Donauraumkonferenz thematisiert Demokratiebildung und Donauraum als Kultur-, Natur- und Wissenschaftsraum
Wien (PK) – In der zweiten und dritten Session der Donauraumkonferenz standen Demokratiebildung sowie der Donauraum als Kultur-, Natur- und Wissenschaftsraum im Zentrum der Debatte. Keynotes hielten Britta Breser (Professorin für Demokratiebildung, Universität Wien) und Friedrich Faulhammer (Vorsitzender der Donau-Rektorenkonferenz). Demokratiebildung sei ein entscheidender Aspekt für die Stärkung und den Schutz demokratischer Werte und Institutionen, betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Die Jugend müsse eingebunden werden. Zentral sei, Demokratie nicht nur als Regierungsform zu sehen, sondern als Lebensform mit intrinsischer Motivation. Sobotka sprach über die Bedeutung, digitale Kompetenzen zu fördern und über die Auseinandersetzung mit Risken neuer Technologien. Die Diskussionsteilnehmer:innen berichteten außerdem über Best-Practice-Beispiele zur Demokratiebildung aus ihren Heimatländern.
Abschlusserklärung: Solidarität mit der Ukraine
In der angenommenen Abschlusserklärung wird unter anderem der laufende russische Angriffskrieg gegen die Ukraine auf das Schärfste verurteilt und volle Solidarität mit dem ukrainischen Volk bekundet. Für die Sicherheit der Donauregion wird eine erhebliche Bedrohung gesehen. Unterstützt werden mitunter die Bemühungen um die Erreichung eines gerechten Friedens, Stabilität, Erholung und Wiederaufbau der Ukraine. Die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau sowie mit Bosnien und Herzegowina werden begrüßt.
Hervorgehoben wird die Rolle der Jugend insbesondere beim Schutz und der Stärkung der demokratischen Systeme. Die Bedeutung von Bildungsprogrammen für Kinder und Jugendliche, einschließlich digitaler Kompetenzen, kritischem Denken und aktiver Teilnahme, um ihre Fähigkeiten zur Bekämpfung von Desinformation und Fehlinformation zu stärken wird unterstrichen. Parlamente werden in der Abschlusserklärung als Bildungseinrichtungen zur Förderung der Demokratie erkannt.
Breser: Demokratiebildung als nationale, transnationale, europäische Angelegenheit
Demokratiebildung sei nicht nur eine nationale, sondern auch eine transnationale, europäische Angelegenheit, betonte Breser. Demokratiebildner:innen müssten sich auch mit der Frage der ungleichen demokratischen Repräsentation und Exklusion von Menschen in unseren Demokratien auseinandersetzen. So seien etwa jene, die in Österreich wahlberechtigt sind, im Durchschnitt älter, einkommensstärker und leben häufiger auf dem Land. Diese Entwicklung wirke sich auf die Demokratiequalität und die Wahrnehmung von Demokratie aus. Demokratie sei sowohl als Gesellschaftsform als auch als Lebensform zu sehen. Demokratiebildung habe die Aufgabe, die Demokratie als Institutionensystem, das demokratische Wertesystem sowie Demokratisierung als kontinuierlichen gesellschaftlichen Prozess zu adressieren.
Breser setzte sich unter anderem für Initiativen und finanzielle Unterstützungen staatlicher Institutionen ein. Demokratiebildung brauche Professuren, Forschungsförderung, Lehrunterstützung für Universitäten und Pädagogische Hochschulen. In Schulen und bereits in Kindergärten brauche es die Implementierung eines eigenständigen Faches für Demokratiebildung, forderte sie.
Best-Practice-Beispiele zur Demokratiebildung aus Ungarn, Slowenien, Montenegro und Deutschland
In Ungarn gebe es Angebote zur Demokratiebildung vom Volksschulalter bis zur Universitätsebene, stellte István Jakab, Vizepräsident des ungarischen Parlaments, dar. Sie reichten von Parlamentsbildungssitzungen über Quiz bis hin zu Demokratiespielen. Junge Menschen mit demokratischen Institutionen bekannt zu machen, lasse sie zu demokratischen Bürger:innen heranwachsen.
Bildung ermögliche aktives Handeln als Bürger bzw. Bürgerin und gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft, unterstrich die slowenische Parlamentspräsidentin Urška Klakočar Zupančič die Bedeutung der Demokratiebildung. Dabei müssten insbesondere junge Personen spezifisch angesprochen werden. Durch Demokratiebildung erhalte die EU-Erweiterung geopolitische Priorität, hielt sie fest.
Junge Menschen seien die wichtigste Zielgruppe, bekräftigte Boris Pejovic, Vizepräsident des Parlaments von Montenegro. Er berichtete über eine heimische Studie, wonach autoritäre Tendenzen bei jungen Menschen an Beliebtheit zunähmen. Junge Menschen in Montenegro seien in manchen Bereichen autoritärer eingestellt als ältere. Pejovic berichtete auch über die erfolgreiche Zusammenarbeit zur Einführung einer Demokratiewerkstatt. Es bestehe großes Interesse am Funktionieren des Parlaments. Zudem sei ein neues, mehrteiliges Bildungsprogramm für Schüler:innen der Sekundarstufe gestartet worden.
Demokratie müsse von unten herauf wachsen, zeigte sich Tobias Reiß, Erster Vizepräsident des bayerischen Landtags überzeugt. Er setzte sich dafür ein, die Parlamente im Sinne der Demokratie zu öffnen und Schüler:innen einzulassen. Der bayerische Landtag gehe zur Demokratiebildung auch nach draußen. Mit einem Werkstattwagen, dem "Bayerischen LandTruck", werde Bürger:innennähe durch Bürgersprechstunden von Abgeordneten, Demokratiequiz und Podiumsdiskussionen praktiziert. Demokratie dürfe nicht nur anerzogen, sie müsse gelebt und für Menschen spürbar gemacht werden, war Reiß überzeugt. Er setzte sich gegen eine "Schönwetterdemokratie" ein, um auch in schwierigen Zeiten, wie diesen, Konflikte lösen zu können.
Neben der Demokratiewerkstatt bringe das Österreichische Parlament Demokratiebildung zu den Jüngsten in die Kindergärten, informierte Nationalratspräsident Sobotka. Im Rahmen von Workshops lernen Kinder anhand von Geschichten, Liedern und Abstimmungen demokratische Prozesse kennen.
Donauraum als Kultur-, Natur- und Wissenschaftsraum
Der gesamte Donauraum sei materielles und immaterielles Kulturerbe, und im Bereich der Wissenschaft, der für Europa einen Schüsselfaktor darstelle, habe der Donauraum besonders viel zu bieten, sagte Sobotka in seinen einleitenden Worten zum dritten Themenkomplex der heutigen Donauraum-Konferenz. Da dieser Kultur- und Naturraum in mehrere Klimazonen falle, sei eine klimatische Anpassungsstrategie wichtig, so Sobotka.
Friedrich Faulhammer, Vorsitzender der Donau-Rektorenkonferenz und Vorsitzender des Vorstands im Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM), betonte in seiner Keynote zum Thema "Der Donauraum als Kultur-, Natur- und Wissenschaftsraum", dass der Donauraum ein schutzwürdiger Naturraum sei und ein starkes Netzwerk der Universitäten entlang der Donau Synergien schaffe und Kooperationen fördere, um wichtige Themen voranzutreiben. Das IDM verstehe sich als Brückenbauer, für das transnationale Kooperationen ganz oben auf der Tagesordnung stünden. Da Umweltverschmutzung keine Grenzen kenne, brauche die vielfältige Biodiversität entlang der Donau unseren Schutz, sagte Faulhammer. Daher werde mit zahlreichen Initiativen versucht, dazu beizutragen, diese Biodiversität zu erhalten und wiederherzustellen. Als Beispiele dafür nannte Faulhammer das Projekt "DREAM" (Danube River Research and Management in Slovakia and Austria) sowie das Wasserbaulabor der BOKU Wien.
Um Hochschulbildung in Lehre und Forschung zu fördern wurde unter anderem das Netzwerk der Donau-Rektorenkonferenz (DRC) bestehend aus 65 Universitäten in der Donauregion etabliert, legte Faulhammer weiters dar. Als Beitrag zur EUSDR beteiligt sich die DRC aktiv an den Arbeitsgruppen der Prioritätsbereiche und organisiert die jährliche Donau-Rektoren-Konferenz, mit hochrangigen Diskussionen und der Verleihung der Danubius Awards. Diese Auszeichnung, die in drei verschiedenen Kategorien verliehen werde, trage dazu bei, die Wahrnehmung multidisziplinärer Forschung zu verbessern und honoriere insbesondere auch außerordentliche Errungenschaften junger Talente. Durch diese Zusammenarbeit an den Donauufern werde dem Brain Drain entgegengewirkt, so Faulhammer.
Er habe die Keynote von Rektor Faulhammer mit großer Begeisterung gehört, da diese ihm aus dem Herzen spreche, sagte István Jakab, der Vizepräsident der ungarischen Nationalversammlung. Die Donau sei eine vereinende Kraft in unser Region und diese bringe auch große Verantwortung mit sich. Im Hinblick auf den Klimawandel sei es entscheidend, klug und gut zu handeln. Das Wasser der Donau müsse so gut wie möglich geschützt werden, damit die Donau eine Quelle des Lebens bleiben könne, betonte Jakab. (Schluss) gla/bea
HINWEIS: Fotos von der Donauraumkonferenz finden Sie im Webportal des Parlaments.