Parlamentskorrespondenz Nr. 255 vom 03.04.2025

Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit im Fokus der EU-Agrarpolitik

Wien (PK) – Der von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig vorgelegte EU-Vorhabensbericht gibt einen Überblick über die Schwerpunkte und Initiativen der Europäischen Union aus seinem Arbeitsbereich für das Jahr 2025 (III-135 d.B.). Im Fokus stehen dabei die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit der Landwirtschaft, die Vereinfachung von Vorschriften sowie die Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP).

Die Grundlage für den Bericht bildet das Arbeitsprogramm der neuen Europäischen Kommission (EK) für 2025, das unter dem Titel "Gemeinsam voran: Eine mutigere, unkompliziertere und schnellere Union" steht. Übergeordnetes Ziel ist es, Europa wettbewerbsfähiger, sicherer und wirtschaftlich widerstandsfähiger zu machen. Weitere Grundlagen für den Bericht bilden das Achtzehnmonatsprogramm des Europäischen Rates sowie das Arbeitsprogramm der polnischen Ratspräsidentschaft für die erste Jahreshälfte 2025.

Vision für Landwirtschaft und Ernährung

Die im Februar 2025 vorgelegte Mitteilung zur Vision für Landwirtschaft und Ernährung stelle eine der prioritären Initiativen der EK 2024–2029 dar, informiert der Bericht. Sie ziele darauf ab, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit des Agrar- und Lebensmittelsektors der EU bis 2040 und darüber hinaus zu sichern. In der Vision werden vier Schwerpunktbereiche definiert: ein attraktiver Sektor, der einen angemessenen Lebensstandard gewährleistet, ein wettbewerbsfähiger und widerstandsfähiger Sektor, die Zukunftssicherung im Einklang mit der Natur sowie die Wertschätzung von Lebensmitteln und Förderung fairer Lebens- und Arbeitsbedingungen in ländlichen Gebieten.

Die Nutzung von Forschung, Innovation und Digitalisierung seien wichtige Voraussetzungen, um den Übergang zu einem modernisierten Agrar- und Lebensmittelsektor zu ermöglichen, heißt es weiter. Dazu habe die Kommission angekündigt, eine EU-Digitalstrategie für die Landwirtschaft auf den Weg zu bringen.

Gemeinsame Agrarpolitik

Die EK habe im vergangenen Jahr auf die europaweiten Proteste von Landwirtinnen und Landwirten mit einem Maßnahmenbündel zur Reduktion bürokratischer Lasten in der Gemeinsamen Agrarpolitik 2023 bis 2027 (GAP) reagiert, informiert die EU-Jahresvorschau. Zudem werde die Kommission im zweiten Quartal 2025 ein weiteres, umfassendes Paket zur Vereinfachung der GAP vorschlagen, das ebenso zum Bürokratieabbau beitragen soll. Der Schwerpunkt werde auf Vereinfachungen für landwirtschaftliche Betriebe, der Straffung der Anforderungen und der Unterstützung kleiner und mittlerer Betriebe sowie auf der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit liegen.

Vor dem Hintergrund gravierender Kostensteigerungen sei zudem 2024 eine zweite Änderung des GAP-Strategieplans 2023 bis 2027 vorgenommen worden, wodurch zusätzliche 410 Mio. € an nationalen Mitteln für Österreichs Landwirtschaft zur Verfügung gestellt worden seien. Laut dem Bericht ist auch im Jahr 2025 eine Änderung geplant, wobei es in erster Linie um Mittelumschichtungen gehen werde.

Was die Gestaltung der GAP nach 2027 betrifft, sei eine Vereinfachung und zielgerichtetere Ausgestaltung geplant. Ein wesentlicher Schwerpunkt soll auf der Förderung von Bäuerinnen und Bauern in benachteiligten Gebieten gelegt werden, wobei "Anreize statt Bedingungen" im Vordergrund stehen sollen. Das Landwirtschaftsministerium rechnet mit konkreten Vorschlägen für die neue GAP-Periode im Herbst 2025. Österreich werde sich dafür einsetzen, die bewährten und effektiven Elemente der bestehenden GAP fortzuführen, nach Möglichkeiten zur Reduktion der Verwaltungslast zu suchen und für Planbarkeit und Kontinuität zu sorgen. Inhaltlich stehe für Österreich weiterhin die Sicherstellung einer flächendeckenden, wettbewerbsfähigen und nachhaltigen Landwirtschaft mit bäuerlichen Familienbetrieben im Vordergrund, so die Position des Ressorts.

Stärkung der Marktsituation

Im Bericht werden die Bemühungen der Kommission zur Stärkung der Position der Landwirtinnen und Landwirte grundsätzlich begrüßt. Konkret geht es um den Ende 2024 von der EK vorgelegten Legislativvorschlag zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Maßnahmen im Rahmen der Richtlinie über unlautere Handelspraktiken. Eine Verordnung soll die Zusammenarbeit der Durchsetzungsbehörden, insbesondere in Verfahrensfragen, besser klären. Damit soll die Verfolgung grenzüberschreitender Fälle unlauterer Handelspraktiken zulasten landwirtschaftlicher Betriebe und kleinerer Lieferant:innen in der Lebensmittelwertschöpfungskette verbessert werden. Zudem sieht das Ministerium einer Evaluierung der Richtlinie mit Interesse entgegen und geht von daraus resultierenden Anpassungen aus.

Ebenfalls Ende 2024 seien Pläne zur Änderung der Verordnung über eine Gemeinsame Marktorganisation (GMO) veröffentlicht worden, um die Position der Bäuerinnen und Bauern in der Lebensmittelversorgungskette zu verbessern. Dies soll etwa durch die Verpflichtung zum Abschluss schriftlicher Verträge oder durch verbindliche Mediationsmechanismen erreicht werden.

Insgesamt könne für den EU-Agrarmarkt festgestellt werden, dass trotz großer Herausforderungen in den vergangenen Jahren die Lebensmittelversorgung bisher nie gefährdet gewesen sei, heißt es im EU-Vorhabensbericht. Nach den massiven Preissteigerungen der Produktionskosten in der Landwirtschaft, habe sich die Inflation im Lebensmittelsektor nun bei rund 2 % eingependelt. Für Österreich seien die EU-Binnenmarkt-Integrität, die EU-Gesamtmarktbetrachtung und eine einheitliche Vorgehensweise der EU in Fragen des Binnenmarktes von großer Bedeutung. Dafür bedarf es aus österreichischer Sicht einer EU-weiten Lösung durch die EK, die neben einem engmaschigen Agrarmarktmonitoring auch Schutzmechanismen bei sensiblen agrarischen Produkten sicherstellen sowie fundierte Folgenabschätzungen liefern soll.

Internationaler Handel

Was den internationalen Handel betrifft, werde aktuell das EU-Mercosur-Abkommen juristisch geprüft. Die Kommission gehe davon aus, dass der politische Entscheidungsprozess in der zweiten Jahreshälfte 2025 eingeleitet werden kann, informiert der Bericht. Zudem wolle die Kommission 2025 die bilateralen Handelsverhandlungen unter anderem mit Thailand, Indonesien und Indien fortführen. Weiters seien Initiativen zur Verbesserung der Beziehungen zu den transatlantischen Partnern, dem indopazifischen Raum, Afrika und Lateinamerika sowie Verhandlungen mit der Ukraine im Rahmen des bestehenden Assoziierungsabkommens geplant. Vor dem Hintergrund drohender Handelskonflikte mit den USA und China sei der Kommission zudem die Wiederherstellung eines offenen, regelbasierten multilateralen Welthandels im Rahmen der WTO wichtig. Für Österreich müssen bei Handelsabkommen EU-Qualitäts- und Produktstandards sowie Nachhaltigkeitsaspekte und Quoten für sensible Produkte mitberücksichtigt werden, so der Bericht.

Bodenschutz, Forstwirtschaft, Neuartige genomische Verfahren, Wasserwirtschaft

Zum geplanten EU-Bodengesundheitsgesetz hält der Bericht fest, dass sich die polnische Präsidentschaft vorgenommen habe, die Diskussionen darüber im ersten Halbjahr 2025 fortzuführen. Aufgrund der stark divergierenden Positionen der Mitgliedstaaten sei ein Abschluss jedoch noch nicht absehbar. Aus land- und forstwirtschaftlicher Sicht gebe es bereits ausreichend gesetzliche Regelungen im Rahmen der GAP und der nationalen Gesetzgebung. Doppelgleisigkeiten seien daher weiterhin zu vermeiden, so die Position des Landwirtschaftsministeriums.

Im Bereich der Forstwirtschaft soll laut dem Bericht die EU-Waldstrategie für 2030 im heurigen Jahr einer Evaluierung unterzogen werden. Die Kommission wolle dabei gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und unter Einbindung von Stakeholdern einen Zertifizierungsrahmen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung entwickeln, die Inanspruchnahme forstlicher Maßnahmen in der Ländlichen Entwicklung erhöhen sowie Unterstützung bei der Entwicklung von Systemen zur Abgeltung von Ökosystemdienstleistungen vorsehen.

Was die Pläne über ein europaweit einheitliches Regelwerk zum Umgang mit den durch neuartige genomische Verfahren (NGT) hergestellten Pflanzen und Produkten betrifft, sei im März 2025 unter polnischem Vorsitz das Ratsmandat für die sogenannten Trilogverhandlungen mit Europäischer Kommission und Europäischem Parlament angenommen worden. Dabei habe Österreich aufgrund einer aufrechten Bindung an eine Entschließung des Nationalrates, sowie aufgrund weiterhin bestehender Unklarheiten zu den potentiellen Risiken, zur Kennzeichnung oder Koexistenz gegen den Vorschlag gestimmt, heißt es im Bericht.

Im Bereich der Wasserwirtschaft informiert das Landwirtschaftsressort, dass die Kommission die Vorlage einer Europäischen Strategie für eine resiliente Wasserversorgung für das zweite Quartal 2025 plane. Zur Richtlinie zu prioritären Stoffen in Oberflächen und Grundwasser wird festgehalten, dass eine politische Einigung erst Ende 2025 erwartet wird. (Schluss) med