Parlamentskorrespondenz Nr. 118 vom 14.02.2024

Gesundheitsausschuss stimmt Erweiterung der Berufskrankheitenliste und neuem Tiergesundheitsgesetz zu

Ab März werden vier weitere Krankheiten als Berufskrankheiten anerkannt

Wien (PK) – Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats hat heute auch grünes Licht für eine Modernisierung der Berufskrankheitenliste gegeben. Die Abgeordneten stimmten einhellig für eine von ÖVP und Grünen beantragte ASVG-Novelle, die unter anderem eine übersichtlichere Gliederung der anerkannten Berufskrankheiten und die Aufnahme von vier neuen Krankheiten in die Liste bringt. Außerdem wird die Meldung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen neu geregelt. Die SPÖ hätte sich zwar eine weitergehende Lösung gewünscht, trug den Beschluss letztendlich aber mit.

Ebenfalls den Ausschuss passiert hat eine umfangreiche Veterinärrechtsnovelle, deren Kernstück ein neues Tiergesundheitsgesetz ist. Flankierend zu einer direkt wirkenden EU-Verordnung soll es dazu beitragen, die Tiergesundheit in Österreich zu verbessern und die Ausbreitung von Tierseuchen zu verhindern. Neuerlich vertagt wurden zwei Anträge der NEOS: Sie zielen zum einen auf den Abschluss von Rahmenabkommen mit allen Nachbarländern Österreichs für grenzüberschreitende Rettungseinsätze und zum anderen auf die Wiedereinführung des Beobachterstatus für Taiwan in der WHO ab.

Vier neue Berufskrankheiten

Konkret wird die Berufskrankheitenliste mit der ASVG-Novelle (3870/A) um das Hypothenar- bzw. Thenar-Hammersyndrom (eine Gefäßschädigung der Hand, die durch schlagartige Bewegungen verursacht wird und beispielsweise bei Handwerker:innen auftritt), um fokale Dystonien bei Instrumentalmusiker:innen (eine neurologische Erkrankung, die zu Muskelkrämpfen bzw. Bewegungsstörungen führt), das Plattenepithelkarzinom und aktinische Keratosen (eine Form von Hautkrebs bzw. dessen Vorstufe) durch UV-Exposition und um Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) nach Asbest-Kontakt erweitert. Mangels praktischer Relevanz gestrichen werden hingegen Erkrankungen durch Thomasschlackemehl. Insgesamt wird die Liste damit künftig 73 Krankheiten umfassen, die von Staublungenerkrankungen über durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit bis hin zu Erkrankungen durch bestimmte chemische Stoffe wie Benzol oder Salpetersäureester reichen.

Mit einem bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrag stellten die Abgeordneten sicher, dass auch Personen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes an einer der neu aufgenommenen Berufskrankheiten erkrankt sind, ab März 2024 Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung haben. Gleiches gilt für Hinterbliebene der betroffenen Personen.

In der Debatte informierte ÖVP-Abgeordneter Werner Saxinger, dass die Berufskrankheiten-Liste im Rahmen einer Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium umfassend überprüft und entsprechend dem aktuellen  Forschungsstand angepasst wurde. Abgeordneter Markus Koza (Grüne) wies zudem noch darauf hin, dass seit 17 Jahren keine neuen Krankheiten in die Liste aufgenommen wurden.

Seitens der SPÖ begrüßte Rudolf Silvan die seit langem geforderte Anpassung, er hätte sich aber eine wesentlich umfangreichere Erweiterung gewünscht. Vor allem wäre die Einbeziehung von Long Covid notwendig gewesen, wie dies in Deutschland der Fall sei, hielt er fest. Auch die Aufnahme von Bandscheibenerkrankungen, z.B. bei Bauarbeiter:innen und Steinmetz:innen, wäre wichtig gewesen. Ein von Silvan bereits Anfang 2021 eingebrachter Entschließungsantrag (1216/A(E)), der auf eine umfassende Überarbeitung der Berufskrankheitenliste abzielt, fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit.

Grenzüberschreitender Einsatz von Rettungsdiensten

Um Rechtssicherheit für grenzüberschreitende Einsätze von Rettungsdiensten zu schaffen, haben die NEOS schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, Rahmenabkommen mit allen österreichischen Nachbarländern nach dem Vorbild eines Abkommens mit Tschechien abzuschließen (1958/A(E)). Derzeit würden Sanitäter:innen bzw. Ärzt:innen, die über die Grenze hinweg Hilfe leisten, in einem rechtsfreien Raum agieren, argumentiert NEOS-Gesundheitssprecher Loacker.

Der Antrag wurde von den Koalitionsparteien mit der Begründung vertagt, dass ohnehin Verhandlungen laufen. So liegt ÖVP-Abgeordneter Alexandra Tanda zufolge ein entsprechendes Abkommen mit der Slowakei bereits im Ministerrat. Auch mit Bayern und Ungarn würden Gespräche geführt, wobei im Falle Ungarns der Ball derzeit beim Nachbarland liege. Tanda verwies außerdem auf die im Jahr 2022 beschlossene Ärztegesetznovelle, die seit 1. Jänner 2023 grenzüberschreitende ärztliche Einsätze von organisierten Notarztdiensten sowie Not- und Bereitschaftsdiensten erleichtert.

NEOS schlagen Beobachterstatus Taiwans in der WHO vor

In Reaktion auf die Corona-Pandemie sprechen sich die NEOS außerdem dafür aus, Taiwan wieder einen Beobachterstatuts bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) einzuräumen. Es habe sich gezeigt, dass es zur Überwindung einer derartigen Gesundheitskrise eine globale Zusammenarbeit aller Länder, unabhängig von politischer Ausrichtung und Gesinnung brauche, macht Loacker in einem an die Bundesregierung gerichteten Entschließungsantrag (2352/A(E)) geltend. Zudem könnten die anderen Länder seiner Ansicht nach von den Erfahrungen Taiwans profitieren. Offenbar setze sich aus Angst vor China aber niemand wirklich für Taiwan ein, bedauerte NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler im Ausschuss.

Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner sieht in dieser Frage derzeit allerdings keine Lösung. Die WHO sei ein wichtiger Kooperationsort, stimmte er den NEOS zu, die Situation sei aber kompliziert. Es gelte, internationales Recht zu beachten, und hier gebe es in Bezug auf Taiwan – unabhängig von der WHO – eine UN-Resolution. Laut Schallmeiner ist Taiwan aber in technische Netzwerke eingebunden.

Neue gesetzliche Bestimmungen zur Verhinderung von Tierseuchen

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS hat der Gesundheitsausschuss die Veterinärrechtsnovelle 2024 (2433 d.B.) an das Plenum weitergeleitet. Das umfangreiche Gesetzespaket zielt insbesondere darauf ab, das österreichische Tiergesundheitsrecht an das "Animal Health Law" (AHL) der EU anzupassen und flankierende Maßnahmen zur EU-Verordnung zu setzen. Dabei geht es insbesondere darum, die Ausbreitung von Tierseuchen zu verhindern und die Gesundheit von Nutztieren zu verbessern.

Unter anderem schlägt die Regierung vor, die bisher in verschiedenen Gesetzen verstreuten Seuchenbekämpfungsmaßnahmen zu bündeln, neue Möglichkeiten wie ein Verbot der Ernteeinholung einzuführen und die sachlichen Behördenzuständigkeiten neu zu strukturieren. Außerdem können präventive Vorschriften zur Erhaltung der Tiergesundheit (Biosicherheitsmaßnahmen) künftig nicht nur für gewerbliche Betriebe oder im Wildtierbestand, sondern auch für nicht gewerbliche Tierhaltungen angeordnet werden. Der Vormarsch verschiedener hochkontagiöser Tierseuchen mache das erforderlich, heißt es dazu in den Erläuterungen. Auch gesetzliche Grundlagen für etwaig notwendige Eingriffe in Grundrechte, Entschädigungsregelungen für getötete oder verendete Tiere und für Erwerbsbehinderungen, nähere Bestimmungen zur Ausstellung von Heimtierausweisen und die Einrichtung eines Dachverbands "Tiergesundheit Österreich" als einschlägiges Kompetenzzentrum sind im neuen Tiergesundheitsgesetz verankert.

In Kraft treten soll das Gesetzespaket, das neben einem neuen Tiergesundheitsgesetz auch Änderungen im Ernährungssicherheitsgesetz, im Tierarzneimittelgesetz, im Tierärztegesetz und im Kontroll- und Digitalisierungsgesetz umfasst, mit 1. Juli 2024. Gleichzeitig werden das Tierseuchengesetz und das Bienenseuchengesetz aufgehoben. Für einzelne Bestimmungen im Tiergesundheitsgesetz ist die Zustimmung der Länder erforderlich.

Breite Zustimmung zum Gesetzespaket

Seitens der ÖVP warb Josef Hechenberger für das Gesetzespaket, das ihm zufolge eine positive Weiterentwicklung der geltenden Bestimmungen bringt. Es sei klar geregelt, dass Prävention im Vordergrund stehe, betonte er. Auch Entschädigungen im Seuchenfall seien vorgesehen, wobei laut Ulrike Fischer (Grüne) in diesem Fall der Bund einspringt. Für wichtig hält Fischer auch die vorgesehenen Sanktionen bei Nichteinhalten der Bestimmungen. "Wir schaffen einen wirklich guten Rahmen", ist sie überzeugt.

Unterstützung erhielt das Paket auch von SPÖ und NEOS. Es sei längst an der Zeit, dass das Gesetz erlassen werde, sagte Rudolf Silvan (SPÖ). Katharina Werner (NEOS) hielt fest, dass auch ihre Fraktion zustimmen werde, nachdem einige Bedenken im Vorfeld ausgeräumt worden seien.

Gesundheitsminister Johannes Rauch betonte, dass in das Gesetz "eine Menge Arbeit" hineingeflossen sei. Das Tiergesundheitsforum, ein neues Beratungsgremium, wird ihm zufolge erstmals im zweiten Halbjahr 2024 zusammentreten, wie er auf eine Frage von NEOS-Abgeordneter Werner mitteilte (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gs