Parlamentskorrespondenz Nr. 144 vom 21.02.2024
EU-Wahl prägt Planungen der Union für 2024
Wien (PK) – Die Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2024 – und damit auch das Ende der aktuellen Amtszeit der Europäischen Kommission - werden die Tätigkeiten von Kommission und Rat im kommenden Jahr in weiten Teilen bestimmen. Eine Wahlrechtsreform noch vor der EU-Wahl wird vonseiten Österreichs ausgeschlossen, Initiativen gegen Desinformation werden begrüßt. Der Bundeskanzler und die EU- und Verfassungsministerin erläutern in ihrer EU-Jahresvorschau (III-1112 d.B. und III-842-BR/2024 d.B.) weitere zentrale Themen aus ihrem Wirkungsbereich, etwa eine Erweiterung der Union, die Beschäftigung mit Rechtsstaatlichkeit und anderen Werten der EU, Krisenvorsorge, Cybersicherheit sowie die Bekämpfung von Antisemitismus.
Kommission strebt Einigung zu zentralen Initiativen vor EU-Wahl an
Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission unter dem Motto "Heute liefern, für morgen versorgen" ist das letzte Programm in der aktuellen Amtszeit der Kommission. Im Fokus stehen daher zentrale Initiativen, für die noch vor der EU-Wahl eine Einigung gefunden werden soll. Zu den Prioritäten gehört die Finalisierung des europäischen Grünen Deals, das Vorantreiben der digitalen Agenda, die Vertiefung des Binnenmarkts sowie die Finalisierung des Migrations- und Asylpakets.
Das aktuelle 18-Monatsprogramm des Rats wurde von der Trio-Präsidentschaft Spanien, Belgien und Ungarn ausgearbeitet. Zentral sind die Stärkung der globalen Wettbewerbsfähigkeit der EU, ein fairer digitaler Wandel, eine stärkere internationale Zusammenarbeit, eine ehrgeizige Handelspolitik und eine bessere Handlungsfähigkeit in Sicherheit und Verteidigung.
Im Europäischen Rat werden die Situation in der Ukraine, die
Zukunft der EU und EU-interne Reformen sowie Wirtschaftsthemen regelmäßig auf der Tagesordnung stehen. Nach der EU-Wahl im Juni sollen sich die Staats- und Regierungschef:innen in der Ratstagung Ende Juni auf eine neue Strategische Agenda einigen, die als Grundlage für das Programm im neuen legislativen Zyklus 2024-2029 dienen soll. Auch die Besetzung mehrere Ämter, darunter des:der Vorsitzenden des Europäischen Rats und der Europäischen Kommission wird die Staats- und Regierungschef:innen im Juni beschäftigen.
Vorhaben im Zusammenhang mit der EU-Wahl
Schon seit Längerem wird über eine Reform des EU-Wahlrechts, etwa mit unionsweiten Kandidat:innenlisten und einem Spitzenkandidat:innensystem, diskutiert. Die EU-Mitgliedstaaten hatten dazu aber sehr unterschiedliche Positionen. Österreich habe stets betont, dass es im Falle einer Reform eine sorgfältige Vorbereitung bräuchte. Die Umsetzung rechtlicher und operativer Anpassungen benötige ein Jahr. Das Zeitfenster für eine Reform noch vor den Wahlen im Juni 2024 habe sich daher in Österreich vollständig geschlossen. Begrüßt wird von Österreich ein Paket zur Stärkung der Demokratie und Integrität von Wahlen: Eine EU-Verordnung über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung soll noch vor den EP-Wahlen in Kraft treten. Ein Vorschlag für Vorschriften zur Finanzierung von europäischen politischen Parteien und Stiftungen befindet sich in Trilogverhandlungen.
Besondere Bedeutung komme im Wahljahr 2024 der Bekämpfung von Desinformation zu. In diesem Jahr wird daher ein "Paket zur Verteidigung der Demokratie" verhandelt, das Bedrohungen aus dem Ausland mehr Transparenz entgegensetzen soll. Im April findet zudem eine EU-weite Übung zur Bekämpfung von Wahlbeeinflussung statt. Österreich beteiligt sich an EU-Netzwerken in dem Bereich und hält ein koordiniertes Vorgehen gegen Desinformation für essenziell.
Zukunft der EU: Reformen, Erweiterungen, Werte
Mit Blick auf künftige Erweiterungen der EU wird über Reformen der Union diskutiert. Denn sowohl Beitrittskandidaten als auch die derzeitigen Mitgliedstaaten müssten bereit für eine Erweiterung sein, legte der Europäische Rat fest. Er will bis Sommer 2024 einen Fahrplan für künftige Arbeiten fixieren. Zur Diskussion steht etwa ein Übergang zu einer qualifizierten Mehrheit im Rat. Für Österreich ist laut EU-Vorschau wichtig, dass Debatten über unionsinterne Reformen den Erweiterungsprozess der Westbalkanstaaten nicht verzögern. Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit könnten die Stärke von einstimmigen Entscheidungen nicht ersetzen, ist man seitens Österreichs überzeugt.
In den Verfahren zur Rechtsstaatlichkeit und den Werten der EU in Polen und Ungarn sind weitere Anhörungen im Juni 2024 geplant. Im Rechtsstaatlichkeitsdialog sind im ersten Halbjahr 2024 zwei länderspezifische Debatten zu jeweils vier Mitgliedstaaten vorgesehen. Österreich begrüßt die Bemühungen, die Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Wie im zweiten Halbjahr unter ungarischem Ratsvorsitz mit dem Thema Rechtsstaatlichkeit vorgegangen werde, sei noch nicht bekannt, heißt es im Bericht.
Auch die Beziehungen zwischen der EU und Schweiz werden im kommenden Jahr Thema sein, nachdem die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen vor einigen Jahren abgebrochen wurden. Nun soll erneut über die Beziehungen beraten werden. Österreich würde einen Abschluss er Verhandlungen noch in diesem Jahr begrüßen, heißt es in der Vorschau.
Krisenvorsorge und Cybersicherheit
Angesichts allgegenwärtiger Krisen sieht der belgische Ratsvorsitz die Verbesserung der Krisenvorsorge und –reaktion als Priorität vor. Auch die Arbeiten an einem EU-weit koordinierten Ansatz zur besseren Resilienz kritischer Infrastruktur werden fortgesetzt, was von Österreich unterstützt wird.
Im Bereich der Cyberpolitik werden in der Jahresvorschau mehrere Vorhaben angeführt. So sollen mit dem "Cyber Resilience Act" etwa verbindliche Cybersicherheitsanforderungen für Hard- und Softwareprodukte eingeführt werden. Die Verordnung soll 2024 in Kraft treten. Österreich begrüßt die Maßnahme grundsätzlich, spricht sich aber für eine Prüfung des umfassenden Anwendungsbereichs aus. Auch die Idee eines "Cyber Solidarity Act", der ein europäisches Cybersicherheits-Warnsystem und einen Notfallmechanismus vorsieht, befürwortet Österreich.
Bekämpfung von Antisemitismus und Beitritt zur Menschenrechtskonvention
Weiterhin ein Thema auf EU-Ebene ist die Bekämpfung von Antisemitismus. Österreich unterstützt die entsprechende EU-Strategie. In der Jahresvorschau wird zudem auf die Nationale Strategie gegen Antisemitismus hingewiesen, zu der im Frühling oder Sommer 2024 ein abschließender Umsetzungsbericht vorgelegt werden soll.
Seit 2010 laufen die Verhandlungen der EU mit dem Europarat zum Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), nach wie vor sind aber zentrale Fragen offen. Vonseiten Österreichs wird die Priorität eines Beitritts und EU-interner Lösungen unterstrichen.
Weitere Themen: Agenda 2030, Europakommunikation, Jugend
Ob die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 erreicht werden können, ist derzeit angesichts multipler globaler Krisen offen. Österreich habe sich im Regierungsprogramm klar zur Umsetzung der Agenda 2030 bekannt. Voraussichtlich im Frühjahr 2024 soll der zweite Freiwillige Nationale Umsetzungsbericht vorgelegt werden.
Das Bundeskanzleramt führt in seiner EU-Vorschau zudem Initiativen zur Kommunikation von Europathemen an. So soll auch 2024 wieder ein Europa-Staatspreis vergeben werden. Außerdem werden Studienreisen zu EU-Institutionen gefördert.
Auch für den Bereich der Jugend werden in der Jahresvorschau zahlreiche Aktivitäten angeführt, etwa eine EU-Strategie für ein besseres Internet für Kinder, die EU-Jugendstrategie, der Europäische Solidaritätskorps und Erasmus+. (Schluss) kar