Parlamentskorrespondenz Nr. 514 vom 23.05.2024
Umweltverträglichkeitsprüfungen: Fast 200 Verfahren in den vergangenen 10 Jahren
Wien (PK) – Der neunte UVP-Bericht, vorgelegt von Umweltministerin Leonore Gewessler, gibt einen Überblick über die Vollziehung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) (III-1152 d.B.). Seit dem Jahr 2014 wurden 198 Genehmigungsverfahren durchgeführt. Die mittlere Verfahrensdauer lag vom Einbringen des Antrages bis zur Entscheidung im Schnitt bei 22,6 Monaten. UVP-Vorhaben betreffen laut Bericht vorwiegend die Sektoren Energiewirtschaft (43 %) und Infrastruktur (14 %). Der Bericht zeigt auch erste Erfahrungen aus der Vollzugspraxis seit der letzten gesetzlichen Änderung 2023.
864 Feststellungsbescheide seit 2014
In Feststellungsverfahren wird geprüft, ob Projekte ein UVP-Verfahren durchführen müssen. Von 1.1.2014 bis 1.3.2024 wurden im Schnitt rund 85 Verfahren pro Jahr durchgeführt und dabei 864 Feststellungsbescheide erfasst. Knapp drei Viertel der Verfahren wurden zu Infrastruktur-, Land- und Forstwirtschafts- sowie Bergbauprojekten durchgeführt. Im Durchschnitt wurde in 95 % der Entscheidungen festgestellt, dass keine UVP-Pflicht vorliegt. Im Berichtszeitraum von 1.3.2021 bis 1.3.2024 wurden 255 Feststellungsbescheide beim Umweltbundesamt erfasst. 42 % aller Verfahren sind dabei Infrastrukturprojekte, gefolgt von der Abfallwirtschaft und dem Bergbau zu je 16 % sowie der Land- und Forstwirtschaft mit 14 %.
198 UVP-Genehmigungsverfahren in den letzten 10 Jahren
Die Anzahl der Genehmigungsverfahren belief sich im Zeitraum 2014 bis zum Stichtag 1.3.2024 auf 198 Vorhaben. Im Mittel wurden 17 UVP-Genehmigungsanträge pro Jahr gestellt. Die beantragten UVP-Vorhaben betreffen vorwiegend die Energiewirtschaft (42,9 %) sowie Infrastruktur (14,1 %) und dabei insbesondere Windenergieanlagen, Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur sowie des Städtebaus und Starkstromfreileitungen. 61,6 % der Anträge wurden bewilligt und 0,5 % abgelehnt. Bei 32,8 % läuft das Verfahren noch. 38 % der Verfahren wurden als UVP-Verfahren und 62 % als vereinfachte Verfahren durchgeführt. Von 2014 bis 2023 führte die Niederösterreichische Landesregierung mit 85 UVP-Verfahren die meisten durch – gefolgt von Oberösterreich mit 22 und je 16 bei der Steirischen Landesregierung und beim Umweltministerium (BMK).
Verfahrensdauer: 22,6 Monate im Schnitt
Die Verfahrensdauer von UVP-Verfahren sei vom konkreten Vorhaben und dessen Komplexität abhängig, betonen die Berichtsautor:innen. Die mittlere Verfahrensdauer, mit Hilfe des Medians von 2014 bis 2023 berechnet, liegt vom Einbringen des Genehmigungsantrages bis zur Entscheidung bei 22,6 Monaten. Von Beginn der öffentlichen Auflage (Vollständigkeit der Unterlagen) bis zur Entscheidung lag die mittlere Verfahrensdauer für UVP-Verfahren bei 10,6 Monaten. In vereinfachten Verfahren konnte im Mittel innerhalb von 17,6 Monaten entschieden werden.
Erste Bilanz zu den Auswirkungen der UVP-Novelle 2023
2023 wurde das UVP-Gesetz novelliert. Ziel dabei war, UVP-Genehmigungen für Vorhaben der Energiewende rascher zu erteilen. Dafür wurden Maßnahmen für effizientere Verfahren, mehr Flexibilität für technologische Änderungen und dem Einräumen eines hohen öffentlichen Interesses für solche Vorhaben verankert. Aufgrund der kurzen Zeitspanne seit dem Inkrafttreten können nur bedingt Rückschlüsse gezogen werden, eine Umfrage unter UVP-Behörden zeigt aber erste Erfahrungen aus der Vollzugspraxis, wird im Bericht angeführt. Fristen für Vorbringen und Stellungnahmen würden demnach die Verfahren erleichtern. Bei anderen Bestimmungen wie etwa jenen zum beschleunigten Ausbau von Windkraftanlagen, zur vereinfachten Vorhabensänderung oder zum Bodenschutz bleibe noch abzuwarten, wie sich diese in der Praxis und der Judikatur entwickelten. Um die Verfahren entsprechend zu beschleunigen, sei jedenfalls ausreichend Personal bei den UVP-Behörden und Sachverständigendiensten notwendig, wird im Bericht betont.
Beteiligung durch Umweltorganisationen
Umweltorganisationen können seit 2004 die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als Partei in UVP-Verfahren geltend machen. Mit Stand 1.3.2024 waren 60 Organisationen dafür anerkannt. Im Berichtszeitraum wurden 10 neue anerkannt und in drei Fällen wurden Aberkennungen vorgenommen. Die Organisationen können gegen negative Feststellungsbescheide Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. Im Berichtszeitraum konnte in einem von 12 Fällen die UVP-Pflicht erwirkt werden.
Berufungsinstanz Bundesverwaltungsgericht
Seit 2014 ist das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) Rechtsmittelgericht über Beschwerden in UVP-Angelegenheiten. Von 1.1.2014 bis 1.3.2024 wurden zu 310 Verfahren beim BVwG Beschwerden eingebracht sowie 302 Entscheidungen getroffen. Die mittlere Verfahrensdauer bei Rechtsmittelverfahren im Zeitraum zwischen 2014 und 2023 lag für Feststellungsverfahren bei 3,7 und für Genehmigungsverfahren bei 10 Monaten. Längere Verfahrensdauern gab es bei sehr komplexen Vorhaben sowie durch pandemiebedingte Verzögerungen, wird im Bericht angeführt.
Grenzüberschreitende UVP-Verfahren nach der Espoo-Konvention
Das Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (Espoo) ermöglicht den Unterzeichnerstaaten, sich an UVP-Verfahren in anderen Ländern zu beteiligen, wenn erhebliche Nachteile im eigenen Staatsgebiet befürchtet werden. Österreich führte mit allen Nachbarstaaten Espoo-Verfahren, vor allem zu Kernkraftwerksprojekten. Ende März 2024 gab es insgesamt 21 laufende Verfahren, wobei 13 Nuklearbezug hatten. Zwischen 2021 und 2024 wurden unter Beteiligung Österreichs acht Verfahren abgeschlossen, wovon sieben Nuklearbezug hatten. Selbst Ursprungspartei war Österreich im Berichtszeitraum in vier Verfahren, wovon eines abgeschlossen wurde.
Im Berichtszeitraum wurden im Zusammenhang mit der UVP-Richtlinie zwei Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich fortgeführt und von der Europäischen Kommission 2023 eingestellt. (Schluss) pst