Parlamentskorrespondenz Nr. 87 vom 02.02.2024

Neu im Gesundheitsausschuss

Wien (PK) – Nach dem Beschluss der Gesundheitsreform werden nun die nächsten legistischen Schritte vorbereitet, die in Form von Initiativanträgen von ÖVP und Grünen bereits dem Parlament zugeleitet wurden. Neben der schon länger geplanten Einführung eines Facharztes bzw. einer Fachärztin für Allgemein- und Familienmedizin und der damit verbundenen fünfjährigen Ausbildung, mit der erstmals ab 1. Juni 2026 gestartet werden kann, sollen auch die Apotheken mehr Kompetenzen erhalten. Diese dürfen in Hinkunft nicht nur länger offen halten (von 48 auf 72 Stunden pro Woche), sondern auch einfache Gesundheitstests anbieten.

Neues Sonderfach für Allgemein- und Familienmedizin mit fünfjähriger Ausbildung

Mit dem von ÖVP und Grünen vorgelegten Initiativantrag soll die gesetzliche Grundlage für die Einführung des Facharztes bzw. der Fachärztin für Allgemeinmedizin und Familienmedizin geschaffen werden (3865/A). Für dieses Sonderfach ist eine insgesamt fünfjährige Ausbildung (neun Monate Grundausbildung und 51 Monate fachärztliche Ausbildung) vorgesehen, mit der frühestens ab 1. Juni 2026 begonnen werden kann.

Der Facharzt bzw. die Fachärztin Allgemeinmedizin und Familienmedizin soll die erste Anlaufstelle für sämtliche gesundheitliche Anliegen sein. Das Aufgabengebiet des neuen Sonderfachs ist breit gefächert und umfasst die ganzheitliche, kontinuierliche und koordinative medizinische Betreuung des gesamten menschlichen Lebensbereiches, was auch durch den Zusatz "Familienmedizin" im Titel zum Ausdruck kommen soll.

Im Rahmen der fachärztlichen Ausbildung, die 33 Monate Sonderfach-Grundausbildung und 18 Monate Sonderfach-Schwerpunktausbildung beinhaltet, sollen die Mediziner:innen nicht nur Einblick in andere Fächer wie etwa innere Medizin oder Kinder- und Jugendheilkunde erhalten, sondern vor allem auch Erfahrungen im beruflichen Alltag sammeln. Neben der Arbeit in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen und Lehrambulatorien können Teile der Ausbildung auch in Akutambulanzen zur Erstversorgung absolviert werden. Eine Übergangsbestimmung sieht einen stufenförmigen Ausbau der Dauer der Ausbildung in der Sonderfach-Schwerpunktausbildung über mehrere Jahre hinweg vor. Es besteht zudem die Wahlmöglichkeit, alle vor dem 1. Juni 2026 begonnenen Ausbildungen entweder nach dem derzeit geltenden Recht abzuschließen oder in die neue fachärztliche Ausbildung überzutreten.

Im Zuge der Novelle wird außerdem eine langfristige Lösung für jene Ärzt:innen geschaffen, die etwa aus Krisengebieten geflohen sind und die aufgrund einer während der Pandemie geltenden Ausnahmebestimmung seit einiger Zeit im heimischen Gesundheitswesen tätig sind. So haben nun beispielsweise ukrainische Ärzt:innen vier Jahre Zeit, um eine Nostrifikation abzuschließen, sofern sie den Antrag dafür bis spätestens Ende 2024 gestellt haben. Damit ist gewährleistet, dass sie bis 1. August 2028 unter Aufsicht von im Inland zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Ärzt:innen arbeiten können.

Weitere Details werden in der Ausbildungsordnung für Ärzt:innen sowie in den entsprechenden Ausbildung- und Prüfungsverordnungen der Österreichischen Ärztekammer festgelegt, ist dem Antrag zu entnehmen.

Apotheken: Ausweitung der Öffnungszeiten und der Kompetenzen

Zahlreiche Neuerungen kommen auch auf die rund 1.400 heimischen Apotheken zu. Um die Versorgung mit Medikamenten zu verbessern, soll die maximale Öffnungszeit von 48 Stunden auf 72 Stunden pro Woche angehoben werden, sieht der dazu vorliegende Gesetzesantrag der Regierungsfraktionen vor (3868/A). Apotheken können dann – über die verpflichtenden Kernzeiten hinaus - werktags zwischen 6 Uhr und 21 Uhr und samstags zwischen 6 Uhr und 18 Uhr ihre Kund:innen betreuen. Zuständig für die Festlegung der Kernöffnungszeiten (mindestens 36 Stunden, an allen Werktagen) sind die jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden, die die in dringenden Fällen auch Notfallbereitschaften anordnen und in Krisensituationen oder bei gesteigertem Bedarf (z.B. Touristengebiete) abweichende Regelungen treffen können.

Zusätzlich sollen die Apotheken künftig einfache Gesundheitstests wie etwa Blutdruck- und Blutzuckermessungen oder Analysen von Harnproben anbieten können. Da sich die Apotheker:innen während der Pandemie sehr bewährt hätten, u.a. durch die Durchführung von Corona-Tests, sollen diese etablierten Strukturen in das Dauerrecht übergeführt werden, heißt es in der Begründung. Dies beinhaltet auch die dafür erforderliche Probengewinnung durch die Blutentnahme aus der Kapillare (z.B. Fingerkuppe) sowie die Abstrichnahme aus Nase und Rachen. Eine umfassende Diagnostik und Therapie ist aber weiterhin dem Arzt vorbehalten. Apotheken, in denen Tests durchgeführt werden, sind verpflichtet, dies der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

Im Sinne einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung, vor allem am Land, wird es Apotheken künftig ermöglicht, Abgabestellen mit eingeschränktem Angebot und Öffnungszeiten (maximal 10 Stunden pro Woche) zu betreiben, wenn es in ihrem Versorgungsgebiet Ortschaften ohne eigene Apotheke oder ärztliche Hausapotheke gibt. Zudem wird jeder Apotheke der Betrieb von bis zu drei Filialapotheken erlaubt. In begründeten Einzelfällen und unter bestimmten Bedingungen dürfen öffentliche Apotheken dringend benötigte Arzneimittel an Patient:innen oder immobile Bewohner:innen von Alten- und Pflegeheimen zustellen.

Änderungen gibt es auch hinsichtlich der Bestimmungen zur Erlangung einer Konzession zum Betreiben einer Apotheke, die laut Antrag zum Generationenwechsel beitragen sollen. Davon ausgeschlossen werden Personen mit einem Höchstalter von 65 Jahren sowie Personen, die länger als drei Jahre in keiner öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke tätig waren und nicht seit wenigstens sechs Monaten eine solche Tätigkeit wieder ausüben. Gleichzeitig wird betont, dass es sich dabei nicht um ein Berufsverbot handelt, zumal bestehende Konzessionen nicht betroffen seien und andere Beschäftigungsformen weiter offen stehen würden. (Schluss) sue