Parlamentskorrespondenz Nr. 702 vom 21.06.2024

Neu im Gesundheitsausschuss

Wien (PK) – Mit der von ÖVP und Grünen in Form eines Initiativantrags eingebrachten umfassenden Novelle des Tierschutzgesetzes soll vor allem das seit langem geforderte Qualzuchtverbot im Heimtierbereich umgesetzt werden. Überdies wird ein verpflichtender Sachkundenachweis für die Haltung von Hunden, Amphibien, Reptilien und Papageienvögeln verankert. Ab 1. Juli 2026 ist dieser durch die Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten (je 60 Minuten) verpflichtend nachzuweisen (4117/A).

Qualzucht: Verbot der Weitergabe, des Erwerbs, des Imports sowie der Präsentation bestimmter Tiere

Wer künftig wissentlich oder fahrlässig kranke Tiere züchtet, soll zur Verantwortung gezogen werden. Daher wird im Gesetz klargestellt, dass nur Tiere ohne Qualzuchtsymptome oder äußerlich erkennbare Qualzuchtmerkmale importiert, erworben, vermittelt oder weitergegeben werden dürfen. Dies gilt auch für Tiere, an denen Eingriffe vorgenommen wurden, die in Österreich verboten sind. In beiden Fällen gilt auch ein Verbot des Ausstellens und Präsentierens von diesen Tieren sowie deren Abbildung zu Werbezwecken. Bei Übertretungen finden die schon bisher im Gesetz festgelegten Strafbestimmungen Anwendung, wobei Geldstrafen von bis zu 7.500 € bzw. 15.000 € im Wiederholungsfall drohen. Von den - zum Großteil ab 1. Jänner 2025 in Kraft tretenden -Regelungen ausgenommen sind nur landwirtschaftliche Nutztiere.

Verantwortung der Züchter:innen und Maßnahmen zur Umsetzung des Qualzuchtverbots

Grundsätzlich wird im Gesetz die Verantwortlichkeit der Züchter:innen für die Vermeidung von Qualzucht festgeschrieben und der Weg zur Erfüllung der Anforderungen aufgezeigt. So dürfen etwa nur gesunde Tiere zur Zucht eingesetzt werden. Bei Hunden, Katzen und Tieren mit speziellen Merkmalen, bei denen besondere Maßnahmen zur Verhinderung der Qualzucht erforderlich sind, muss zudem ein Programm oder zumindest eine Dokumentation über tierärztliche diagnostische Untersuchungen und über die Abklärung von Risikofaktoren vorliegen. Nähere Bestimmungen über die von den Züchter:innen zu führenden Dokumentationen sollen im Rahmen einer Verordnung festgelegt werden, wobei es dabei insbesondere um eine Buchführung über Zu- und Verkauf von Zuchttieren, Verpaarungen, Anzahl der Würfe, Aborte und Totgeburten sowie sonstige Besonderheiten geht. 

Eine neu einzurichtende wissenschaftliche Kommission, die unter anderem mit Expert:innen aus den Gebieten der Veterinärmedizin, der Genetik und der Ethik besetzt sein wird, soll den zuständigen Minister beraten und die Programme zur Vermeidung von Qualzucht beurteilen. Nach Anhörung der Kommission kann der Ressortchef per Verordnung etwa besonders mit Qualzuchtsymptomen belastete Rassen auch ganz von der Zucht ausschließen. Generell legt er auf Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse den Rahmen fest, der die Zuweisung von Qualzuchtsymptomen und –merkmalen zu passenden Diagnosen und deren Interpretationen ermöglicht.

Das Verbot der Verbringung von Hunden ins Ausland zur Vornahme von in Österreich verbotenen Eingriffen wird auf alle Tiere (ausgenommen landwirtschaftliche Nutztiere) ausgeweitet.

Strafbar soll auch sein, wer Tiere vor dem artspezifischen Absetzalter vom Muttertier trennt, erwirbt oder durch einen anderen erwerben lässt; dies gilt auch dann, wenn der Erwerb im Ausland erfolgt. Auch diese Bestimmung zielt darauf ab, den illegalen Handel mit Tieren zu erschweren.

Bei der Haltung von Tieren zur Zucht bedarf es nach Überschreitung bestimmter Grenzwerte, die im Gesetz genau angeführt werden, einer Bewilligung. Schlagend wird diese Bestimmung etwa dann, wenn jährlich mehr als zwei Würfe Hundewelpen oder drei Würfe Katzenwelpen abgegeben werden. Zur Verhinderung von Qualzucht wird überdies die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, die Zucht zu untersagen und erforderlichenfalls die Kastration konkreter Tiere anzuordnen.

Tierquälerei: Tatbestände werden ausgeweitet

Dem Verbot der Tierquälerei sollen weitere Tatbestände angefügt werden, und zwar insbesondere bei Vögeln und Reptilien vorkommende Symptome. So wird etwa bei Vögeln das teilweise Fehlen des Federkleides nur bis zu einer Obergrenze von 10 % toleriert. Auch stark verlängerte Federn, welche die Haltung, Körperpflege, die Bewegung oder die Sicht beeinflussen, fallen unter den neuen Tatbestand. Bei Reptilien wird generell eine Reduktion der Beschuppung als qualzuchtrelevant eingestuft.

Um Schmerzen, Leiden oder Schäden bei der Verwendung von Halsbändern oder sonstigen Geräten zu vermeiden, soll die aktuelle Rechtslage verschärft werden. In Hinkunft dürfen keine Halsbänder oder sonstige Vorrichtungen zur Fixation mit einem Zugmechanismus verwendet werden, welche keine Stoppfunktion aufweisen, sodass durch das Zusammenziehen das Atmen des Hundes erschwert werden kann. Hinzu kommt noch das Verbot von Vorrichtungen zur Bewegungseinschränkung, wenn diese physiologische Abläufe, beispielsweise das Hecheln oder die Wasseraufnahme, verhindern. Ausnahmen gibt es nur für den für den Einsatz von Gegenständen für sicherheitspolizeiliche Maßnahmen (z.B. Einfangen eines herrenlosen Tieres oder die kurzfristige Fixierung eines gefährlichen Tieres), für Diensthunde und die Verwendung solcher Gegenstände durch Tierärzt:innen.

Klargestellt wird zudem, dass das Kürzen von Vibrissen (Tasthaaren) nur aus rein ästhetischen oder kommerziellen Gründen untersagt ist, da dieser Eingriff bei gewissen Fellstrukturen aus hygienischen Gründen unvermeidbar sein kann. Die gänzliche Entfernung ist generell verboten.

Theoretischer Sachkundenachweis soll tierschutzkonforme Haltung garantieren und Spontankäufe verhindern

Um sicherzustellen, dass es zu keinen unüberlegten Anschaffungen kommt und der Halter bzw. die Halterin sich auch seriös und unter fachlicher Anleitung mit den Bedürfnissen des Tieres auseinandersetzt, wird in Hinkunft ein Sachkundenachweis verlangt. Ab 1. Juli 2026 müssen daher Personen, welche die Haltung von Hunden, Reptilien, Amphibien oder Papageienvögeln – mit Ausnahme der Unzertrennlichen, der Plattschweifsittiche, der Wellensittiche und der Nymphensittiche – anstreben, einen Nachweis allgemeiner Sachkunde durch Absolvierung eines Kurses im Ausmaß von mindestens vier Unterrichtseinheiten zu je 60 Minuten vorweisen. Zusätzlich müssen Halter:innen von mindestens sechs Monate alten Hunden innerhalb von einem Jahr eine zweistündige Praxiseinheit mit dem jeweiligen Tier absolvieren. Die dazu erforderlichen Kurse sind in dem Bundesland, in welchem die Tierhaltung erfolgen soll, zu absolvieren. Diese gelten aber bundesweit.

Generell verboten wird die Haltung von Kamelen und Büffeln in Zirkussen.

Strengere Vorgaben bei Ausbildung von Hunden

Während bei der tierschutzrelevanten Ausbildung von Diensthunden der Bund die Möglichkeit hat, sowohl Tiere als auch Hundeführ:innen und Trainer:innen auf ihre physische und psychische Eignung zu prüfen, sei das im privaten Bereich derzeit nicht möglich, heißt in der Begründung des Antrags. Mit der vorliegenden Gesetzesänderung soll der Bundesminister per Verordnung nähere Bestimmungen über die Ausbildung und das Verhaltenstraining von Hunden festlegen oder bestimmte Ausbildungen auch verbieten können. Weiters können für Personen, die Hunde ausbilden oder die mit ihren Hunden an Ausbildungen teilnehmen, besondere Befähigungsnachweise vorgeschrieben werden.

Aufnahme von weiteren Informationen in die Datenbank

Die Datenbank, in denen bisher die mittels Mikrochip gekennzeichneten Hunde und Zuchtkatzen registriert wurden, soll nun erweitert werden. Neu aufgenommen werden unter anderem die Sachkundenachweise sowie nähere Angaben zu den Züchter:innen. Dies soll in erster Linie der Kontrolle der Einhaltung der Tierschutzbestimmungen bei der Zucht dienen und gegebenenfalls der Identifizierung von Züchter:innen im Ausland, auf die wiederholt Tierschutzprobleme zurückzuführen seien. Weiters sollen auch die Voraussetzungen für die Löschung des gesamten Stammdatensatzes bei Tod eines Tieres normiert werden.

Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz

Die Fachstelle für tiergerechte Tierhaltung und Tierschutz, die dem Gesundheitsminister untersteht, soll eine klarere Rechtsgrundlage erhalten und wird daher in eine Bundesanstalt öffentlichen Rechts umfunktioniert. Neben den bestehenden Aufgaben soll lediglich die Tätigkeit als Geschäftsstelle der neu zu gründenden Kommission zur Vermeidung von Qualzucht hinzukommen. Daraus resultiert auch die Möglichkeit, gegen angemessenes Entgelt, Tätigkeiten im Auftrag Dritter zu erbringen. (Schluss) sue