Parlamentskorrespondenz Nr. 552 vom 31.05.2024

Neu im Landesverteidigungsausschuss

Wien (PK) – Die Bundesregierung hat sich in ihrem Programm 2020 – 2024 zur Wiederherstellung des verfassungsmäßigen Zustandes des Bundesheers nach den Grundsätzen eines Milizsystems bekannt. Mit dem nun vorgelegten Wehrrechtsänderungsgesetz 2024 (WRÄG 2024) sollen mehrere Maßnahmen zur Attraktivierung der Miliz umgesetzt werden, um die Reaktionsfähigkeit des Bundesheeres im Rahmen der militärischen Landesverteidigung zu verbessern (2554 d.B.). Dazu sind Änderungen des  Wehrgesetzes, das Heeresdisziplinargesetzes, des Heeresgebührengesetzes, des Auslandseinsatzgesetzes, des Militärbefugnisgesetzes und des Militärauszeichnungsgesetzes vorgesehen.

Als wesentlichen Schritt zur Verbesserung der Personalgewinnung für die Miliz, enthält die Novelle eine Milizausbildungsvergütung ("Bildungsscheck"). Für jeden Tag einer geleisteten Milizübung soll diese angespart und auf Antrag der Betreffenden für Zwecke beruflicher Ausbildungsmaßnahmen ausbezahlt werden können. Zudem ist die Möglichkeit einer Dienstfreistellung in Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes ("Elternmonat") sowie eine Härtefallregelung im Falle sozialversicherungsrechtlicher Benachteiligungen vorgesehen. Die Einführung einer neuen Tapferkeitsmedaille soll die Möglichkeit zur Würdigung besonderer Leistungen im Rahmen von Einsätzen des Bundesheeres schaffen. Weitere Neuregelungen betreffen Verwaltungsvereinfachungen beim Wechsel von Präsenzdienstarten, Dienstfreistellungen und bei Auslandseinsätzen.

Milizausbildungsvergütung  

Als eine zentrale Maßnahme zur Sicherstellung der erforderlichen Anzahl von Wehrpflichtigen und Frauen, die zu Milizübungen herangezogen werden können, ist mit der Novelle eine Milizausbildungsvergütung für jeden Tag einer geleisteten Milizübung vorgesehen. Diese soll im Sinne eines "Sparbuchmodells" angespart und auf Antrag der Betreffenden für Zwecke der beruflichen Aus- und Fortbildung oder Umschulung ausbezahlt werden können. Damit sollen die Kosten von zivilen Kursen, welche die Betreffenden nachweislich absolvieren möchten, ganz oder teilweise abgedeckt werden.

Weitere Voraussetzungen, wie etwa Prüfungsnachweise, sind laut Erläuterungen nicht erforderlich, da die Betreffenden ihre Leistungen mit der Absolvierung von Milizübungstagen bereits erbracht hätten. Im Sinne einer ressourceneffizienten Administration sei die Milizausbildungsvergütung – in den Erläuterungen auch "Bildungsscheck" genannt - jedoch spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der jeweiligen zivilen Ausbildungsmaßnahme zu beantragen.Der grundsätzliche Anspruch soll mit Ablauf des vierten Jahres nach dem letzten Tag der jeweiligen Heranziehbarkeit zu Milizübungen enden. In dieser Frist treten Wehrpflichtige des Milizstandes auch in den Reservestand über.Mit dem "Bildungsscheck" sollen auch Wehrpflichtige des Reservestandes angesprochen werden, die mit ihrer Zustimmung in den Milizstand zurückversetzt werden können, um wieder zu Milizübungen herangezogen werden zu können.

Da das Regierungsprogramm 2020 - 2024 die Grundlage für die Maßnahme bildet, soll die Vergütung nur für jene Milizübungen ausbezahlt werden, die ab 1. Jänner 2020 geleistet wurden. Weiters ist die Vergütung nur für jene Wehrpflichtigen und Frauen vorgesehen, die bereit sind, weiterhin Milizübungen zu leisten. Als Grundbetrag soll das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der letzten drei Monate vor der Einberufung dienen. Auf Antrag könne auch jenes der letzten zwölf Monate herangezogen werden, wie in der Novelle ausgeführt wird.

"Elternmonat"

Zudem soll auch die Möglichkeit einer Dienstfreistellung bei der Geburt eines Kindes geschaffen werden. Während für Frauen im Ausbildungsdienst bereits die Regelungen des Mutterschutzgesetzes mit den für weibliche Bundesbedienstete geltenden Abweichungen gelten, sieht das Wehrgesetz für Väter und Frauen als andere Elternteile derzeit keine gesonderten Regelungen vor. Mit dem WRÄG 2024 soll daher unter Berücksichtigung militärischer Erfordernisse auch im Wehrrecht ein "Elternmonat" für jene Personen geschaffen werden, die den Grundwehrdienst, den Wehrdienst als Zeitsoldat oder den Ausbildungsdienst leisten. Auf ihr Verlangen sollen diese im Zeitraum von der Geburt des Kindes bis zum Ablauf von zwölf Wochen nach der Geburt des Kindes Anspruch auf Dienstfreistellung im Ausmaß von grundsätzlich vier Wochen haben, sofern das Kind zum Haushalt der betreffenden Person gehört. Der Anspruch auf Dienstfreistellung solle aber auch gekürzt werden können, wenn der jeweilige Wehrdienst schon vorher endet oder zwingende militärische Interessen es erfordern.

Härtefallregelungen bei sozialversicherungsrechtlichen Benachteiligungen

Da Präsenz- und Ausbildungsdienstzeiten nicht als kranken- und pensionsversicherungspflichtigen Erwerbtätigkeit im Sinne des Kinderbetreuungsgeldgesetzes und des Familienzeitbonusgesetzes gelten, können für betroffene Personen finanzielle Nachteile entstehen. Sie haben laut Erläuterungen kein Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld und auf Familienzeitbonus, sofern im relevanten Zeitraum von 182 Tagen vor der Geburt zusätzlich zu den erforderlichen Zeiten der Ausübung einer "echten" Erwerbstätigkeit für die Dauer von mehr als 14 Tagen ein Präsenz- oder Ausbildungsdienst absolviert wurde.

Um Eltern in diesen Fällen oder bei Inanspruchnahme des "Elternmonats" dennoch eine finanzielle Unterstützung zu zukommen zu lassen, soll der/die Verteidigungsminister:in einen finanziellen Ausgleich leisten können. Laut Erläuterungen soll sich dieser in aller Regel an der Differenz zwischen dem Betrag orientieren, den diese Person während des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes erhalten hat, und jenem, den sie ohne diese Dienste erhalten hätte. Zur Verwaltungsvereinfachung könne die Höhe auch durch Festsetzung von Pauschalbeträgen geregelt werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung eines Härteausgleiches ist nicht vorgesehen. Der Ausgleichbetrag soll vielmehr nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles geleistet werden können.

Neue Tapferkeitsmedaille soll herausragende Leistungen in Einsätzen sichtbar machen

Für die Würdigung von Leistungen bei Einsätzen des Bundesheeres ist in erster Linie die Einsatzmedaille vorgesehen. Für besondere Tapferkeit während der Einsätze besteht derzeit keine eigene Auszeichnung. Daher soll mit dem WRÄG 2024 eine neue Tapferkeitsmedaille geschaffen werden, die zur Sichtbarmachung der Anerkennung jener Leistungen dienen, die "weit über das gewöhnliche Maß der Tapferkeit hinausgehen" und typischerweise mit einer außergewöhnlichen Gefährdung für die eigene körperliche Unversehrtheit bei Kampfhandlungen oder unter Gewalteinwirkung verbunden sind, wie es darin heißt.  

Eine außergewöhnliche Gefährdung im Sinne des WRÄG 2024 liegt dann vor, wenn Personen einem besonders hohen Risiko und einer ernsthaften Bedrohung an Leib und Leben ausgesetzt sind. Beispielhaft genannt werden etwa Spezialeinsätzen für die Befreiung von Geiseln, Entminungseinsätze in explosiven Gefahrensituationen, militärische Kampfhandlungen oder unmittelbare Abwehrmaßnahmen eines Terroranschlags. Unter Gewalteinwirkung stehen laut Erläuterungen Personen, wenn sie direkter physischer Gewalt ausgesetzt oder wenn sie gezwungen sind, Gewalt anzuwenden, um sich oder andere zu verteidigen. Die in Frage kommenden Personen sollen sich in all diesen Situationen durch mutiges, initiatives und selbstloses Handeln, bei der Erfüllung des Einsatzzweckes oder zur Rettung von Menschenleben auszeichnen.  

Vorgesehen ist auch die Möglichkeit einer rückwirkenden Verleihung der Tapferkeitsmedaille bis zum 1. August 2015. Zu diesem Datum liegt laut Erläuterungen das am weitest zurückliegende auszeichnungswürdige Verhalten vor, das noch nachvollziehbar und für eine Auszeichnung ausreichend dokumentiert ist. Angelehnt an die Neuregelung zur Tapferkeitsmedaille soll auch die Einsatzmedaille an Zivilbedienstete verliehen werden können. Eine Möglichkeit zu deren rückwirkender Verleihungen erscheint laut Erläuterungen nicht sinnvoll, da zu möglichen Anlassfällen bisher keine Aufzeichnungen geführt worden seien.

Klarstellungen beim "KlimaTicket Ö Bundesheer"

Mit dem "KlimaTicket Ö Bundesheer" wurde eine bundesweit gültige Netzkarte eingeführt, die Anspruchsberechtigten zur Verfügung gestellt wurde, um damit die Ansprüche auf Fahrtkostenvergütung und Freifahrt abzugelten. Mit der Novelle soll im Sinne der Rechtssicherheit ausdrücklich klargestellt werden, dass die Betreffenden im Zeitraum der freiwilligen Inanspruchnahme keine Ansprüche auf Fahrtkostenvergütung und Freifahrt geltend machen können. Jene, die sich gegen das Klimaticket entscheiden, soll weiterhin Fahrkostenersatz und Freifahrt zustehen. Dies soll ebenso für Anspruchsberechtigte gelten, die in Gebieten leben, die nicht oder nur ungenügend mit öffentlichen Verkehrsmitteln versorgt sind.

Verwaltungsvereinfachungen beim Wechsel von Präsenzdienstarten, Dienstfreistellungen und Auslandseinsätzen

In Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erfolgte zum ersten Mal in der Zweiten Republik die Heranziehung von Wehrpflichtigen des Milizstandes zum Einsatzpräsenzdienst. Im Zuge dessen habe sich gezeigt, dass der Wechsel zwischen den Präsenzdienstarten zum Teil mit einem erheblichen Verwaltungsaufwand verbunden gewesen sei, wenn die betreffenden zu diesem Zeitpunkt etwa bereits einen anderen Wehrdienst leisteten oder in Besitz eines entsprechenden Einberufungsbefehls waren. Dabei sei es zunächst erforderlich gewesen, die betreffenden Wehrpflichtigen mittels Bescheid von diesen Verpflichtungen zu entbinden, um sie in einem weiteren Schritt – ebenfalls mit Bescheid – zum Einsatzpräsenzdienst einzuberufen.

Mit dem WRÄG 2024 soll für die Betreffenden bei Antritt des Einsatzpräsenzdienstes die Beendigung eines allfällig laufenden Funktionsdienstes, einer freiwilligen Waffenübung, Milizübung oder außerordentlichen Übung bzw. die Unwirksamkeit eines bereits zugestellten Einberufungsbefehles bewirkt werden. Eine Entlassung aus diesen Präsenzdiensten bzw. eine Aufhebung des jeweiligen Einberufungsbefehles wäre dann nicht mehr erforderlich. Diese Regelung soll jedoch ausdrücklich nur auf Übungen und Funktionsdienste angewendet werden. Für längerfristig angelegte Wehrdienstleistungen (insbesondere Grundwehrdienst, Ausbildungsdienst und Wehrdienst als Zeitsoldat) soll nach wie vor im Einzelfall entschieden werden, ob auch diese Wehrdienstleistungen vorzeitig beendet, oder ob diese Soldat:innen im Rahmen ihres jeweiligen Wehrdienstes zum Einsatz herangezogen werden sollen.

Weiters habe sich im Rahmen der Pandemie gezeigt, dass es zu erheblichen Unterschieden hinsichtlich des Anspruchs auf Dienstfreistellung kam. So wurde laut Erläuterungen erkennbar, dass zwar Aufschubpräsenzdienstleistende (Soldaten, deren Grundwehrdienst aufgrund der Pandemie verlängert wurde) einen gesetzlichen Anspruch auf Dienstfreistellung haben, nicht jedoch Wehrpflichtige, die zum Einsatzpräsenzdienst herangezogen werden. Durch die Novelle sollen die Voraussetzungen für Dienstfreistellungen harmonisiert und für alle Präsenzdienstarten einheitlicher gestaltet werden.

Im Sinne der Verwaltungsvereinfachung soll zudem im Wehr- und im Auslandseinsatzgesetz die Übermittlung von personenbezogenen Daten an ausländische öffentliche Dienststellen oder internationale Organisationen oder sonstige zwischenstaatliche Einrichtungen eingeführt werden, soweit die Erfüllung der jeweiligen Aufgaben im Ausland dies erfordert. Zudem ist im Auslandseinsatzgesetz eine Vereinfachung der Berechnung des Grundbetrags der Bezüge vorgesehen.

Weitere Neuregelungen

Da es für Vertragsbedienstete des Bundes derzeit an einer ausdrücklichen Regelung bezüglich des Übergangs in den Miliz- und in den Reservestand fehlt, soll deren ausdrückliche Erwähnung eine Klarstellung der Rechtslage bringen. Weiters enthält das WRÄG 2024 Adaptierungen bezüglich der Milizübungspflicht. Deren Dauer soll im Sinne der Einheit der Rechtsordnung an jene der Wehrpflicht angepasst werden.

Außerdem ist eine Änderung des Heeresdisziplinargesetzes vorgesehen, durch die die Höhe des Kostenbeitrags bei Disziplinarverfahren valorisiert werden soll. Die bisherige Höchstgrenze von 360 € hat sich laut Erläuterungen aus der Umrechnung des 1985 festgelegten Betrags von 5.000 Schilling ergeben. Diese soll nun auf 500 € angepasst werden, "um der Kostenwahrheit näher zu kommen". Weitere Neuregelungen im WRÄG 2023 betreffen vor allem redaktionelle Anpassungen. (Schluss) wit