlebt zu haben.
Zwar gab mehr als die Hälfte (60 %) der 1.047 Befragen an, mit ihrem allgemeinen Gesundheitszustand zufrieden zu sein. Doch wurde bei der Hälfte der Umfragen eine Depression innerhalb der letzten 12 Monate angeführt, mit ärztlicher Diagnose waren es 29 % der Befragten.
Demütigung in der Gesundheitsversorgung
International zeigt sich dem Bericht zufolge, dass LGBTIQ+-Personen bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen vielerorts und regelmäßig stigmatisiert und diskriminiert werden, was Ungleichheiten bei Zugang, Qualität und Verfügbarkeit von Gesundheitsleistungen nach sich zieht. Im Bericht heißt es, das Risiko für LGBTIQ+-Personen, körperlich und psychisch zu erkranken, werde durch Diskriminierungen erhöht.
In Österreich führten nach Angaben der Befragten vor allem unangebrachte Kommentare des medizinischen Personals - etwa abwertende oder verletzende Äußerungen und Fragen – bei den Betroffenen zum Gefühl der Demütigung und Beleidigung. Zudem würden aufgrund der bestehenden Überlastung des Gesundheitssystems geschlechtsangleichende Behandlungen für trans Personen häufig unterbrochen oder zurückgestellt.
Für das heimische Gesundheitswesen lauten erste Empfehlungen daher, innerhalb und außerhalb des Gesundheitssystems Bewusstsein für die gesundheitliche Versorgung von LGBTIQ+- Personen zu schaffen, um einen diskriminierungsfreien und gesicherten Zugang zur Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Die Curricula der Bereiche Medizin, Pflege und Betreuung sollten somit die Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt umfassen. Als erste Maßnahmen kündigt das Ministerium auf Basis des Berichts kurz- und mittelfristig Sensibilisierungsprogramme für die Gesundheitsberufe an.
Regionale und europäische Aktionspläne
Europaweit haben laut Bericht 15 Staaten nationale Aktionspläne auf den Weg gebracht, um Maßnahmen wie verbesserte Suizidprävention bei LGBTIQ+-Personen und Kostenerstattung bei spezifischen Gesundheitsleistungen umzusetzen. Obwohl Österreich noch nicht über einen bundesweiten Aktionsplan für LGBTIQ+-Personen verfügt, gibt es bereits eine Reihe von gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Aktivitäten in diesem Zusammenhang, wird im Bericht anhand von Beispielen wie dem Rainbow Cities Network ausgeführt. Angedockt wird auch an internationale Verbände, etwa an die Organisation TGEU (Transgender Europe) mit 48 Mitgliedsländern. (Schluss) rei