Parlamentskorrespondenz Nr. 875 vom 20.08.2024

Fachkräftemangel durch Lehrstellenförderung eindämmen

Wien (PK) – Den langjährigen Rückgang an Lehrlingen in Österreich, speziell im Tourismus, thematisiert ein aktueller Bericht des Wirtschaftsministeriums zur Jugendbeschäftigung und Lehrlingsausbildung (III-1189 d.B.). Dem zufolge lag zwar die Zahl von Lehrlingen insgesamt Ende 2023 leicht über dem entsprechenden Wert aus 2019. In der Lehrberufsgruppe "Tourismus/Gastgewerbe/Hotellerie" seien jedoch im Vorjahr trotz einer 3,5 %-Steigerung im Vergleich zu 2022 nur noch 7.189 Personen beschäftigt gewesen – weniger als halb so viel wie 2008 (14.755). Laut Ministerium zeigte sich damit im Tourismusbereich der stärkste Rückgang an Lehrlingen in den letzten 15 Jahren. Wirtschaftsminister Martin Kocher führt dies nicht zuletzt auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie zurück. Angesichts der sinkenden Zahl an Lehrbetrieben und der erwarteten Pensionierungswelle in den nächsten Jahren stelle die staatliche Lehrstellenförderung für Betriebe eine wichtige Unterstützung zur Eindämmung des Fachkräftemangels dar, so das Wirtschaftsressort.

Für April/Mai 2023 weist der Bericht einen geschätzten Arbeits- und Fachkräftemangel von rund 210.000 Personen aus. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird von einem Anstieg des Fachkräftebedarfs in den kommenden Jahren ausgegangen.

280 Mio. € Lehrstellenförderung für 2024

2023 wurde bei der Zahl an Lehrbetrieben in Österreich ein neues Langzeittief erreicht, heißt es im Bericht. Von 2022 sei die Anzahl von 27.280 auf 27.083 weiter gesunken. Den größten Rückgang an betrieblichen Lehranbietern beobachtete man in den Sparten "Gewerbe und Handwerk" sowie "Handel". Die betriebliche Lehrstellenförderung zielt darauf ab, die Zahl an Lehrstellen zu erhöhen. Seit 2018 ist dem Bericht zufolge das ausgezahlte Fördervolumen stetig angestiegen, auf 199,1 Mio. € im Jahr 2022. Für 2023 seien hierzu 270 Mio. € vorgesehen, für 2024 280 Mio. €.

Gesamtzahl an Lehrlingen leicht über Vor-Corona-Niveau

Positiv vermerkt wird im Bericht zu "Lehrlingsausbildung und Jugendbeschäftigung 2022 – 2023", dass mit insgesamt 34.082 Lehrlingen im ersten Lehrjahr das Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019 leicht überschritten wurde. Unter den Bundesländern stach 2023 Oberösterreich mit den meisten Lehrlingen (22.521) hervor, allerdings mit einer leichten Abnahme im Vergleich zu 2022 (22.678). Dem gegenüber gab es in Wien den größten Anstieg an Lehrlingen, von 17.697 (2022) auf 18.215 (2023). Bei den neuen Lehrberufen im IT-Bereich stieg die Anzahl von Lehrlingen seit 2017 trotz der Corona-Pandemie ab 2020 bis zum Vorjahr österreichweit kräftig an: von 520 Lehrlingen im 1. Lehrjahr auf 968. 18, 4 % dieser Lehrlinge waren 2023 weiblich.

Der gesamtösterreichische Anteil der Jugendlichen eines Altersjahrgangs, die sich für den Beginn einer Lehrausbildung entscheiden, wird im Bericht anhand vorläufiger Daten für 2023 mit um die 39 % als recht stabil bezeichnet. Allerdings weisen die Berichtsautor:innen auf ein regional ungleich gestaltetes Verhältnis von Arbeitskräfteangebot und Arbeitskräftebedarf hin. So gebe es in den westlichen Bundesländern einen höheren Fachkräftemangel als im Osten Österreichs, obwohl im Westen ein größerer Anteil an Jugendlichen eine Lehre beginne. Den Anteil an Lehrabbrecher:innen weist der Bericht mit zuletzt 19,8 % (Stand 2022) aus.

Ausbildungspflicht und Ausbildungsgarantie

Im Zusammenhang mit der Bildungs- und Ausbildungspolitik für Jugendliche beschreibt das Wirtschaftsministerium die Ausbildungspflicht bis 18 als entscheidende Maßnahme, um Bildungsabbrüche zu vermeiden. Das 2016 in Kraft getretene Ausbildungsgesetz soll weiterführende (Aus)bildungen nach der Pflichtschule sicherstellen und so langfristig negative Folgewirkungen fehlender Bildungsabschlüsse vermeiden helfen. Gemeinsam mit der Ausbildungsgarantie bis 25 werde dadurch dem drohenden Fachkräftemangel in Österreich effektiv entgegengewirkt, verdeutlicht das Ministerium anhand von Daten zur damit verbundenen Corona-Joboffensive für junge Erwachsene.

Demnach betrug bei der Joboffensive der Anteil von Teilnehmenden unter 25 Jahren 29 %; unter Personen mit lediglich Pflichtschulabschluss waren es sogar 43 %. Als arbeitslos galten bei dieser Altersgruppe 10 %. Im internationalen Vergleich lag Österreichs Jugendarbeitslosenquote 2023 mit 10,4% deutlich unter dem Vergleichswert der EU-27-Länder (14,5%). Besorgt zeigt man sich allerdings darüber, dass diese Arbeitslosenquote in den letzten 10 Jahren im Inland nicht gesunken ist – im Gegensatz zur Entwicklung in anderen EU-Ländern.

Große Bedeutung zur Sicherstellung des Arbeitskräfteangebots misst Minister Kocher im Bericht dem dualen Ausbildungssystem bei. Mit dem Ziel, Lehrlinge in ihrem Berufsfeld zu halten, erfolgte 2016 die Einführung von modularen Lehrberufen, bei denen die Auswahl der Hauptlehre erst nach einem zweijährigen Grundmodul vorgesehen ist. Zudem wurden neue Lehrberufsgruppen geschaffen, etwa "Informatik/EDV/Kommunikationstechnik", von der seit 2015 auch die Lehrberufsgruppe Mechatronik umfasst ist. Die Ausbildung zu einem Pflegeassistenzberuf ist seit 2023 ebenfalls im Rahmen einer drei- bis vierjährigen Lehre möglich. Das Durchschnittsalter von Lehrlingen im 1. Lehrjahr betrug im Vorjahr 16,8 Jahre. (Schluss) rei