Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 11.04.2024

Medikamentenengpässe: Rauch setzt weiter auf europäische Lösung

Gesundheitsausschuss berät über Regierungsberichte und Oppositionsanliegen

Wien (PK) – Aktuelle Probleme in Bezug auf die Gesundheitsversorgung in Österreich standen im Mittelpunkt des zweiten Teils der heutigen Sitzung des Gesundheitsausschusses des Nationalrats. Auf Basis eines Regierungsberichts und verschiedener Oppositionsanträge diskutierten die Abgeordneten unter anderem über steigende Gesundheitsausgaben, Medikamentenengpässe, Personalmangel sowie Defizite bei der schulärztlichen bzw. schulpsychologischen Betreuung. Zudem standen der LGBTIQ-Gesundheitsbericht 2022 und damit in Zusammenhang stehende Forderungen der Opposition zur Diskussion. So drängt die SPÖ etwa darauf, eine bereits 2021 gefasste Entschließung des Nationalrats endlich umzusetzen, um intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche wirksam vor medizinisch nicht notwendigen Operationen zu schützen. Der FPÖ sind Off-Label-Verschreibungen sogenannter "Pubertätsblocker" ein Dorn im Auge. Inhaltliche Beschlüsse wurden vom Ausschuss nicht gefasst, sämtliche Oppositionsanträge mit Koalitionsmehrheit vertagt.

Was die Medikamentenversorgung betrifft, setzt Gesundheitsminister Johannes Rauch nach wie vor auf eine europäische Lösung. Einzelne Staaten würden gegenüber den Pharmafirmen "auf verlorenem Posten" stehen, ist er überzeugt. Allerdings ortet er Versuche der Pharmaindustrie, eine europäische Lösung zu "torpedieren". Als "Sisyphos-Arbeit" bezeichnete es Rauch, an in Österreich vorhandene Gesundheitsdaten heranzukommen, hier brauche es dringend Verbesserungen.

Corona-Pandemie sorgt für weiter steigende Gesundheitsausgaben

Gemäß einem von der Gesundheit Österreich (GÖG) für das Sozialministerium erstellten Kurzbericht (III-1125 d.B.) wurden die im Zuge der Zielsteuerung Gesundheit für die Jahre 2021 bis 2023 vereinbarten Ausgabenobergrenzen auch im ersten Halbjahr 2023 deutlich überschritten, und zwar gesamthaft – Länder und gesetzliche Krankenversicherung – um 2,68 Mrd. € bzw. 9,73 %. Grund dafür waren nicht zuletzt die Auswirkungen der Corona-Pandemie, die auch schon in den Jahren davor für ein erhebliches Abweichen vom angepeilten Kostendämpfungspfad sorgten. So lagen die öffentlichen Gesundheitsausgaben im Jahr 2022 – laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria – bei 36 Mrd. € und damit um rund 4,83 Mrd. € bzw. 15,47 % höher als angestrebt.

Aufgrund unterschiedlicher Finanzierungsmechanismen in den Ländern und heterogener Verrechnungsweisen ist es laut GÖG allerdings schwierig, den genauen Anteil der Pandemiekosten an den Gesundheitsausgaben zu beziffern. Auch seien die Wachstumsraten bei den Ausgaben zum Teil schon seit 2017 über den vereinbarten Grenzwerten gelegen. Der Anteil der öffentlichen Gesundheitsausgaben am BIP betrug im Jahr 2022 8,1 %, in den ersten beiden Pandemiejahren 2020 und 2021 waren es 7,9 % bzw. 8,7 %, im Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2019 6,9 % gewesen.

Der Monitoring-Bericht wurde mit ÖVP-Grünen-Mehrheit zur Kenntnis genommen. Im Rahmen der Debatte fragte sich Rosa Ecker (FPÖ), wie angesichts der stark gestiegenen Gesundheitsausgaben die Obergrenzen in Zukunft eingehalten werden können. Es wäre wichtig gewesen, die Corona-Kosten aus dem Gesamtbetrag herauszurechnen, um die Entwicklung genau beurteilen zu können, gab ihr Fraktionskollege Gerhard Kaniak (FPÖ) zu bedenken. Abermals übte er Kritik daran, dass es keine Sanktionsmöglichkeiten bei Nicht-Einhaltung der Obergrenzen gebe. Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ) wies darauf hin, dass allein die ÖGK im letzten Jahr einen Abgang von fast 400 Mio. € aufgewiesen hat. Die zusätzlichen Mittel würden daher die Verluste bei Weitem nicht abdecken. Fiona Fiedler (NEOS) interessierte sich dafür, warum es so große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern bei der Einhaltung der Ausgabenobergrenzen gebe.  

Bis zur Pandemie habe der Kostendämpfungspfad eingehalten werden können, danach seien die Ausgaben aber eskaliert, zeigte Gesundheitsminister Rauch auf. Durch den Finanzausgleich sei es aber gelungen, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, die im neuen Zielsteuerungsvertrag, der Ende April beschlossen werden soll, abgebildet werden müssten. Abgeordnetem Silvan teilte der Ressortchef mit, dass die ÖGK nicht nur 300 Mio. € aus diesem Topf erhalten habe, sondern auch noch zusätzlich 300 bis 400 Mio. € vom Bund, um neue Leistungen finanzieren zu können. Was die Unterschiede zwischen den Bundesländern angeht, so habe das Burgenland etwa zurückgemeldet, dass Mehrkosten aufgrund der Personaloffensive (140 zusätzliche Dienstposten) sowie des Neubaus des Krankenhauses in Oberwart entstanden seien, informierte Rauch.

FPÖ fordert Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation

Auch insgesamt äußerte sich die Opposition zur Gesundheitspolitik der Regierung kritisch. So haben nach Meinung von FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak die jüngsten Reformschritte wenig gebracht. Es bestehe nach wie vor großer Handlungsbedarf, untersrich er. Ihm zufolge braucht es ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um die Personalsituation im Gesundheitsbereich zu verbessern.

Beispielsweise schlägt die FPÖ erneut vor, das Doppelbeschäftigungsverbot für Wahlärzt:innen aufzuheben und diese in das Kassensystem einzubinden sowie die 70-Jahre-Altersgrenze für Kassenärzt:innen zu streichen. Zudem fordert sie eine Verbesserung von Gehaltsschemata, eine Überarbeitung der Berufsbilder für das Gesundheitspersonal samt Kompetenzerweiterungen, Maßnahmen zur Entbürokratisierung, ein bundesweit einheitliches Stipendiensystem und die Abschaffung des Bewertungsboards für teure Medikamente, konnte sich mit einem entsprechenden Entschließungsantrag (3935/A(E)) jedoch nicht durchsetzen.

Sowohl Werner Saxinger (ÖVP) als auch Ralph Schallmeiner (Grüne) hielten der FPÖ entgegen, dass viele Punkte des Antrags bereits umgesetzt seien. Als Beispiele nannte Saxinger etwa den Ausbau der Primärversorgungseinheiten und die Modernisierung der Berufsbilder. Andere Punkte gehen nach Auffassung von Schallmeiner "an der Realität vorbei". So hält er nichts davon, Wahlärzt:innen in das Kassensystem einzubinden. Das würde nur zu einer Stärkung der "Privatmedizin" führen, dafür seien die Grünen "definitiv nicht zu haben". Auch der Forderung nach einer Weiterbeschäftigung älterer Kassenärzt:innen kann der Gesundheitssprecher der Grünen nichts abgewinnen, zumal es bei einer drohenden ärztlichen Unterversorgung ohnehin Ausnahmemöglichkeiten gebe.

Allgemein warf Schallmeiner der FPÖ vor, "die Dinge schlechter zu reden als sie sind". Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch betonte, dass mit der Gesundheitsreform schon einiges "abgearbeitet" worden sei.

Medikamentenengpässe: Rauch drängt auf europäische Lösung

Der Antrag wurde schließlich ebenso vertagt wie ein FPÖ-Antrag mit verschiedenen Vorschlägen zur Beseitigung von Medikamentenengpässen (3936/A(E)). Dazu gehört etwa die Forderung, Apotheken die Abgabe von gleichwertigen Arzneimitteln – notfalls auch in anderer Stärke und Stückzahl – zu gestatten, sofern eine ärztlich verordnete Therapie durchgeführt werden kann und das verordnete Arzneimittel nicht verfügbar ist. Außerdem hält es Kaniak für notwendig, die österreichischen Medikamentenpreise und -spannen zu evaluieren, den Höchstpreis bei versorgungsrelevanten Lieferengpässen aufzuheben und die österreichische bzw. europäische Arzneimittelproduktion durch ein Preis-Anreizsystem anzukurbeln.

Die Zahl der nicht verfügbaren Arzneimittel sei in den vergangenen vier Jahren um 40 % gestiegen, begründete Kaniak seine Initiative. Zwar sei die Sozialversicherung durchaus "großzügig", wenn es darum gehe, die Versorgung der Patient:innen aufrechtzuerhalten und Therapien fortzusetzen, es brauche aber rechtliche Schritte, betonte er. Die geltende Verordnung funktioniere in der Praxis nicht. Zudem ortet Kaniak auch bei "ganz billigen" Arzneimitteln Versorgungsprobleme. Diese würden nicht nur nicht mehr in Europa erzeugt, es gebe auch keine Händler mehr, die diese zu den geltenden Bedingungen nach Österreich liefern wollten. Seine Fraktionskollegin Dagmar Belakowitsch (FPÖ) betonte, es sei für Epileptiker:innen ein enormes Problem, wenn ein bestimmtes Medikament über Monate nicht verfügbar sei.

Als "Wunschkonzert für die Pharmaindustrie" bewertete demgegenüber Ralph Schallmeiner den FPÖ-Antrag. Seiner Ansicht nach negiert die FPÖ außerdem, dass die Medikamentenversorgung eine gesamteuropäische Herausforderung sei, die europäisch gelöst werden müsse. Es brauche "mehr europäischen Geist", was Produktion und Verteilung anlangt, sagte er, wobei er sich, was die derzeit verhandelte Pharmastrategie anlangt, durchaus "guter Dinge" zeigte. Schallmeiner machte zudem geltend, dass in Österreich in den letzten Monaten verschiedene Maßnahmen gesetzt worden seien, die durchaus gegriffen hätten.

Laurenz Pöttinger (ÖVP) wies darauf hin, dass der Antrag bereits zum dritten Mal eingebracht worden sei. Für ihn sind manche Forderungen außerdem kontraproduktiv und könnten dafür sorgen, dass Österreich von manchen Pharmafirmen gar nicht mehr beliefert würde. Auf eine "sinnvollere" Preisbandregelung drängte Fiona Fiedler (NEOS), den FPÖ-Antrag hätte ihre Fraktion abgelehnt.

Auch Gesundheitsminister Rauch verwies auf die Notwendigkeit einer europäischen Lösung. Einzelne Staaten stünden gegenüber den Pharmafirmen "auf verlorenem Posten", meinte er. Ihm zufolge ist es auch die Pharmaindustrie, die versuche, eine europäische Lösung zu "torpedieren". Den Vorwurf der Untätigkeit ließ Rauch nicht gelten: So verwies er etwa auf die Förderung der Penicillin-Produktion in Kundl und die Verlängerung des Preisbands bei niedrigpreisigen Medikamenten.

SPÖ für Erweiterung des Rezeptgebührendeckels

Von Seiten der SPÖ wurde unter anderem eine Erweiterung der im Jahr 2007 eingeführten Deckelung für Rezeptgebühren gefordert (3061/A(E)). Da zahlreiche Arzneimittel mittlerweile bereits unter der Preisgrenze für die Rezeptgebühr von 7,10 € liegen, würden sie vom Deckel nicht umfasst, machte SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan im Ausschuss geltend, was gerade für Menschen mit geringem Einkommen herausfordernd sei. Die SPÖ schlägt vor, diese "Gesetzeslücke" dadurch zu schließen, indem man den Rezeptgebührendeckel von 2 % des Jahresnettoeinkommens in einen Arzneimittelkostendeckel umwandelt und somit alle verordneten Medikamente erfasst.

Das Argument von Laurenz Pöttinger (ÖVP), wonach sich der Antrag an die falsche Stelle richte, weil die Frage im Bereich der Selbstverwaltung der Krankenkassen zu regeln sei, wies Silvan mit einem Hinweis auf das ASVG als unrichtig zurück. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch ist es allerdings schwierig, Daten von der Sozialversicherung zu bekommen. Diese argumentiere, dass der von der SPÖ geforderte Arzneimittelkostendeckel zu einem großen Einnahmenausfall führen würde, ohne genaue Daten bereitzustellen. Seitens der NEOS meinte Fiona Fiedler, ihre Partei könnte dem SPÖ-Antrag zustimmen.

Darüber hinaus sind der SPÖ eine Ausweitung der schulärztlichen Betreuung, die Bereitstellung von mehr Ressourcen für Schulpsycholog:innen sowie der Auf- und Ausbau multiprofessioneller Gesundheitsteams an Schulen (3982/A(E)) ein Anliegen. Man müsse Schulen als "Orte der Gesundheit" fördern, bekräftigt Abgeordnete Petra Wimmer.

Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) hält den Gesundheitsausschuss allerdings für den falschen Ort, um über den Antrag zu diskutieren. Dieser gehöre in den Unterrichtsausschuss. Zudem sei Schulsozialarbeit ganz klar Ländersache. Sie sieht in diesem Sinn Bildungsminister Martin Polaschek in Zusammenarbeit mit den Ländern gefordert. Manchmal frage sie sich schon, was mit den ganzen Daten, die in den Schulen erhoben würden, passiere, sagte Bogner-Strauß. Gesundheitsminister Rauch verwies einmal mehr auf das "sehr erfolgreiche" Projekt "Gesund aus der Krise".

NEOS wollen Daten der Sozialversicherungen für Forschungszwecke zugänglich machen

Konkrete Daten für eine evidenzbasierte Gesundheitspolitik vermisst NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler. Ihrer Meinung nach könnte im Gesundheitsbereich einiges an Geld eingespart werden, würde man vorhandene Gesundheitsdaten und den "Datenschatz" der Sozialversicherungen dazu nutzen, um die Gesundheitsversorgung im Sinne der Patient:innen weiterzuentwickeln. Sie fordert in diesem Sinn, auch Daten der Sozialversicherungen für die Forschung zugänglich zu machen (3887/A(E)).

Gesundheitsminister Rauch hielt dazu fest, dass es "eine Sisyphos-Arbeit" sei, an vorhandene Gesundheitsdaten heranzukommen. Jeder sitze auf seinen Daten, beklagte er. Auch könne er die Sozialversicherung aufgrund ihrer Selbstverwaltung nicht zur Herausgabe von Daten zwingen. Rauch hofft aber, dass es durch die im Rahmen der Gesundheitsreform vereinbarte Datenplattform zu Verbesserungen kommen wird, zumal dafür auch Geld über den Finanzausgleich zur Verfügung gestellt werde. Ziel sei es, die Daten sowohl für die Steuerung des Gesundheitswesens als auch für die Forschung zu nutzen, betonte er. Zudem rechnet der Minister mit einem "Schub" durch den Europäischen Gesundheitsdatenraum.

LGBTIQ-Gesundheitsbericht zeigt hohes Maß an Alltagsdiskriminierung auf

Für den LGBTIQ-Gesundheitsbericht 2022 (III-1035 d.B.) wurde im Auftrag des Gesundheitsministeriums eine Umfrage unter lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, trans- und intergeschlechtlichen Personen durchgeführt, um einen ersten Überblick über die gesundheitliche Situation von LGBTIQ-Personen zu gewinnen. Dabei kam auch ein hohes Maß an Alltagsdiskriminierung mit negativen Auswirkungen sowohl auf die psychische als auch auf die physische Gesundheit der betroffenen Personengruppen zu Tage. Zwar gaben rund 60 % der 1.047 Befragten an, mit ihrem allgemeinen Gesundheitszustand zufrieden zu sein, viele würden jedoch unter Depressionen leiden bzw. haben daran gelitten. Besonders rund um ein Coming-out ist die psychische Belastung demnach groß und wird durch Diskriminierungserfahrungen verstärkt. Auch von Stigmatisierungen und Demütigungen durch Gesundheitspersonal – etwa durch unangebrachte Kommentare – sowie von aufgeschobenen medizinischen Behandlungen zur Änderung des Geschlechts wegen der bestehenden Überlastung des Gesundheitssystems wurde berichtet.

Laut Rauch will das Gesundheitsministerium auf den Bericht unter anderem mit Sensibilisierungsprogrammen reagieren. Zudem gebe es Informationsbroschüren des Sozialministeriums für den Coming-Out-Prozess und Fact Sheets zu Gesundheitsfragen. Es lohne sich, auf bestimmte Gruppen, die lange vernachlässigt worden seien und zu denen es eine unzureichende Datenlage gebe, einen besonderen Fokus zu legen und nicht nur einen allgemeinen Gesundheitsbericht vorzulegen, unterstrich der Minister.

Der Bericht wurde unter anderem von David Stögmüller (Grüne) und Mario Lindner (SPÖ) ausdrücklich begrüßt, wiewohl Lindner erhebliche Lücken ortet. Der Bericht sei sehr auf psychosoziale Gesundheit fokussiert und enthalte zum Beispiel wenig über körperliche sexuelle Gesundheit, bedauerte er. Auffällig ist für ihn außerdem, dass die Qualität der Versorgung stark davon abhänge, in welcher Region bzw. in welchem Bundesland man zu Hause sei.

Auch Fiona Fiedler (NEOS) wertete die Datenqualität als "nicht die beste". Sie hinterfragte außerdem Vergleiche der psychischen Gesundheit in den Jahren 2019 und 2022, schließlich seien psychische Probleme in der Corona-Pandemie insgesamt gestiegen. Irritierend hält Fiedler Wissenslücken bei Ärzten über trans- und intergeschlechtliche Personen.

Grün-Abgeordneter Stögmüller hob hervor, dass das österreichische Gesundheitssystem stark auf den heterosexuellen Mann ausgerichtet sei. Zudem verwies er darauf, dass besonders bei intergeschlechtlichen Personen ein hohes Ausmaß an Diskriminierung festzustellen sei. Für wichtig hält er in diesem Sinn "save spaces" für junge Menschen.

ÖVP-Abgeordnete Juliane Bogner-Strauß sprach von einem "wertvollen Bericht", regte allerdings an, wieder einen umfassenden Gesundheitsbericht vorzulegen. Überdies hält sie insgesamt eine Sensibilisierung von Gesundheitspersonal für wichtig. Auch ältere Personen würden oft eine Ordination verlassen, ohne dass sie etwas verstanden hätten, sagte sie. Einen gesamthaften Gesundheitsbericht hält auch Rosa Ecker (FPÖ) für sinnvoll.

Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis genommen und wird auf Wunsch der Grünen auch im Plenum des Nationalrats beraten.

SPÖ will intergeschlechtliche Kinder und Jugendliche besser schützen

Kritik übte SPÖ-Abgeordneter Mario Lindner im Ausschuss auch daran, dass eine im Jahr 2021 vom Nationalrat gefasste Entschließung zum Schutz intergeschlechtlicher Kinder und Jugendlicher immer noch nicht umgesetzt wurde. Medizinisch nicht notwendige und nicht-konsensuale Operationen müssten verboten werden, fordert er. Lindner vermutet, dass die ÖVP einen bereits ausgearbeiteten Gesetzentwurf blockiert.

Die Beratungen über einen dazu von Lindner eingebrachten Entschließungsantrag (3408/A(E)) wurden allerdings neuerlich vertagt. Gleiches gilt für einen FPÖ-Antrag (3286/A(E)), der auf ein Verbot von Off-Label-Verschreibungen von "Pubertätsblockern" abzielt. Diese nicht zugelassenen Medikamente, die die Geschlechtsreife von Kindern verzögern, können nach Ansicht von FPÖ-Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak irreversible Schäden hinterlassen.

FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker verwies in diesem Zusammenhang auf einen Bericht des britischen Gesundheitsdienstes, wonach bei der Therapie von Kindern und Jugendlichen oft Nebenwirkungen übersehen worden seien bzw. es inadäquate Behandlungen gegeben habe. Auch in Österreich sei es "en vogue", Kindern zu suggerieren, dass sie sich jeden Tag aussuchen könnten, welches Geschlecht sie haben, meinte sie.

Ralph Schallmeiner (Grüne) sprach sich demgegenüber dafür aus, die Entscheidung über den Einsatz von Pubertätsblockern den Ärzt:innen zu überlassen. Es handle sich dabei um eine medizinische und keine politische Frage, betonte er.

Zum Antrag der SPÖ merkte Werner Saxinger (ÖVP) an, das sei ein komplexes Thema. Schließlich gehe es um weitreichende Konsequenzen für das ganze Leben. Bei Mario Lindner stieß er mit seiner Argumentation allerdings auf wenig Verständnis. Dieser plädierte dafür, den Betroffenen "einmal gut zuzuhören". Medizinisch notwendige Operationen würden von niemandem hinterfragt, es gehe um medizinisch nicht notwendige Eingriffe, bekräftigte er. Unterstützt wurde der SPÖ-Antrag von NEOS-Abgeordneter Fiona Fiedler, die darauf hinwies, dass Operationen irreversibel seien.

FPÖ fordert neuen österreichischen Männergesundheitsbericht

Schließlich schickte der Gesundheitsausschuss auch einen Entschließungsantrag der FPÖ (3927/A(E)) betreffend die Vorlage eines zweiten österreichischen Männergesundheitsberichts in die Warteschleife. Die Publikation des ersten derartigen Berichts liege bereits zwei Jahrzehnte zurück, hält FPÖ-Gesundheitssprecher Kaniak eine Neuauflage für notwendig. Abgedeckt werden sollen dabei Themenbereiche wie Bevölkerungs- und Sozialstruktur, Gesundheitszustand, Sterblichkeit nach Altersgruppen, gesundheitliche Selbsteinschätzung sowie Arbeits- und Lebensumfeld. Auch im Bereich der Männergesundheit gebe es spezifische Probleme wie mangelnde Vorsorge, machten Kaniak und seine Fraktionskollegien Rosa Ecker im Ausschuss geltend.

Während NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler der Forderung durchaus etwas abgewinnen konnte, äußerte sich SPÖ-Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek kritisch. Gesundheit werde in Österreich ohnehin immer noch von einer männlichen Perspektive heraus betrachtet, sagte sie. Zudem verwies sie auf den 2019 vorgelegten allgemeinen Gesundheitsbericht, den es laut Sozialminister Johannes Rauch wieder geben wird. (Schluss Gesundheitsausschuss) gs