Parlamentskorrespondenz Nr. 858 vom 31.07.2024
Schienen-Control GmbH sieht Personenverkehr auf der Schiene weiter auf Wachstumskurs
Wien (PK) – Gegenläufige Entwicklungen auf dem österreichischen Eisenbahnmarkt verzeichnet die Schienen-Control GmbH. Laut ihrem Tätigkeitsbericht 2023 der unabhängigen Regulierungsbehörde für den Eisenbahnbereich, der dem Nationalrat nun vorliegt, setzte sich der positive Wachstumstrend der letzten Jahre im Schienenpersonenverkehr fort (III-1193 d.B. und III-860-BR/2024 d.B.). Im Schienengüterverkehr sank die Menge der beförderten Nettotonnen hingegen um rund 6 %. Die Verkehrsleistung gemessen in Brutto- bzw. Nettotonnenkilometern ging um jeweils etwa 5 % zurück.
Deutlicher Anstieg bei Fahrgästen und zurückgelegten Strecken
Die Zunahme der Fahrgastzahlen im Schienenpersonenverkehr führte 2023 laut der Schienen-Control zu einem neuen Allzeithoch bei den zurückgelegten Personenkilometern. Im Vergleich zum Vorjahr stieg die Anzahl der Fahrgäste um mehr als 12 % an. Im Durchschnitt legte jeder Fahrgast 44,3 km zurück, was laut der Schienen-Control ebenfalls einen Rekordwert darstellt. Dieser Anstieg sei unter anderem durch hohe Treibstoffpreise, erweiterte Parkraumbewirtschaftung in den Ballungszentren und die Einführung des Klimatickets begünstigt worden, hält der Bericht fest.
Ein maßgeblicher Faktor war laut der Schienen-Control auch die Ausweitung des Fernverkehrsangebots. Dazu zählt etwa das erweiterte Angebot der Westbahn zwischen Wien und Tirol, einschließlich der Verlängerung nach Bregenz seit Dezember 2023. Auch die ÖBB-Personenverkehr AG habe ihre Fernverkehrsverbindungen zwischen den österreichischen Ballungszentren verstärkt. Im Nahverkehr seien in fast allen Bundesländern Verbesserungen umgesetzt worden, wie dichtere Zugintervalle, längere Betriebszeiten und zusätzliche Verbindungen an Wochenenden. Insgesamt hätten diese Maßnahmen ein Rekordangebot von über 132 Mio. Personenzugkilometern österreichweit bewirkt, teilt der Bericht mit.
Mehrere Eisenbahnverkehrsunternehmen informierten die Schienen-Control Kommission über geplante neue Personenverkehrsdienste. Gemeldet wurden zusätzliche Verbindungen auf den Strecken Wien–Innsbruck, Wien–Bucuresti/Timișoara, Budapest–Nürnberg, Innsbruck–München, Wien–Bregenz, Wien–Stuttgart, München–Bologna, Wien–Brno, Hegyeshalom–Passau und Wien–Hegyeshalom.
Güterverkehr ging aufgrund der wirtschaftlichen Lage zurück
Im Schienengüterverkehr zeigen die Marktdaten einen Rückgang sowohl bei den gefahrenen Netto- als auch Bruttotonnenkilometern (um 5,2 bzw. 5,0 %). Die beförderten Nettotonnen verringerten sich ebenfalls um 6,7 %. Der Bericht führt das hauptsächlich auf die schwierige wirtschaftliche Lage, die gesunkene Industrieproduktion, hohe Energiepreise und Streckensperrungen aufgrund von Baustellen zurück.
Den größten Marktanteil bei den Nettotonnenkilometern nach Unternehmensgruppen hielt 2023 die Rail Cargo Austria des ÖBB-Konzerns mit 57,6 %. Das entspricht einem Rückgang von 3,2 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Die zweitgrößte Gruppe bildeten Bahnen in Privateigentum wie Lokomotion, Ecco-Rail und CargoServ mit einem Marktanteil von 25,8 %.
88 Eisenbahnunternehmen in Österreich
Ende 2023 waren 88 Eisenbahnunternehmen in Österreich tätig, ist dem Bericht der Schienen-Control zu entnehmen. Gegenüber 2022 sind die deutschen Güterverkehrsunternehmen BUDAMAR West, Retrack, smart rail traction und TrainLog sowie das österreichische Unternehmen Graf Railservice hinzugekommen. Mit der Schiene Oberösterreich kam zudem ein neuer Infrastrukturbetreiber hinzu. Seit dem Fahrplanwechsel 2023 haben das belgische Eisenbahnunternehmen Lineas und das österreichische Unternehmen twentyone keinen gültigen Vertrag zur Infrastrukturnutzung mehr in Österreich. Über Grampetcargo Austria wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet, die schweizerische Transalpin Eisenbahn wurde liquidiert.
Insgesamt waren im Berichtsjahr 66 Unternehmen berechtigt, Züge im ÖBB-Netz zu führen. Vier davon gehören zum ÖBB-Konzern, zehn weitere sind aufgrund von direkten oder indirekten Beteiligungen überwiegend in der Hand ausländischer Incumbents, d.h. marktbeherrschenden Unternehmen. 41 Unternehmen befinden sich in Privateigentum mit Anteilen von 50 %, die restlichen elf sind mehrheitlich im Besitz öffentlicher Institutionen.
In einer Umfrage, die von der Schienen-Control durchgeführt wurde, sei der Eisenbahnverkehrsmarkt in Österreich von den Marktteilnehmern insgesamt positiv bewertet worden, hält der Bericht fest. Positiv beurteilt wurden demnach vor allem Schulungseinrichtungen, Trassenvergabe und Sprachkompetenz des Eisenbahnpersonals. Als Bereiche, in denen Verbesserungsbedarf bestehe, nannten die befragten Unternehmen die Konkurrenz durch andere Verkehrsträger, uneinheitliche EU-Regelungen zur Sicherheitsbescheinigung und behördliche Auflagen im Personalbereich. Der Inlandsmarkt wurde zudem besser als der Markt im Ausland bewertet.
Aktuelle Schwerpunkte in der Arbeit der Schienen-Control Kommission
Im November 2023 wurden die Eisenbahnverkehrsunternehmen von der Eisenbahninfrastrukturbetreiberin über Änderungen der Schienennetz-Nutzungsbedingungen (SNNB) für 2024 informiert. Eine der Änderungen betraf die obligatorische Einmeldung von Zugdaten. Vorgesehen war, dass die bisherige manuelle Erfassung von Zugdaten im EDV-System durch Übermittlung per E-Mail im Güterverkehr, nur mehr bis Ende März 2024 zur Verfügung stehen sollte. Im Personenverkehr sollte sie noch für die gesamte Netzfahrplanperiode angeboten werden. Nachdem fünf Güterverkehrsunternehmen Beschwerden an die Schienen-Control Kommission gerichtet hatten, erklärte sich die Betreiberin bereit, die Einmeldung per E-Mail für den Güterverkehr bis zum Fahrplanwechsel 2024 aufrechtzuerhalten. Die Beschwerdeverfahren wurden daraufhin eingestellt, teilt die Schienen-Control mit.
Die Schienen-Control Kommission hat außerdem ein Wettbewerbsüberwachungsverfahren betreffend die veröffentlichten Netzentgelte für die Durchleitung von Bahnstrom für die Jahre 2021, 2022 und 2023 und 2024 eingeleitet. Im Rahmen dieser Verfahren überprüfe sie die durch den Infrastrukturbetreiber festgesetzten Tarife, teilt die Kommission mit.
Die Schienen-Control Kommission führt laut dem Bericht auch mehrere Verfahren durch, die die Genehmigung von Aufschlägen zum Wegeentgelt betreffen. Sofern die Wegeentgelte und die sonstigen Erlöse aus dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur nicht ausreichen, um eine volle Deckung der Kosten zu erreichen, kann das Eisenbahninfrastrukturunternehmen Aufschläge verrechnen. Für eine Genehmigung der Aufschläge müssen bestimmte Voraussetzungen auf dem Eisenbahnmarkt gegeben sein, deren Erfüllung von der Schienen-Control Kommission geprüft wird.
Eine 2023 eingebrachte Beschwerde eines Eisenbahnverkehrsunternehmens betreffend einen Trassenkonflikt konnte in mündlicher Verhandlung vor der Schienen-Control Kommission und nachfolgenden Gesprächen mit einer für das Unternehmen akzeptablen Zugtrasse gelöst werden.
Weitere Verfahren umfassten unter anderem Beschwerden zum Produkt infraDOAS (DOAS = Driver Operational Assistant System), eine digitale Visualisierungsapplikation zur Darstellung von zugfahrtrelevanten Informationen. Weitere Themen waren die Bereitstellungsgebühr eines Terminals, die Information von Reisenden an Personenbahnhöfen, die Regelung eines Streitfalls zu Schienennetz-Nutzungsbedingungen sowie Vorrangregelungen. Im Jahr 2023 gab es laut Tätigkeitsbericht zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) zu zwei Verfahren der Schienen-Control Kommission und eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) zu einen Verfahren. (Schluss) sox