Parlamentskorrespondenz Nr. 1270 vom 27.11.2023

Neu im Wirtschaftsausschuss

Regierungsvorlage mit Regelungen für neue "Höhere berufliche Bildung"

Wien (PK) - Jenen rund 1,6 Mio. Österreicher:innen zwischen 25 und 64, die eine abgeschlossene Lehre als höchsten Bildungsabschluss aufweisen, und jenen ca. 870.000 Personen, die nach dem Pflichtschulabschluss eine mehrjährige berufliche Erfahrung erworben haben, soll auf berufspraktischem Weg ein formaler Bildungsabschluss und damit verbunden gesellschaftliche Anerkennung ermöglicht werden. Dies ist den Erläuterungen zum aktuell vorliegenden Bundesgesetz über die höhere berufliche Bildung (HBB-Gesetz) zu entnehmen (2312 d.B.). Gleichzeitig soll damit in vielen Berufsfeldern eine durchgängige Weiterbildungsperspektive mit formalen Bildungsabschlüssen geschaffen und die Wahl für einen Lehrberuf oder eine berufliche Ausbildung attraktiver werden. Ziel sei es, Fachkräfte in inhaltlicher Anknüpfung an ihre berufliche Erstausbildung oder bereits erworbene Berufspraxis nach transparenten Kriterien, evidenzbasiert und tätigkeitsbezogen weiterzubilden und diese Qualifikationen international vergleichbarer zu machen. HBB-Qualifikationen sollen etwa auch die Vorbereitung berufstätiger Personen auf Leitungsaufgaben und spezialisierte fachliche Tätigkeiten in den Unternehmen unterstützen.

Als neues Segment im österreichischen Bildungssystem sollen diese Qualifikationen der Höheren Beruflichen Bildung ein berufspraktisches Angebot der beruflichen Weiterbildung für praxisorientierte Lerntypen im Arbeitsleben bieten. Von bestehenden Angeboten sollen sie sich etwa durch die Verbindung von Lernen und Arbeiten, Learning on-the-job und die Anleitung von Praktiker:innen für Praktiker:innen unterscheiden. Lernorte sollen der Arbeitsort sowie Bildungseinrichtungen der beruflichen Erwachsenenbildung sein.

Entwicklungsphase und Genehmigungsphase für HBB-Qualifikationen

Als Qualifikationsanbieter sind gesetzliche Interessenvertretungen oder der Bund vorgesehen. Abschlussbezeichnungen sollen Personen, die erfolgreich ein Validierungs- oder Prüfungsverfahren absolviert haben, die Möglichkeit bieten, ihre Qualifikation, das entsprechende Qualifikationsniveau und die erworbenen Kompetenzen in einem bestimmten Fachbereich sichtbar zu machen. Vorgesehen ist dabei eine Höhere Berufsqualifikation (HBQ), ein Fachdiplom (FD) sowie ein Höheres Fachdiplom (HFD). Die Abschlussbezeichnungen sollen einen Zusatz mit Bezug zum Fachgebiet der Qualifikation aufweisen (z.B. "Höhere Berufsqualifikation – Energieberatung & Energieplanung") und sowohl im vollen Wortlaut als auch in abgekürzter Form im privaten und geschäftlichen Verkehr verwendet und im Zusammenhang mit dem Namen geführt werden dürfen. Die Abschlussbezeichnungen sollen sich demzufolge nach schweizerischem und deutschem Vorbild mittel- bis langfristig im Kontext des Nationalen und Europäischen Qualifikationsrahmens als gleichwertig, aber nicht gleichartig, zu hochschulischen Abschlüssen vergleichbarer Qualifikationsniveaus etablieren.

Für den Prozess zur Entwicklung und Einführung von HBB-Qualifikationen sind den Erläuterungen zufolge eine Entwicklungsphase und eine Genehmigungsphase vorgesehen. Die Qualifikationen haben sich an den festgelegten HBB-Deskriptoren zu orientieren. Konkret soll die Vermittlung von HBB-Qualifikationen nicht im hochschulischen Kontext, sondern überwiegend in der betrieblichen Praxis und durch ergänzende fachspezifische Ausbildungsangebote der beruflichen Erwachsenenbildung erfolgen, heißt es in den Erläuterungen. Die Lernergebnisse sollen durch den Bedarf des Arbeitsmarkts definiert werden. Die Qualitätssicherung soll im strukturierten Zusammenwirken von Qualifikationsanbieter und Validierungs- und Prüfungsstellen sowie in Vorbereitungskursen durch qualitätsgesicherte Bildungseinrichtungen der beruflichen Erwachsenenbildung erfolgen.

Referenzen für Struktur und Gestaltung der neuen Qualifikationen sind demnach insbesondere die Meister- und Befähigungsprüfungen und die Ingenieur-Qualifikation. HBB-Qualifikationen sollen aber nicht in bestehende, gesetzlich geregelte Ausbildungen oder Tätigkeiten eingreifen dürfen. (Schluss) mbu


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