Parlamentskorrespondenz Nr. 401 vom 24.04.2024

ORF hat im vergangenen Jahr weiter Marktanteile verloren

Wien (PK) – Der ORF hat im Jahr 2023 weiter Marktanteile verloren. Zwar nutzten immer noch 6,1 Millionen Menschen täglich eines der multimedialen Angebote des ORF, sowohl der Marktanteil der ORF-Fernsehflotte als auch jener der Radioflotte gingen im vergangenen Jahr jedoch leicht zurück. Auch die Zahl der Visits pro Monat im ORF.at-Network ist gesunken. Das geht aus dem ORF-Jahresbericht 2023 hervor, den Medienministerin Susanne Raab vor kurzem dem Nationalrat vorgelegt hat (III-1145 d.B. und III-850-BR/2024 d.B.). Erstmals liegt dem Jahresbericht auch der neue ORF-Transparenzbericht bei: Er enthält nicht nur eine Übersicht über die Spitzengehälter im öffentlich-rechtlichen Sender, sondern informiert auch über Werbeeinnahmen, die Kosten von Eigen- und Auftragsproduktionen, Beraterverträge und Beschaffungen.

ORF-Fernsehflotte erzielte Marktanteil von 33,8 %

Konkret haben die Sender ORF 1, ORF 2, ORF III und ORF Sport+ im vergangenen Jahr einen gemeinsamen Marktanteil in der Bevölkerungsgruppe 12+ von 33,8 % erreicht (2022: 34,6 %), wobei ORF 2 mit durchschnittlich 21 % (2022: 21,4 %) wieder deutlich vor ORF 1 (2023: 9,5 %, 2022: 9,8 %) lag. ORF III und ORF Sport+ blieben mit 2,8 % bzw. 0,4 % stabil. 3,68 Millionen Zuseher:innen sahen täglich zumindest eines der vier ORF-Programme, was 44,4 % aller Personen in TV-Haushalten betrifft. 2022 war dieser Wert noch bei 47,1 % gelegen. In der Altersgruppe 12+ betrug die Tagesreichweite 47,6 %. Bezogen auf die Nutzungszeit schauten die Zuseher:innen im Schnitt 55 Minuten pro Tag eines der ORF-Programme (2022: 59 Minuten), die vor dem Fernseher verbrachte Gesamtzeit ging von 172 Minuten im Jahr 2022 auf 163 Minuten im Jahr 2023 zurück.

Kaum Veränderungen gegenüber dem Vorjahr gab es, was die Programmstruktur von ORF 1 und ORF 2 betrifft. Demnach hat der Bereich Information nach wie einen Programmanteil von 27 %. Dem Bereich Unterhaltung waren 43 % der Sendungen, dem Bereich Familie 9 % und den Bereichen Sport sowie Wissenschaft, Bildung und Lebenshilfe jeweils 8 % zuzurechnen. Kultur und Religion kamen gemeinsam auf 6 %. Rechnet man den Spartensender für Information und Kultur ORF III und ORF Sport+ ein, ergibt sich eine Verteilung von je 19 % Information und Kultur, 31 % Unterhaltung und 30 % Sport. Damit sei man dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag nachgekommen, ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport anzubieten, wird im Bericht hervorgehoben.

Auch alle anderen besonderen Aufträge, die das ORF-Gesetz dem Sender vorgibt, hat dieser 2023 laut Bericht erfüllt. So entfielen etwa 66,9 % der Sendezeit – und damit nochmls mehr als 2022 (65,4 %) – auf Produktionen, die entweder einen inhaltlichen Österreich-Bezug hatten oder in Österreich produziert wurden, wobei der Anteil in der Primetime (18.00 Uhr bis 22.00 Uhr) mit 88,1 % noch höher lag. Ebenfalls stellte der ORF in den Hauptabendprogrammen (20.00 Uhr bis 22.00 Uhr) in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl, wobei er dazu nicht nur Informationsformate und Dokumentationen wie Report, Thema, Am Schauplatz, DOK1 oder Universum, sondern auch Unterhaltungssendungen wie Tatort, Dancing Stars oder "Schnell ermittelt" zählt.

Hoher Anteil an europäischen Werken

Der Anteil europäischer Filme und anderer europäischer Werke am Programm – abseits von Nachrichten, Sport, Spieleshows und ähnlichen Sendungen – in ORF 1 und ORF 2 wird im Bericht mit 75,8 % angegeben, was deutlich über den Vorgaben der EU liegt. In ORF 2 betrug der Anteil sogar 98 %. Insgesamt wurden europäische Werke im Ausmaß von 11.009 Stunden ausgestrahlt, um 528 mehr als 2022.

Dass das ORF-Programm vom Publikum gut angenommen wird, zeigt sich laut Bericht nicht zuletzt daran, dass unter den 2.000 meistgesehenen TV-Sendungen in Österreich im vergangenen Jahr 1.973 im ORF ausgestrahlte Produktionen waren (bezogen auf die Altersgruppe 12+). Auch wird auf die vielfältigen Programmschwerpunkte – angefangen von "Ein Jahr Ukraine-Krieg" über den Zeitgeschichteschwerpunkt "75 Jahre Erklärung der Menschenrechte" bis hin zur Gesundheitsinitiative "Bewusst gesund" – und das ORF-Korrespondentennetz verwiesen.

Mit einer durchschnittlichen Reichweite von 1,152 Mio. Zuseher:innen und einem gesamtösterreichischen Marktanteil von 56 % weiterhin sehr beliebt sind die regionalen Ausgaben von Bundesland heute, wobei "Vorarlberg heute" mit einem Marktanteil von 64 % im Jahr 2023 die Nase vorn hatte. "Wien heute" bildete mit 42 % das Schlusslicht.

Der ORF-Teletext wird dem Bericht zufolge von 10 % der Zuseher:innen ab 14 Jahre genutzt. Das sind rund 780.000 tägliche Leserinnen und Leser. 3sat erzielte in Österreich einen durchschnittlichen Marktanteil von 1,4 % und blieb damit gegenüber dem Vorjahr stabil, wobei Österreich am Gesamtprogramm des Senders mit rund 26 % beteiligt war und insgesamt rund 134.039 Programmminuten (mehr als sechs Stunden am Tag) zulieferte.

2,5 Millionen hören täglich Ö3

Der Marktanteil der ORF-Radioflotte betrug von Juli 2022 bis Juni 2023 insgesamt 65 % (2022: 68 %), wobei 28 % (2022: 29 %) auf Ö3 entfielen, was täglich rund 2,5 Millionen Zuhörer:innen ab 10 Jahren entspricht. Die neun Regionalradios kommen zusammen auf einen Marktanteil von 29 % (2022: 31 %). 7 % steuerte Österreich 1 (2022 ebenfalls 7 %), 2 % FM4 (2022: 3 %) zum Gesamtergebnis bei. Wobei der Marktanteil in der jeweiligen Alterszielgruppe bei allen Radioprogrammen höher ist. Damit hätten die ORF-Radios ihre starke Position halten können, heißt es im Bericht. Bei den Regionalradios schwankt der Marktanteil in den einzelnen Bundesländern zwischen 16 % (Radio Wien) und 43,8 % (Radio Kärnten).

Insgesamt hörte die Bevölkerung im Zeitraum Juli 2022 bis Juni 2023 durchschnittlich 201 Minuten Radio pro Tag (2022: 187). 130 Minuten davon entfielen auf die ORF-Radios.

Neue gesetzliche Vorgaben für das Online-Angebot des ORF

Im Online-Bereich warf die im vergangenen Jahr beschlossene ORF-Gesetz-Novelle, die mit 1. Jänner 2024 in Kraft trat, ihre Schatten voraus. So wurden etwa die Websites news.ORF.at und sport.ORF.at einem Relaunch unterzogen und verfügen seit Dezember 2023 über umfangreiche Video- und Audioinhalte. Zudem wurden 2023 die Audio-Plattform ORF Sound und das multimediale Kulturangebot ORF Topos weiterentwickelt und die neue Video-Plattform ORF ON sowie das neue digitale Kinderangebot ORF Kids vorbereitet. Auch an den App- und Podcast-Angeboten hat der ORF weitergearbeitet.

Leicht rückläufig waren die Beiträge auf der sogenannten "blauen Seite": 41.386 Storys 2023 stehen 44.864 Storys 2022 gegenüber. In Summe hat sich der Output des ORF.at-Networks allerdings vergrößert (von 173.212 Beiträgen auf 181.960 Beiträge). Grund dafür ist eine Neuaufteilung der Lawinengebiete durch die Lawinenwarndienste, was zu signifikant mehr Beiträgen auf wetter.orf.at geführt hat.

Laut ÖWA-Reichweitenstudie vom vierten Quartal 2023 haben mehr als 5,22 Millionen Nutzer:innen ab 14 Jahren im Laufe eines Monats zumindest einmal eine der Orf.at-Websites oder Orf.at-Apps aufgerufen, was einer Monatsreichweite von 67,2 % in der Gesamtbevölkerung entspricht. Pro Tag waren es durchschnittlich 1,39 Millionen Nutzer:innen (17,9 %). Die Zahl der monatlichen Visits wird mit 123,8 Millionen (2022: 134,6 Millionen) angegeben, die Zahl der Seitenaufrufe (Page Impressions) mit 667,31 Millionen.

Auch das ORF-Video-Streaming-Angebot wurde 2023 intensiv genutzt. Laut Online-Bewegtbild-Messung der Arbeitsgemeinschaft Teletest erzielten die Live-Streams und Video-on-Demand-Angebote des ORF in Österreich im Schnitt 9,8 Millionen Nettoviews (zusammenhängende Nutzungsvorgänge) und 60,6 Millionen Bruttoviews (Videostarts) pro Monat. Das monatliche Gesamtnutzungsvolumen lag bei 278 Millionen Minuten, wobei es sich dem Bericht zufolge seit 2019 verdoppelt hat.

Deutlicher Ausbau barrierefreier Angebote

Erneut stark ausgebaut hat der ORF 2023 seine barrierefreien Angebote. So lag die Untertitelungsquote in ORF 1 und ORF 2 bereits bei 87,5 % (2022: 84,3 %) und in ORF III bei 57,7 % (2022: 40,9 %). In der publikumsstarken Primetime standen bereits mehr als 90 % des Gesamtprogramms von ORF 1 und ORF 2 mit Untertiteln zur Verfügung. Darüber hinaus wurden 608 Stunden in Gebärdensprache gedolmetscht. Für blinde und sehbehinderte Personen bot der ORF 2.766 Programmstunden mit Audiotranskription an (2022: 2.599 Stunden), wobei er laut Bericht bei der Auswahl der Sendungen ein besonderes Augenmerk auf TV-Highlights wie beliebte Unterhaltungsshows und Live-Sport sowie auf Sendungen von großem gesellschaftlichen Interesse wie die Krönung von Charles III. legte.

Für Menschen mit Lernbehinderung stehen unter anderem fünfminütige Nachrichten auf ORF III (Montag bis Freitag jeweils um 19.25 Uhr) und ein täglicher Nachrichtenüberblick in allen Regionalradios in einfacher Sprache zur Verfügung. Gesamt betrachtet waren im Jahr 2023 52 % (2022: 46,8 %) des ORF-Fernsehprogramms – inklusive ORF III und ORF Sport+ – mit zumindest einem barrierefreien Merkmal versehen. Hilfreich ist dabei dem Bericht zufolge auch der Einsatz von KI-Programmen.

335 Mio. € Einnahmen aus kommerzieller Tätigkeit

Der Ergebnisbeitrag aus dem kommerziellen Geschäftsbereich wird im Bericht mit 335 Mio. € angegeben, wobei aus klassischer Fernseh- und Radiowerbung 188,4 Mio. €, aus Sonderwerbeformen 37,3 Mio. € und aus Onlinewerbung 22,1 Mio. € – jeweils ohne Berücksichtigung des Aufwands – lukriert wurden. Koproduktionen und Lizenzen spülten insgesamt 16 Mio. € in die Kasse, aus der Programmverwertung wurden 15,2 Millionen erlöst.

Was die technische Versorgung der österreichischen Haushalte betrifft, ist der digitale SAT-Empfang mit 53 % der meistgenutzte Empfangsweg, gefolgt vom Kabel-Empfang mit 42 % und der Terrestrik (DVB-T2) mit 5 %.

Weitere Kapitel des Jahresberichts informieren über das ORF-Angebot für Volksgruppen, Aktionen wie Licht ins Dunkel und Nachbar in Not (Humanitarian Broadcasting), Maßnahmen zum Jugendschutz und zur Qualitätssicherung, die Finanzmittel der ORF-Landesdirektionen sowie Art und Umfang der kommerziellen Tätigkeiten des ORF.

Transparenzbericht: 95 ORF-Mitarbeiter:innen erhielten Jahresgehalt von mehr als 150.000 €

Im Mittelpunkt des dem Jahresbericht beigefügten neuen Transparenzberichts stehen die Gehälter im ORF. Demnach haben 95 Personen – 71 Männer und 24 Frauen – im Jahr 2023 ein Bruttojahresgehalt von mehr als 150.000 € bezogen, wobei Ö3-Moderator Robert Kratky (443.894,39 €), Hauptabteilungsleiter und Projektleiter Pius Strobl (425.677,43 €) sowie ORF-Generaldirektor Roland Weißmann (425.500,04 €) an der Spitze stehen. Daneben werden im Bericht weitere 55 Personen namentlich genannt, da ihr Jahresbruttogehalt über 170.000 € lag. 709 ORF-Mitarbeiter:innen verdienten weniger als 50.000 € pro Jahr, 1.110 Personen zwischen 50.000 € und 75.000 €. In die Einkommenskategorie 75.000 € bis 100.000 € fielen 955 Personen, in die Kategorie 100.000 € bis 150.000 € 556 Personen.

Dazu kommen bei etlichen ORF-Mitarbeiter:innen Nebeneinkünfte, die in neun Fällen bei durchschnittlich mehr als 8.000 € und in weitern 24 Fällen bei mehr als 4.000 € im Monat lagen. Von den namentlich genannten Personen stechen hier neben Robert Kratky (durchschnittlich 8.500 € brutto pro Monat) der Moderator Andreas Knoll (9.600 €), der Leitende Redakteur und Korrespondent Christian Wehrschütz (5.983,17 €) und der Regisseur Kurt Pongratz (zwischen 4.001 € und 8.000 €) hervor.

Im Vorwort zum Transparenzbericht macht das ORF-Management insbesondere ältere Verträge für die zum Teil sehr hohen Gehälter verantwortlich. Auch wird auf unregelmäßige Dienste und den durchgängigen Produktionsbetrieb – auch am Wochenende und in der Nacht – und den hohen Akademikeranteil in der Belegschaft (43 %) verwiesen. Mit dem aktuellen ORF-Kollektivvertrag aus dem Jahr 2014, der für alle in den vergangenen neun Jahren in das Unternehmen eingetretenen Personen gilt, befinde man sich auf Marktniveau, heißt es dort. Rund 40 % der Belegschaft unterliegen demnach diesem Kollektivvertrag. Das daraus bezogene Durchschnittseinkommen liege ca. 30 % unter den alten Vertragssystemen. Auch die niedrigen Gehaltsabschlüsse heuer und im vergangenen Jahr sowie der Abbau von rund 900 Vollzeitstellen seit dem Jahr 2007 – bei gleichzeitig deutlich ausgeweitetem Leistungsangebot – werden hervorgehoben.

Gleichzeitig macht der ORF darauf aufmerksam, dass es aufgrund der in den vergangenen Jahren erfolgten Spar- und Restrukturierungsmaßnahmen zur Senkung von Personalkosten und Pro-Kopf-Kosten mittlerweile wenig Spielraum für weitere Strukturreformen und substanzielle Einsparungen gebe, ohne massiv in das programmliche Angebot einzugreifen. Die Finanzierung des ORF sei in den letzten 30 Jahren nie in vollem Umfang an die Inflation angepasst worden, wird festgehalten. Ausdrücklich betont das Management außerdem, dass der ORF den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verpflichtet sei und sorgsam mit den ORF-Beiträgen umgehe.

527,9 Mio. € für Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen

Was die nach den einzelnen Sendern aufgeschlüsselten Werbeeinnahmen betrifft, die von ORF 2 mit 78,65 Mio. € und Hitradio Ö3 mit 58,15 Mio. € angeführt werden, wird im Bericht festgehalten, dass der ORF mit seinen Reichweiten "ein unersetzbarer starker Werbeträger" für Werbekunden sei und Einschränkungen für die ORF-Werbung zum Abfließen österreichischer Werbemittel zu den internationalen Digitalkonzernen führen würden. Das sei wissenschaftlich belegt worden. Selbst hat der ORF um 12,68 Mio. € geworben, wobei es sich dabei vor allem um Kooperationen und/oder Tauschgeschäfte mit diversen Verlagshäusern handelte.

Für Eigen- und Auftragsproduktionen hat der ORF 2023 laut Transparenzbericht 500,4 Mio. € aufgewendet. Davon betrafen 365,62 Mio. € das Fernsehen, 111,85 Mio. € den Hörfunk und 22,93 Mio. € den Online-Bereich. Dazu kommen 27,5 Mio. € für Koproduktionen.

Die Summe der Beraterverträge wird im Transparenzbericht mit 3,83 Mio. € angegeben, wobei die Liste von Umweltzertifizierungen über Recruiting bis hin zu Public Relations reicht. Größte Brocken sind dabei Rechtsberatung und -vertretung (1,1 Mio. €) sowie Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung (990.000 €). Dazu kommen Beraterverträge der ORF-Töchter im Ausmaß von 2,84 Mio. €. Für Werkverträge des ORF und der ORF-Töchter – z.B. für elektronische Reichweitenmessungen, Studien zum Nutzungsverhalten und den Bereich Produktion Auslandskorrespondenz – wurden 4,98 Mio. € aufgewendet, mit 13,85 Mio. € schlagen Beschaffungs-Rahmenverträge – z.B. für Beistellung von Spezialtechnik, Kamerateams, mobile Produktionsinfrastruktur und technische Leistungen in Korrespondentenbüros – zu Buche. (Schluss) gs