Parlamentskorrespondenz Nr. 23 vom 28.01.2025
Strategie gegen Antisemitismus: Maßnahmen größtenteils umgesetzt
Wien (PK) – Die meisten Vorhaben der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus ("NAS") – 38 von 41 – wurden inzwischen umgesetzt, berichtet Verfassungsministerin Karoline Edtstadler dem Nationalrat (III-102 d.B.).
Das Bewusstsein für Antisemitismus sei durch die NAS gestärkt, Bildungsinitiativen ins Leben gerufen, Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen verbessert und der Dialog gefördert worden, so die Ministerin. Zugleich versteht sie den Umsetzungsbericht – in einer Zeit, in der antisemitische Tendenzen wieder erstarken - als Weckruf für den fortwährenden Kampf gegen Antisemitismus.
Die Antisemitismus-Meldestelle der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) verzeichnete 2023 insgesamt 1.147 antisemitische Vorfälle in Österreich, im Jahr 2022 waren es 719 Vorfälle. Das bedeutet einen Anstieg um fast 60 % und übertrifft das bisherige Negativrekordjahr 2019 (965 Vorfälle).
Drei Maßnahmen noch in Umsetzung
Laut der Gesamtevaluierung wurden inzwischen 38 der 41 Maßnahmen umgesetzt. Mit der Einrichtung einer Stabstelle für Österreichisch-Jüdisches Kulturerbe im Bundeskanzleramt und der Vorstellung der NAS im Jahr 2021 waren ursprünglich 38 Maßnahmen in sechs verschiedenen Bereichen vorgesehen, die im Laufe der Umsetzung um drei weitere ergänzt wurden. Sie betreffen Integrationsmaßnahmen für Ukraine-Vertriebene, Bildungsangebote für Pädagog:innen und die Vernetzung der Polizei mit der IKG.
Zu den abgeschlossenen Maßnahmen zählen etwa die Novellierung des Verbotsgesetzes oder das Gesetz gegen Hass im Netz, die Einrichtung eines Zentrums für Antisemitismusforschung in der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie weiterführende Forschungs- und Dialogprojekte.
Auch die Parlamentsdirektion setzt vielfältige Initiativen zur Bekämpfung des Antisemitismus. So wird etwa alle zwei Jahre eine Antisemitismus-Studie durchgeführt. Es gibt Sensibilisierungs-Workshops für Jugendliche in der Demokratiewerkstatt, Ausstellungen und regelmäßige Gedenkveranstaltungen sowie die Zusammenarbeit mit der internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem.
Drei Maßnahmen sind laut Umsetzungsbericht langfristig angelegt und befinden sich noch in Umsetzung. Dazu zählt die Etablierung einer Dokumentationsstelle zur Bekämpfung von Antisemitismus unter Einbeziehung der Israelitischen Kultusgemeinde sowie die spezifische Aus- und Fortbildung von Verwaltungs-, Exekutivbediensteten und Lehrpersonal.
Antisemitismus als Querschnittsmaterie
Die NAS wird aufgrund des Bedarfs der laufenden Anpassung an sich verändernde Rahmenbedingungen als "lebendes Dokument" angesehen und beruht auf sechs strategischen Säulen. Eine Säule bilden die Bereiche Bildung, Ausbildung, Forschung, eine weitere Sicherheit und Schutz jüdischer Gemeinschaften und Einrichtungen. Eine weitere strategische Säule ist die Sicherstellung der effektiven Strafverfolgung antisemitischer Vorfälle. Weitere Säulen sind die Herstellung von entsprechenden Rahmenbedingungen zur Bekämpfung von Antisemitismus im Integrationsbereich sowie eine bessere Dokumentation und die Möglichkeit eines europaweiten Datenvergleichs. Die sechste Säule ist der gesellschaftliche Ansatz zur Sicherstellung eines gesamtgesellschaftlichen Wirkens und Austausches der staatlichen und privaten Institutionen zur Verhütung von Antisemitismus in all seinen Formen.
Für den digitalen Bereich wurde die NAS um das "Maßnahmenpaket Antisemitismus Online" ergänzt. Es verstärkt die fortlaufende Bekämpfung von Antisemitismus im Internet um weitere 16 zielgerichtete Maßnahmen, um der Verbreitung antisemitischer Ideologien und Desinformation entgegenzutreten.
Angemerkt wird, dass einige Maßnahmen wohl erst mittel- und langfristig ihre positiven Auswirkungen zeigen werden. Außerdem habe die NAS international große Anerkennung erfahren. Die Anwendung und Weiterentwicklung der Maßnahmen der Nationalen Strategie gegen Antisemitismus soll fortgesetzt werden.
Der Präsident der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich, Oskar Deutsch, erinnert daran, dass der Kampf gegen Antisemitismus ein anhaltender und dauerhafter ist. Obwohl er die NAS-Maßnahmen als große Errungenschaft werte, dürfe man sich nicht auf deren formeller Implementierung ausruhen, meint er. Die Maßnahmen müssten nachhaltig mit Leben gefüllt werden. Jede und jeder einzelne sei gefragt. (Schluss) fan