Parlamentskorrespondenz Nr. 121 vom 14.02.2024

Apotheken: Längere und flexiblere Öffnungszeiten sowie Durchführung von einfachen Gesundheitstests

Bund stellt 5 Mio. € pro Jahr für HIV-Präexpositionsprophylaxe zur Verfügung

Wien (PK) – Zahlreiche Neuerungen kommen auf die rund 1.400 heimischen Apotheken zu. Um die Versorgung mit Medikamenten zu verbessern, sollen die maximalen Öffnungszeiten von 48 Stunden auf 72 Stunden pro Woche angehoben werden. Der dazu vorliegende Gesetzesantrag der Regierungsfraktionen wurde heute im Gesundheitsausschuss einstimmig beschlossen. Zusätzlich wird es den Apotheken ermöglicht, einfache Gesundheitstests wie etwa Blutdruck- und Blutzuckermessungen oder Analysen von Harnproben anzubieten, ausgelagerte Abgabestellen einzurichten und bis zu drei Filialen zu betreiben. Sich in Apotheken impfen zu lassen, ist aber weiterhin nicht möglich, was von den Vertreter:innen der Oppositionsparteien bedauert wurde.

Weiters stellt der Bund insgesamt 5 Mio. € zur Eindämmung von HIV-Infektionen zur Verfügung. Die – in der Fassung eines Abänderungsantrags mit ÖVP-SPÖ-Grünen-Mehrheit angenommene – Änderung des Gesundheitsreformmaßnahmen-Finanzierungsgesetzes legt fest, dass alle krankenversicherten Personen, die antivirale Medikamente zur Prävention einer HIV-Infektion erwerben, ab 1. April 2024 einen Zuschuss in Höhe der tatsächlichen Kosten, maximal aber 60 €, erhalten werden (3813/A). Da die Einnahme von PrEP regelmäßige ärztliche Beratungsgespräche voraussetze, sollen auch diese ein Mal im Quartal mit 25 € unterstützt werden. Das war dem im Laufe der Sitzung eingebrachten gesamtändernden Abänderungsantrag zu entnehmen.

Parallel dazu wurde Gesundheitsminister Rauch in einem gemeinsam von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS vorgelegten Entschließungsantrag ersucht, im Rahmen der Bundes-Zielsteuerungskommission darauf hinzuwirken, generell einen niederschwelligen und kostenfreien Zugang zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) für Personengruppen mit Risikoverhalten zu schaffen (3792/A(E)). Die Initiative wurde nur von den Freiheitlichen nicht mitgetragen.

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ angenommen wurden zudem Änderungen im Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, die vor allem die Verlängerung von Bestimmungen zu COVID-19-Tests und die Abgabe von Heilmitteln zum Inhalt haben (3794/A). Die SPÖ begründete die Ablehnung der Vorlage damit, dass damit das "Flickwerk" an Verlängerungen fortgesetzt werde.

Apotheken: Deutliche Ausweitung der Öffnungszeiten und der Kompetenzen

Apotheken können in Hinkunft – über die verpflichtenden Kernzeiten hinaus - werktags zwischen 6 Uhr und 21 Uhr und samstags zwischen 6 Uhr und 18 Uhr ihre Kund:innen betreuen, sieht der Antrag von ÖVP und Grünen vor (3868/A). Zuständig für die Festlegung der Kernöffnungszeiten (mindestens 36 Stunden, an allen Werktagen) sind die jeweiligen Bezirksverwaltungsbehörden, die die in dringenden Fällen auch Notfallbereitschaften anordnen und in Krisensituationen oder bei gesteigertem Bedarf (z.B. Touristengebiete) abweichende Regelungen treffen können.

Zusätzlich sollen die Apotheken künftig einfache Gesundheitstests wie etwa Blutdruck- und Blutzuckermessungen oder Analysen von Harnproben anbieten können. Da sich die Apotheker:innen während der Pandemie sehr bewährt hätten, u. a. durch die Durchführung von Corona-Tests, sollen diese etablierten Strukturen in das Dauerrecht übergeführt werden. Dies beinhaltet auch die dafür erforderliche Probengewinnung durch die Blutentnahme aus der Kapillare (z.B. Fingerkuppe) sowie die Abstrichnahme aus Nase und Rachen. Eine umfassende Diagnostik und Therapie ist aber weiterhin dem Arzt vorbehalten. Apotheken, in denen Tests durchgeführt werden, sind verpflichtet, dies der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

Im Sinne einer flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung, vor allem am Land, wird es Apotheken künftig ermöglicht, Abgabestellen mit eingeschränktem Angebot und Öffnungszeiten (maximal 10 Stunden pro Woche) zu betreiben, wenn es in ihrem Versorgungsgebiet Ortschaften ohne eigene Apotheke oder ärztliche Hausapotheke gibt. Zudem wird jeder Apotheke der Betrieb von bis zu drei Filialapotheken erlaubt. In begründeten Einzelfällen und unter bestimmten Bedingungen dürfen öffentliche Apotheken dringend benötigte Arzneimittel an Patient:innen oder immobile Bewohner:innen von Alten- und Pflegeheimen zustellen.

Änderungen gibt es auch hinsichtlich der Bestimmungen zur Erlangung einer Konzession zum Betreiben einer Apotheke, die laut Antrag zum Generationenwechsel beitragen sollen. Davon ausgeschlossen werden Personen mit einem Höchstalter von 65 Jahren sowie Personen, die länger als drei Jahre in keiner öffentlichen Apotheke oder Anstaltsapotheke tätig waren und nicht seit wenigstens sechs Monaten eine solche Tätigkeit wieder ausüben. Gleichzeitig wird betont, dass es sich dabei nicht um ein Berufsverbot handelt, zumal bestehende Konzessionen nicht betroffen seien und andere Beschäftigungsformen weiter offen stehen würden.

Oppositionelle Forderung nach Impfen in der Apotheke

Mit den vorgeschlagenen Modernisierungsschritten werde das Apothekengesetz ins 21. Jahrhundert geholt, urteilte Ralph Schallmeiner (Grüne). Neben den erweiterten Öffnungszeiten, werde die Gründung von Filialen erleichtert und diagnostische Testungen sowie Medikationsanalysen ermöglicht. Die Öffnungszeiten der Apotheken würden an jene des Handels angepasst, merkte Laurenz Pöttinger (ÖVP) an, wobei mindestens 36 Stunden offen gehalten werden müssen.

FPÖ-Vertreter Gerhard Kaniak (FPÖ), von Beruf selbst Apotheker, sprach von einem "großen Schritt". Anpassungsbedarf sah er noch hinsichtlich der Notdienste, die zu wenig flexibel geregelt seien, sowie bei den Bestimmungen über die Besitzverhältnisse. Generell vertrat er die Meinung, dass Apotheken noch viel mehr leisten könnten.

Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ) bedauerte, dass das Impfen in den Apotheken wieder nicht möglich sein werde. Angesichts von rund 400.000 Kundenkontakten pro Tag werde damit eine große Chance vertan.

Enttäuscht darüber zeigten sich auch die NEOS, deren diesbezüglicher Antrag bereits neun Mal vertagt wurde. Dies wäre ein wichtiger Beitrag gewesen, um die laut Schätzungen äußerst niedrige Grippe-Durchimpfungsrate (ca. 10%) in Österreich deutlich zu erhöhen. Auch die Zeitersparnis, die gerade berufstätige Eltern für sich und ihre Kinder dadurch haben würden, spreche für ein rasches Vorgehen, argumentierten sie. Schließlich führten die Antragsteller:innen noch ins Treffen, dass diese Maßnahme auch von den GesundheitslandesrätInnen unterstützt werde und in verschiedenen Ländern wie etwa der Schweiz bereits gelebte Praxis sei. Außerdem würden bereits 2.000 heimische Apotheker:innen über eine entsprechende Ausbildung verfügen, zeigte NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler auf (669/A(E)). Ihr Antrag wurde neuerlich vertagt.

Er bleibe bei seinem bisherigen Standpunkt und lehne das Impfen in Apotheken ab, konstatierte Abgeordneter Werner Saxinger (ÖVP). Die Probleme bestünden weniger in fehlenden Impfstellen, sondern in der Impfskepsis vieler Menschen, wie man jetzt gerade wieder am Ausbruch der Masern sehen könne.

ÖVP und Grüne: Bund stellt 5 Mio. € pro Jahr für HIV-Präexpositions-Prophylaxe zur Verfügung

Ralph Schallmeiner (Grüne) erinnerte daran, dass ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS am Welt-Aids-Tag im letzten Jahr sich in einem gemeinsamen Entschließungsantrag für einen niederschwelligen und kostenfreien Zugang zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) für Personengruppen mit Risikoverhalten eingesetzt haben. Bei der PrEP handelt es sich um ein HIV-Medikament, das vorbeugend eingenommen werde und das das Ansteckungsrisiko um 99 % senke. Wie man heute sehen könne, habe diese Initiative "gefruchtet" und dazu geführt, dass nun finanzielle Zuschüsse vom Bund gewährt werden. Vorerst sei die Finanzierung bis 2026 sichergestellt.

Er habe es während seiner ärztlichen Tätigkeit selbst erlebt, welche furchtbaren Konsequenzen eine Ansteckung mit HIV haben könne, merkte Abgeordneter Josef Smolle (ÖVP) an. Mittlerweile habe die Medizin aber große Fortschritte gemacht und könne den Betroffenen ein weitgehend normales Leben ermöglichen. Die PrEP sei ein weiterer wichtiger Faktor, weil damit Risikogruppen geschützt, die Viruszirkulation verhindert und hohe Therapiekosten verhindert werden können.

Es handle sich dabei um einen "Game Changer" war Mario Lindner (SPÖ) überzeugt. Er hätte sich noch gewünscht, dass eine Behandlung auf Rezept und eine dauerhafte Finanzierung gewährleistet hätten werden können. Insbesondere setzte er sich dafür ein, dass die die KFA-Versicherten noch in die Regelung einbezogen werden.

Gesundheitsminister Johannes Rauch teilte Abgeordneter Fiona Fiedler (NEOS) mit, dass die Finanzierung nicht aus dem Topf für die zusätzlichen Kassenstellen komme, sondern aus dem Bereich der Prävention.

SPÖ: Kostenloser und niederschwelliger Zugang zur Impfung gegen Gürtelrose für besonders betroffene Gruppen

Bei Herpes Zoster, auch genannt Gürtelrose, handle es sich um eine sehr schmerzhafte Krankheit, von der ältere Menschen häufiger betroffen seien, zeigen die SPÖ-Abgeordneten auf. Seit einiger Zeit gebe es am Markt eine sehr wirksame Impfung dagegen, die aber sehr teuer sei und nicht von den Krankenkassen bezahlt werde. Damit sei der Zugang zur Impfung für einen Großteil der Zielgruppen nicht möglich. Der Gesundheitsminister wird daher von den Sozialdemokrat:innen aufgefordert, die Kostenübernahme für Impfungen gegen Herpes Zoster für alle über 60-Jährigen sowie für jüngere immunsupprimierte Personen zu gewährleisten (2741/A(E)).

Da derzeit die Kosten noch zu hoch seien, lehne er den Antrag ab, argumentierte Abgeordneter Werner Saxinger (ÖVP). Auch wenn die Stoßrichtung des Anliegens stimme, müsse die Finanzierungsfrage noch geklärt werden, meinte Ralph Schallmeiner (Grüne). Grundsätzlich gehöre Gürtelrose in das Impfprogramm hinein.

Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

FPÖ sieht Notwendigkeit für neue Verordnung über die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung

Auf der Tagesordnung stand weiters ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen, in dem es um die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in Österreich geht und der ebenfalls vertagt wurde. Die vom früheren Gesundheitsminister Rudolf Anschober erlassene Verordnung in dieser Angelegenheit entspreche nach Ansicht des Abgeordneten Gerhard Kaniak (FPÖ) nicht der tatsächlichen Problemlage und sei ein "absolut untauglicher Versuch", Verbesserungen herbeizuführen. Er gab zu bedenken, dass es bei den nicht verfügbaren Arzneimitteln in den Jahren 2020 bis 2023 zu einer Steigerung um 40 % gekommen sei. Da in Österreich drei Mal so viele Medikamente nicht lieferfähig seien wie in Deutschland, könne das nicht nur auf die internationalen Rahmenbedingungen zurückgeführt werden (3250/A(E)). (Schluss Gesundheitsausschuss) sue