Parlamentskorrespondenz Nr. 196 vom 26.03.2025
Nationalrat: Verkehrsminister Hanke will "Klarheit und Ruhe" in die Diskussion über den Bau des Lobautunnels bringen
Wien (PK) – Die Grünen bekämpfen weiterhin den Bau des Lobautunnels und befürchten, dass sich der neue Verkehrsminister Peter Hanke – zuvor Mitglied der Wiener Stadtregierung – als "Lobautunnel-Umsetzungsbeauftragter" verstehen könnte. Unter dem Titel "Schützen Sie die Lobau, statt Milliarden für ein fossiles Verkehrsprojekt aus dem vorigen Jahrtausend zu verbrennen, Herr Hanke!" richtete Leonore Gewessler (Grüne) heute im Nationalrat im Rahmen einer Dringlichen Anfrage zahlreiche Fragen an Hanke. Der Bau des Lobautunnels würde bedeuten, die "Zukunft mit Beton zuzuschütten", sagte Gewessler. Denn mehr Straßen würden immer zu mehr Verkehr führen – ein Autobahnprojekt, das weniger Verkehr bringe, gebe es nicht, so Gewessler.
Verkehrsminister Peter Hanke sprach sich für Sachlichkeit statt Emotion in der Debatte über die Lobau aus. Er wolle daher zunächst Klarheit und Ruhe in die Diskussion bringen. Für ihn sei die Verknüpfung aller Verkehrsarten von zentraler Bedeutung. Essentiell sei es, dabei den Umweltschutz mitzudenken. Eine zentrale Rolle würde der Forschung und Entwicklung neuer Technologien zukommen. Denn der Fortschritt im Bereich der umweltfreundlichen Verkehrstechnologien eröffne neue Möglichkeiten, um den CO2-Ausstoß zu minimieren und gleichzeitig Mobilität zu gewährleisten, führte Hanke aus.
Verkehr in Österreich als "zentrales Sorgenkind" im Klimaschutz
In ihrer Anfrage pochte Gewessler auf eine "Abkehr von veralteter Betonpolitik" und betonte, dass Verkehrsinfrastruktur eine zentrale Rolle in der Klimakrise spiele. Denn diese beeinflusse das Mobilitätsverhalten, die Wahl der Verkehrsmittel und damit langfristig die Treibhausgasemissionen. Es wäre eine "kapitale Fehlleistung" Milliardenschulden für ein "klimaschädliches, umweltbelastendes und verkehrsvermehrendes" Projekt mit Wurzeln aus dem letzten Jahrtausend aufzunehmen, heißt es in der Anfrage. Eine milliardenteure Autobahn wie die S 1 Schwechat-Süßenbrunn, bekannt als "Lobau-Autobahn mit Lobautunnel", wäre im Hinblick auf Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz "höchst kontraproduktiv", denn der Verkehr sei in Österreich das "zentrale Sorgenkind" im Klimaschutz. Das Aus für die Lobau-Autobahn würde die Bevölkerung in Wiens 21. und 22. Bezirk vor mehr Verkehrsbelastung und einer neuen Transitachse bewahren, heißt es in der Begründung der Anfrage. Ein Bericht des Umweltbundesamtes empfehle die Streichung des Projekts. Als beste Alternative gelte ein Maßnahmenbündel bestehend aus dem Ausbau der Schieneninfrastruktur für Güterlogistik und Personenmobilität, dem Ausbau des Öffentlichen Verkehrs und der Radinfrastruktur sowie verkehrslenkender Maßnahmen. Zudem sei das Straßenbauprojekt einem Rechtsgutachten zufolge nicht EU-konform, ist in der Begründung der Anfrage zu lesen.
Somit gefährde dieses "aus der Zeit gefallene" Projekt das Klima, bringe mehr Verkehr, koste Milliarden und sei "allergrößte Bodenzerstörung", betonte Gewessler in ihrer Rede im Nationalrat. Sie forderte ein Umdenken, denn eine Autobahn und ein Nationalpark würden "nicht zusammengehen". Aus Verantwortung gegenüber zukünftiger Generationen müsse die Lobau als Erholungsraum mit frischer Luft und wunderbarer Natur erhalten bleiben. Es sei ein Privileg der wunderbaren Stadt Wien, einen Nationalpark vor der Haustür zu haben. Dieser Tunnel sei somit "die schlechteste aller Ideen", kritisierte Gewessler.
Hanke für "integrative" Lösungen
Verkehrsminister Peter Hanke betonte, dass er die Lobau oftmals mit dem Fahrrad besuche. Er kenne daher auch die Menschen, die in dieser Region leben und von dort aus zur Arbeit fahren müssen und dabei erhebliche Probleme hätten. Hanke sprach sich daher für eine sachliche, statt einer emotionalen Debatte über die Lobau aus. Das Gesetz der Stunde sei laut Hanke "Intermodalität", also die Verknüpfung aller Verkehrsarten. Denn nur so könne man den Bedürfnissen aller, in einer nachhaltigen und wachsenden Stadt, nachkommen. Er sei überzeugt, dass es möglich ist, den Ausbau der unterschiedlichen Infrastruktur miteinander zu verbinden. Zudem stellten laut Hanke "intelligente Standortinvestitionen" sowie der Ausbau und die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur einen entscheidenden Job- und Konjunkturmotor dar. Im Spannungsfeld von Verkehrsinfrastruktur, Umweltschutz und wirtschaftlichen Interessen gelte es die Bedürfnisse von Großstädten und deren Wirtschaftsstandorten miteinander zu vereinbaren. Die Rechtsmeinung eines Gutachtens, dass das Projekt aufgrund einer fehlenden Umweltprüfung Unionsrechtswidrig sei, würden Expert:innen seines Ministeriums nicht teilen, sagte Hanke.
In der von den Grünen eingebrachten Anfrage zitierte Passagen aus Medienberichten, hinsichtlich eines Auftrags in der Lobau "die Bagger wieder in Gang zu setzen", würden nicht von ihm stammen, sagte Hanke. Bei diesen Aussagen handle es sich um Interpretationen und Aufbereitungen der jeweiligen Medien. Es zeige sich laut Hanke hier eindeutig, dass diese Dringliche Anfrage dem Wiener Wahlkampf geschuldet sei.
Seine Prioritäten würden zunächst einmal darin liegen, Klarheit und Ruhe in die Diskussion zu bringen, sagte Hanke. Es sei ihm wichtig, sich in den kommenden Monaten mit Stakeholdern auszutauschen und von den Expert:innen seines Ministeriums den aktuellen Stand zu den Verfahren sachlich aufbereiten zu lassen. Er wolle sich fern "jeglicher Polarisierung" ein eigenes Bild über das Projekt und den damit verbundenen Konsequenzen verschaffen, sagte Hanke. Da dieses Projekt die künftigen Generationen betreffe, sei es essentiell, sich dafür die nötige Zeit zu nehmen. (Fortsetzung Nationalrat) bea
HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar