Parlamentskorrespondenz Nr. 1278 vom 27.11.2023

Tag des Bundesrats: Kinderrechte sind keine Handlungsempfehlungen

Wien (PK) – Unter dem Motto "Kinderrechte sind Menschenrechte" lud Bundesratspräsidentin Claudia Arpa heute Nachmittag zum Tag des Bundesrats. Die Gastgeberin betonte die Bedeutung von Kinderrechten, an denen es stetig zu arbeiten gelte. Jana Berchtold, UN-Jugenddelegierte der Bundesjugendvertretung, pochte in ihrer Keynote darauf, dass Kinderrechte stärker rechtlich implementiert und umgesetzt werden müssten. Abschließend diskutierten Expert:innen in einer Podiumsdiskussion über die Bedeutung von Kinderrechten und die Auswirkungen von Armut und Klimakrise auf die Jüngsten der Gesellschaft.

Bundesratspräsidentin Arpa: Kinderrechte sind wichtige Grundsteine, an denen es zu arbeiten gilt

Kinderrechte seien seit 34 Jahren in der UN-Kinderrechtskonvention und seit mehr als zehn Jahren in der Bundesverfassung verankert, erläuterte Bundesratspräsidentin Claudia Arpa. Es sei zu überprüfen, ob die gelebte Praxis, das gesellschaftliche Leben und die Lebensrealität mit geltendem Recht übereinstimmen, sagte Arpa. Die Umsetzung von Kinderrechten sei nach wie vor eine Herausforderung und ein fortdauernder Prozess.

Angesichts der vielen und oftmals unerwarteten Entwicklungen gelte es, der jungen Generation Sicherheit zu vermitteln und Unterstützung anzubieten. Arpa verwies auf die Bedeutung eines wirtschaftlich stabilen Zuhauses und dessen "enorme" Auswirkungen auf das spätere Leben. Dieses ermögliche die Teilhabe am sozialen und kulturellen Geschehen. Erst durch eine wirtschaftlich solide Basis in jungen Jahren würden sich die Potenziale der jungen Menschen entfalten können. Das Recht auf einen chancengleichen Zugang zu Bildung, auf ein gesundes Aufwachsen, auf eine intakte Umwelt, auf eine solide Gesundheitsversorgung sowie das Recht auf Mitbestimmung und Teilhabe an der Gesellschaft seien wichtige Grundsteine, an denen es zu arbeiten gelte, so Arpa.

Berchtold: Kinderrechte sind keine Handlungsempfehlungen, sondern essenzielle Grundrechte, die umgesetzt werden müssen

1992 habe Österreich zwar die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, es seien aber längst noch nicht alle Kinderrechte umgesetzt und implementiert worden, kritisierte Jana Berchtold, UN-Jugenddelegierte der Bundesjugendvertretung in ihrer Keynote. Wir würden in einer Zeit leben, in der Kinder weltweit in Krisenzeiten aufwachsen. Wie bei der Klimakrise, der Teuerung oder Kriegen bedeute das oftmals auch, dass die Rechte von Kindern verletzt werden.

Kinderrechte seien keine Handlungsempfehlungen, sondern essenzielle Grundrechte, die ein chancenreiches und gesundes Aufwachsen garantieren sollen. Sie seien die gesellschaftlichen Spielregeln, ohne die ein Zusammenleben und Aufwachsen nicht gelingen könne. Sie müssten daher für alle Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahren in ihrem Leben spürbar sein und umgesetzt werden, betonte Berchtold.

Podiumsdiskussion zur Bedeutung von Kinderrechten, zu Kinderarmut und zur Klimakrise

In einer Podiumsdiskussion diskutierten die Jugendbotschafterin Corinna Heinzle, der Universitätsprofessor und Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Ernst Berger, Corinna Geißler von UNICEF Österreich, Andrea Holz-Dahrenstaedt von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg und die Geschäftsführerin der Bundesjugendvertretung Eleonora Kleibel.

Kinder in Armut seien ausgrenzungsgefährdet, betonte Andrea Holz-Dahrenstaedt von der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg und forderte die Umsetzung der Europäischen Garantie für Kinder und die damit verbundene rasche Erstellung eines nationalen Aktionsplans. Als sinnvolle Maßnahme befand sie eine Kindergrundsicherung. Es brauche nicht stigmatisierende Leistungen, wie ein kostenfreies Mittagessen oder die freie Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Angesichts der langfristigen Auswirkungen von Armut auf das Leben von Kindern befürwortete Eleonora Kleibel eine Kindergrundsicherung. Belegt sei, dass sich jeder in ein Kind "investierte" Euro volkswirtschaftlich rechne. Auf die Bedeutung frühkindlicher Erziehung auf die langfristige Entwicklung von Kindern wies Corinna Geißler von UNICEF Österreich hin.

Armut bedeute oft, dass Kinder nicht an sozialen Aktivitäten teilnehmen können, gab der Kinder- und Jugendpsychiater Ernst Berger zu bedenken. Dies erzeuge ein permanent wiederholtes Erlebnis des Ausschlusses und dies führe dazu, dass sich Betroffene zurückziehen oder aggressiv verhalten. Wenn die Politik Kinderarmut und damit die Lebensrealität von Betroffenen negiere, sei es nicht verwunderlich, dass sich die Jugend nicht von der Politik vertreten fühle. Zudem wies Berger auf die weiter nicht ausreichenden Versorgungsstrukturen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hin und kritisierte, dass Kinder mit Behinderungen als Bittsteller:innen und nicht als Träger:innen von Rechten behandelt würden.

Angesichts der Klimakrise brauche es für Kinder und Jugendliche die Perspektive, dass sich etwas ändert, forderte die Jugendbotschafterin Corinna Heinzle. Drei Viertel der Jugendlichen würden sich zum Thema Klima nicht gehört fühlen und 60 Prozent glaubten, dass sich das auch nicht ändern werde, gab die Geschäftsführerin der Bundesjugendvertretung Eleonora Kleibel zu bedenken. Die Klimaveränderung habe massive Auswirkungen auf Kinder und diese seien überproportional davon betroffen, sagte Corinna Geißler von UNICEF Österreich. Kinder sollten ins Zentrum der Klimapolitik gestellt werden. Ernst Berger wies auf den Zusammenhang von Klimawandel und Migration und dessen steigende Bedeutung hin. In der Kommunikation mit Kindern zum Klimawandel sei es wichtig, ihnen ihre eigenen Handlungskompetenzen und ‑möglichkeiten aufzuzeigen und ihnen zu vermitteln, dass sie den Dingen nicht ausgeliefert seien, betonte der Kinder- und Jugendpsychiater.

In ihren Abschlussstatements hoben die Expert:innen die für sie wichtigen und notwendigen nächste Schritte und Maßnahmen hervor. Es sei von Bedeutung, mit Kindern und nicht nur über sie zu reden – sie also einzubinden, meinten hierzu Corinna Heinzle und Corinna Geißler. Kinderrechte sollten so ernst genommen werden, dass ein eigenes Kindheitsministerium eingerichtet werden sollte, forderte Andrea Holz-Dahrenstaedt. Auf einen ausreichenden Ausbau von Hilfsangeboten für Kinder und Jugendliche in psychischen Krisen in einer absehbaren Zeit hofft Ernst Berger. Die Umsetzung eines Kinderrechtemonitorings angesichts der Kinderrechtsverletzungen in Österreich verlangte Eleonora Kleibel. (Schluss) pst

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