Parlamentskorrespondenz Nr. 1074 vom 28.11.2024

Kammern haben Werbeausgaben vor Nationalratswahl nicht nach oben geschraubt

Wien (PK) – Im Jahr 2022 hat der Nationalrat erweiterte Transparenzregeln in Bezug auf die Parteienfinanzierung beschlossen, die Anfang 2023 in Kraft getreten sind. Eine der neuen Bestimmungen betrifft berufliche Interessenvertretungen wie Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer oder Ärztekammer: Sie sind nunmehr dazu verpflichtet, sowohl dem Rechnungshof als auch dem für ihre Aufsicht zuständigen Ministerium innerhalb von vier Wochen nach Nationalrats- und EU-Wahlen bekanntzugeben, ob sie in den Wochen vor der Wahl – zwischen Stichtag und Wahltag – zusätzliche Aufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit getätigt haben, und wenn ja, welche. Darunter fallen etwa Ausgaben für Inserate, Plakate, Postwurfsendungen, Radio- und TV-Spots oder Aufwendungen für Wahlveranstaltungen. Hierzu liegen dem Nationalrat nunmehr drei Berichte in Bezug auf die Nationalratswahl 2024 vor. Sie betreffen unter anderem die Wirtschaftskammern und ihre Fachverbände (III-63 d.B.), die Arbeiterkammern (III-66 d.B.) sowie Ärztekammer, Apothekerkammer und Tierärztekammer (III-70 d.B.).

Viele Leermeldungen

Ein Großteil der betroffenen Interessenvertretungen hat Leermeldungen abgegeben. So geben etwa die Bundesarbeiterkammer, die Wirtschaftskammer Österreich, die Apothekerkammer, das Hebammengremium, die Tierärztekammer, die Zahnärztekammer, die Bundeskammer der Ziviltechniker:innen und die Kammer der Steuerberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen an, im betreffenden Zeitraum (9. Juli bis 29. September 2024) keine über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehenden Mehraufwendungen für Öffentlichkeitsarbeit getätigt zu haben. Gleiches gilt für sämtliche Wirtschaftskammern der Bundesländer, die meisten Landes-Arbeiterkammern sowie diverse Fachverbände und Innungen.

Die Ärztekammer Wien hat ihren Angaben zufolge 33.000 € aufgewendet, um ihre eigenen Printmedien in höherer Auflage bzw. höherer Anzahl als in Nichtwahlkampfzeiten zu drucken und zu verbreiten. Insgesamt 14.330 € hat die Arbeiterkammer Wien – davon 3.000 € für Plakate, 3.804 € für verteilte Geschenke, 3.000 € für Online-Werbung und 3.927 € für zusätzlichen Personalaufwand – eingemeldet. Die Arbeiterkammer Burgenland gibt in ihrer Aufstellung 340 € für Folder bzw. Postwurfsendungen, die Arbeiterkammer Vorarlberg 60 € für Online-Werbung an.

Fachverbände und Innungen

Erheblich umfangreicher sind die Berichte der Wirtschaftskammern, da sie auch Meldungen von Innungen und Fachverbänden enthalten. Allerdings wird ausdrücklich angemerkt, dass sich die Meldungen zum Teil auf Gesamtaufwendungen beziehen, da eine Abgrenzung zu gewöhnlichen Aufwendungen oft schwierig sei. So umfasst der Bericht der Wirtschaftskammer Österreich beispielsweise eine 6.096 € teure TikTok-Kampagne der Bundesinnung der Metalltechniker zur Fachkräftesicherung inklusive deren Bewerbung sowie Ausgaben in der Höhe von 3.774 € für zwei Presseaussendungen der Bundesinnung Rauchfangkehrer und Bestatter zum Thema neuer Meistertitel für Bestatter:innen und zur Forderung nach einem Bürokratiestopp. Das Bundesgremium des Fahrzeughandels hat 9.181 € für Inserate und Online-Werbung ausgegeben, der Fachverband der Holzindustrie Österreichs 3.600 € für ein Inserat in einer Fachzeitschrift. Der Fachverband Freizeit- und Sportbetriebe berichtet über eine aus EU-Töpfen finanzierte KRONEHIT-Werbekampagne anlässlich der Europäischen Woche des Sports ohne detaillierte Zahlen.

Ähnliche Meldungen finden sich auch in den Berichten der Wirtschaftskammern der Länder, wobei von den Beträgen her eine Kampagne der niederösterreichischen Fachgruppe Personenberatung & Personenbetreuung zum Thema Personenbetreuung mit Gesamtausgaben von mehr als 157.000 € hervorsticht. Aber auch kleinere Beträge wie Ausgaben des burgenländischen Landesgremiums des Weinhandels in der Höhe von 948 € für Geschenke oder 248 € für Social-Media-Werbung im Rahmen der "Ja zu Tirol"-Kampagne der Tiroler Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe haben Eingang in die Berichte gefunden. Insgesamt sind einige Dutzend Meldungen eingegangen. Ob die Werbeaktivitäten in irgendeinem Zusammenhang mit der Nationalratswahl stehen, lässt sich auf Basis der Berichte nicht eruieren, in einigen Fällen wird dies in den Erläuterungen explizit ausgeschlossen.

Formal vorgelegt wurden die Berichte durch Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher bzw. Gesundheitsminister Johannes Rauch: In ihren Wirkungsbereich fällt die Aufsicht über die genannten Kammern. (Schluss) gs