Parlamentskorrespondenz Nr. 333 vom 08.04.2024
Neu im Gesundheitsausschuss
Wien (PK) – Ab 2026 wird es erstmals möglich sein, sich an öffentlichen Universitäten zur Psychotherapeutin bzw. zum Psychotherapeuten ausbilden zu lassen. Durch die Akademisierung des Berufs soll nicht nur ein Zeichen der Anerkennung gesetzt werden, sondern auch der Zugang erleichtert werden. Bisher mussten oft bis zu 50.000 € für die Ausbildung an privaten außeruniversitären Einrichtungen (zweijähriges Propädeutikum und drei- bis zehnjähriges Fachspezifikum) aufgewendet werden.
500 Masterstudienplätze ab 2026 für breiten und kostengünstigen Zugang
Der von der Regierung vorgelegte umfassende Gesetzesentwurf sieht im Konkreten die Einrichtung eines zweijährigen Masterstudiengangs (4 Semester) an öffentlichen Universitäten ab dem Jahr 2026 vor. Geplant sind 500 Plätze pro Jahr, die regional verteilt verfügbar sein sollen und deren Einrichtung noch im Universitätsgesetz verankert werden muss (2503 d.B.).
Zulassungsvoraussetzung für das neue Masterstudium ist ein fachlich einschlägiges Bachelorstudium bzw. die Berechtigung zur Ausübung bestimmter Berufe. Die Liste umfasst neben Psychologie und Medizin auch Soziale Arbeit, Sozialpädagogik, Musiktherapie, Medizinisch-Technische Dienste sowie diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegeberufe. Bei allen weiteren Studien überprüft die Universität individuell, ob die notwendigen Voraussetzungen erfüllt werden.
Psychotherapeutische Fachausbildung und Approbationsprüfung
Der dritte Ausbildungsteil besteht aus einer postgraduellen Fachausbildung bei anerkannten psychotherapeutischen Fachgesellschaften und aus Praktika mit Patientenkontakt, während der man schon unter Supervision arbeiten kann.
Die praktische Ausbildung muss – mit Ausnahme der Selbsterfahrung und der Lehrsupervision - in psychiatrisch-psychosomatischen Einrichtungen absolviert werden. Ein Teil davon ist auch im niedergelassenen Bereich, insbesondere in psychotherapeutischen Lehrpraxen und Praxisgemeinschaften, möglich. Auf diese Weise sollen die Studierenden mit den unterschiedlichen Settings, in denen Psychotherapie stattfindet, vertraut gemacht werden. Ziel ist die Absolvierung eines Teil der praktischen Ausbildung in Beschäftigungsverhältnissen, um die Versorgungssituation zu verbessern. Durch die aktuellen Angebote könnten derzeit lediglich die Hälfte der registrierten Betroffenen behandelt werden, heißt es in der Erläuterungen. Nach Eintragung in die Berufsliste können diese Personen als "Psychotherapeutin bzw. Psychotherapeut in Fachausbildung unter Lehrsupervision" tätig sein.
Fachärzt:innen für Psychiatrie, Ärzt:innen mit einer Zusatzausbildung in psychotherapeutischer Medizin oder Klinische Psycholog:innen müssen lediglich den dritten Ausbildungsabschnitt absolvieren.
Abgeschlossen wird das Studium mit einer staatlichen Approbationsprüfung, die in mündlicher Form vor einer Kommission bei der jeweiligen Fachgesellschaft abgelegt wird. Neu eingeführt wird auch die Möglichkeit zur Online-Psychotherapie. Psychotherapeutische Leistungen können bei fachlich oder örtlich begründeter Notwendigkeit im Einvernehmen mit den Patient:innen IT-gestützt oder fernmündlich erbracht werden.
Der Entwurf enthält auch Änderungen im Psychologen- und Musiktherapiegesetz, die unter anderem Fragen der Berufsanerkennung auf europäischer Ebene sowie die Normierung eines Musiktherapiebeirates betreffen.
Für die Umstellung des Systems sind lange Übergangsfristen vorgesehen. Das Propädeutikum kann noch bis Ende September 2030 abgeschlossen werden, das Fachspezifikum bis spätestens 2038.
Psychotherapiegesetz aus dem Jahr 1990 wird abgelöst
Im Jahr 1990 wurden erstmals die berufsrechtlichen Rahmenbedingungen für die psychotherapeutische Tätigkeit geschaffen; seitdem war die Ausübung der Psychotherapie nicht mehr ausschließlich Ärzt:innen vorbehalten. Mehr als 30 Jahre nach Inkrafttreten des ersten Psychotherapiegesetzes wird die Ausbildung nun akademisiert und auf völlig neue Beine gestellt.
Nachdem die Psychotherapie bisher der letzte hochrangige und eigenverantwortlich tätige Gesundheitsberuf ohne akademische Ausbildung war (derzeit rund eingetragene 13.000 Psychotherapeut:innen), soll damit auch ein Zeichen der Anerkennung gesetzt werden. Bei den finanziellen Auswirkungen wird angegeben, dass 500 Studienplätze rund 15 Mio. € im Jahr kosten werden. Teile des Psychotherapiegesetzes 2024 (PThG 2024) treten am 1. Jänner 2025 in Kraft, andere Abschnitte, die vor allem die Ausbildung betreffen, erst am 1. Oktober 2026. (Schluss) sue