Parlamentskorrespondenz Nr. 636 vom 14.06.2024
Neu im Justizausschuss
Wien (PK) – Zur Umsetzung der EU-Verbandsklagen-Richtlinie sieht ein Gesetzentwurf aus dem Justizministerium die Möglichkeit von Verbandsklagen vor. Verbraucherschutzeinrichtungen sollen im kollektiven Interesse von mindestens 50 Verbraucher:innen künftig Unternehmen auf Abhilfe, also etwa auf Schadenersatz, klagen können (2602 d.B.). Verbraucher:innen und Verbraucher, die von einem Unternehmen geschädigt wurden, sollen künftig nicht mehr nur von Unterlassungsentscheidungen durch Verbraucherschutzeinrichtungen profitieren, sondern durch die Verbandsklage unmittelbar Abhilfe bzw. Leistungsansprüche erreichen können, so die Erläuterungen. Der Beitritt zu einer Verbandsklage soll nach den Vorstellungen der Richtlinie einen geringeren finanziellen Aufwand für sie verursachen als die Klagsführung als Einzelklägerin oder Einzelkläger.
Qualifizierte Einrichtungen für Verbraucherschutz
Als qualifizierte Einrichtungen, die Verbandsklagen durchführen können, werden im Gesetz die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundesarbeiterkammer, der Landarbeiterkammertag, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Verein für Konsumenteninformation und der Österreichische Seniorenrat angeführt. Weitere Organisationen können unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag an den Bundeskartellanwalt stellen, als solche Einrichtung qualifiziert zu werden. Zu den Voraussetzungen dafür zählt beispielsweise, dass sie bereits vor der Antragstellung zwölf Monate zum Schutz der Verbraucherinteressen tätig gewesen sein muss und "ein legitimes Interesse" am Schutz der Verbraucherinteressen hat.
Zuständigkeit für Verbandsklagen beim Handelsgericht Wien
In erster Instanz soll für alle Verbandsklagen ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstands ausschließlich das Handelsgericht Wien zuständig sein. Die im Entwurf ebenfalls vorgeschlagene Verbandsklage auf Unterlassung soll den bereits vorhandenen Rechtsschutz durch Verbandsklagen unberührt lassen. Dazu soll aber ein paralleler Rechtsschutzweg ermöglicht werden, der den qualifizierten Einrichtungen die Wahl lässt, nach welchen Bestimmungen sie eine allfällige Klage erheben wollen.
Drittfinanzierung ausdrücklich ermöglicht
Ausdrücklich ermöglicht wird außerdem die Drittfinanzierung von Verbandsklagen auf Abhilfe, wobei die Ausgestaltung von Verträgen über eine Drittfinanzierung laut Erläuterungen bewusst einer privatautonomen Regelung überlassen wird. Wichtig sei aber, dass sichergestellt wird, dass die Einflussnahme des Drittfinanzierers nicht über das aus der Drittfinanzierung heraus resultierende finanzielle Interesse hinausgeht. Der Schutz der kollektiven Interessen der dem Verfahren Beitretenden dürfe nicht aus dem Fokus geraten.
Eine etwaige Beitrittsgebühr zum Verfahren seitens der Verbraucherschutzeinrichtung soll außerdem nicht höher als 20 % der geltend gemachten Anspruchssumme des jeweils Beitretenden sein und darf den Betrag von 250 € nicht überschreiten, so die Erläuterungen. (Schluss) mbu