Parlamentskorrespondenz Nr. 654 vom 17.06.2024

Neu im Verkehrsausschuss

Wien (PK) – Die Bundesregierung hat eine umfangreiche Novelle zum Eisenbahngesetz (EisbG) vorgelegt (2603 d.B.). Mit den Gesetzesänderungen sollen laut dem Verkehrsministerium verschiedene notwendige Vereinfachungen und Klärungen in Zuständigkeitsfragen erfolgen. Übergeordnete Ziele, die mit der Novelle erreicht werden sollen, sind die optimale Nutzung der Kapazitäten der österreichischen Eisenbahninfrastruktur. Damit soll im Fall einer hohen Auslastung der österreichischen Eisenbahninfrastruktur, die sich etwa aufgrund von Streckensperren im Ausland ergeben kann, schneller und gezielter gehandelt werden können. Zweitens soll der integrale Taktfahrplan abgesichert werden, insbesondere in Hinblick auf Seitenstrecken.

Die in der Novelle festgehalten Maßnahmen wurden laut den Erläuterungen zur Novelle 2023 in mehreren Arbeitsgruppensitzungen im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie fachlich diskutiert. An den Arbeitsgruppensitzungen nahmen Vertreter:innen des Ministeriums, der Bundesländer, der Sozialpartner, des Österreichischen Gemeindebundes, der Schienen-Control GmbH, des Verbandes der Bahnindustrie und einiger Eisenbahnunternehmen teil.

Vorbereitung auf längere Streckensperren in Deutschland und Absicherung des Taktfahrplans

In der Frage der optimalen Nutzung der Eisenbahninfrastruktur soll die Einführung eines Kapazitätsmodells Abhilfe schaffen. Vorgesehen ist, dass Fahrwegskapazitätsbegehren, die mit den systematisierten Fahrwegkapazitäten in Einklang stehen, bei der Zuweisung vorrangig berücksichtigt werden, wenn damit sichergestellt werden kann, dass Konflikte zwischen Bestellungen gelöst bzw. Kapazitäten möglichst effektiv genutzt werden können.

Die Bundesregierung sieht dringenden Handlungsbedarf in diesem Sinne vor allem aufgrund von mehrmonatigen Streckensperren durch den deutschen Eisenbahninfrastrukturbetreiber (DB InfraGO), die für die Jahre 2026 und 2027 angekündigt sind. Die Sperren sollen abwechselnd die aus österreichischer Sicht höchst kritischen Streckenabschnitte Passau – Obertraubling und Regensburg – Nürnberg sowie Freilassing – Rosenheim und Rosenheim – München betreffen. Österreich könne diese nicht unmittelbar beeinflussen, zu erwarten sei jedoch, dass innerhalb des österreichischen Streckennetzes die zu den jeweils benachbarten Grenzübergängen führenden Strecken hoch ausgelastet sein werden, während Kapazität der Strecken zu und von den von der jeweiligen Sperre betroffenen Grenzübergängen nicht genutzt werden können. Daher gelte es, die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten und auch weiterhin qualitative und verlässliche Schienenverkehre zur Verfügung stellen zu können.

Weiters wird laut den Erläuterungen angestrebt, die Anschlüsse in Knotenbahnhöfen und damit den integralen Taktfahrplan zuverlässiger im jeweiligen Jahresfahrplan umzusetzen. Das gelte insbesondere dann, wenn die für die Anschlüsse erforderlichen Fahrplantrassen von Trassenkonflikten betroffen seien, also wenn Unvereinbarkeiten zwischen verschiedenen Begehren von Fahrwegkapazitätsberechtigten auf Zuweisung von Fahrwegkapazitäten auftreten. Bereits vorhandene Regelungen zum Schutz des integralen Taktfahrplans hätten sich nämlich in der Vergangenheit als weitgehend unwirksam erwiesen.

Eine wirksamere Absicherung des integralen Taktfahrplans im Trassenzuweisungsprozess erachtet die Bundesregierung auch deshalb als dringlich, weil mit dem fortschreitenden Ausbau der Südachse – vor allem mit der Inbetriebnahme der Koralmbahn mit Dezember 2025 und des Semmeringbasistunnels voraussichtlich mit Dezember 2030 - auch diese Route für den Markteintritt weiterer Eisenbahnverkehrsunternehmen interessant werde ("Open Access"-Verkehre ohne gemeinwirtschaftliche Beauftragung). Nachdem die Südachse im Gegensatz zur Westachse weiterhin überwiegend zweigleisig bleibe, sei hier mit wesentlich gravierenderen Trassenkonflikten zu rechnen als entlang der Westachse, wo bisher nur vereinzelt Anschlussverbindungen aufgrund von Trassenkonflikten verloren gegangen sind.

Ohne eine entsprechende Regelung, die den Markteintritt weiterer Eisenbahnverkehrsunternehmen ermögliche, aber soweit strukturierend eingreife, dass die systematischen Anschlüsse des integralen Taktfahrplans gewahrt bleiben, bestehe die Gefahr, dass die großen Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur der Südstrecke nicht ihren vollen Nutzen entfalten, insbesondere für die Städte und Regionen an den Seitenstrecken.

Klärung von Zuständigkeiten und Verfahrenserleichterungen

Eine Reihe von Punkten der Novelle betreffen Zuständigkeiten in Zusammenhang mit dem Erwerb und dem Betrieb von Eisenbahnen, Bahninfrastruktur und Schienenfahrzeugen.

So soll etwa eine Konzentration der Zuständigkeiten für Konzessionsangelegenheiten für den Bau und Betrieb von bundesländerüberschreitenden Straßenbahnen bei dem sachlich zuständigen Landeshauptmann/der Landeshauptfrau jenes Bundeslandes, in dem der Sitz des Straßenbahnunternehmens ist, erfolgen. Analoge Regelungen sollen für die Zuständigkeit in Angelegenheiten der Bauartgenehmigung für Schienenfahrzeuge und für Angelegenheiten der Bauartgenehmigung für eisenbahnsicherungstechnische Einrichtungen geschaffen werden. Vereinfachungen soll es durch das Wegfallen spezieller Zuständigkeitsregelungen, etwa bei der Durchführung von Auflassungsverfahren geben.

Der Verkehrssicherheit soll die Verbesserung des Kostenteilungsverfahrens betreffend Eisenbahnkreuzungen und -sicherungen dienen.

Auf Verfahrenserleichterung zielt der Entfall der Prüfung der Konzessionsvoraussetzungen im Falle des Erwerbs einer öffentlichen Eisenbahn ab. Weiters ist Genehmigungsfreiheit beim Erwerb nicht-öffentlicher Eisenbahnen vorgesehen.

Markteintrittsbarrieren sollen dadurch fallen, dass die Verpflichtung zur Bestellung eines Betriebsleiters für solche Eisenbahnunternehmen, die über ein Sicherheitsmanagementsystem verfügen, entfällt.

Erleichterungen soll es auch im Bauartgenehmigungsverfahren für inländische, gebrauchte Schienenfahrzeuge geben. Anstelle des Nachweises des Standes der Technik im Bauartgenehmigungsverfahren können auch Vorkehrungen nachgewiesen werden, bei deren Einhaltung die Sicherheit des Schienenfahrzeugeinsatzes gewährleistet ist. Zudem soll keine ergänzende Bauartgenehmigung für Fahrten bauartgenehmigter Schienenfahrzeuge für Anschlussbahnen zur Wagenübernahme und -übergabestelle, die sich auf einer anderen Eisenbahn befindet, erforderlich sein. (Schluss) sox