Bildungsausschuss: Initiativen zum Ausbau der Elementarpädagogik und zur Deutschförderung angenommen
Wien (PK) – Der Bildungsausschuss schickte heute zwei von den Regierungsparteien im Ausschuss eingebrachte Entschließungsanträge ins Plenum. Einstimmig angenommen wurde eine Initiative für eine "Qualitäts- und Ausbauoffensive" der Elementarpädagogik. Dieser Antrag basierte auf einer Initiative der Grünen.
ÖVP, SPÖ, NEOS und Grüne stimmten außerdem für einen Entschließungsantrag zur Deutschförderung in Schulen und Kindergärten. Vorgesehen ist dabei unter anderem ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr – dem die FPÖ nicht zustimmte. Dem Antrag lag eine Initiative der FPÖ zugrunde. Diese fand keine Mehrheit.
Weitere Initiativen der Oppositionsparteien – unter anderem zum Gewaltschutz an Schulen sowie zur "Bekämpfung der Bildungskrise" - wurden vertagt.
Wiederkehr: Deutschförderung hat oberste Priorität
Erstmals tauschten sich die Mitglieder des Bildungsausschusses heute in einer Aussprache mit dem neuen Bildungsminister Christoph Wiederkehr über aktuelle Themen aus. Oberste Priorität habe die Deutschförderung, antwortete dieser auf die Frage von Sigrid Maurer (Grüne) nach seinen Plänen für das laufende Jahr. Bereits auf den Weg gebracht wurden das Handyverbot in Schulen und die Orientierungsklassen. Als weitere Schwerpunkte nannte Wiederkehr eine Ausbildungsoffensive für mehr Elementarpädagog:innen und die Entbürokratisierung der Schulen. Auch das Thema der Suspendierung von Schüler:innen wolle man sich ansehen. Denn derzeit gebe es für suspendierte Schüler:innen kein Programm, sodass die Betroffenen in Parks oder Einkaufszentren "abhängen" und oft sogar stolz auf ihre Suspendierung seien.
Lisa Schuch-Gubik (FPÖ) wollte wissen, warum Orientierungsklassen auf ganz Österreich ausgeweitet werden sollen, obwohl die Regierung den Familiennachzug stoppen wolle. Der Fokus der Orientierungsklassen liege auf der Schaffung von Unterstützungssystemen für den Schulbereich, sagte Wiederkehr.
Von Nico Marchetti (ÖVP) auf die "tägliche Bewegungseinheit an Schulen" angesprochen, meinte Wiederkehr, dass es in diesem Bereich gemeinsam mit dem Sportministerium Fortschritte gegeben habe, auch ein Zeitplan sei erarbeitet worden. Es sei sinnvoll mit Sportverbänden zusammenzuarbeiten. Dort wo dies bereits erprobt werde, seien alle "sehr zufrieden". Es sei damit für Schulen und Sportverbände eine "Win-Win-Situation", so Wiederkehr.
Zum Thema Integration meinte der Minister, dass Sprache und Wertevermittlung zentrale Punkte seien. Oft würden die Eltern das Schulsystem nicht kennen, daher seien Informationen zu Rechten und Pflichten wichtig. In letzter Konsequenz müsse es für Eltern auch Sanktionen geben, wenn die Kooperation verweigert werde, so Wiederkehr.
Heinrich Himmer (SPÖ) thematisierte notwendige Verbesserungen im Bereich der Inklusion. Wiederkehr meinte, dass man daran arbeite Schritt für Schritt diesbezügliche Projekte abzuarbeiten, um die Situation zu verbessern.
Fiona Fiedler (NEOS) fragte nach geplanten Maßnahmen für ein 11. und 12. Schuljahr in der Sekundarstufe 2 für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Wiederkehr sagte, dass Inklusion in der Sekundarstufe 2 derzeit wenig stattfinde, es jedoch positive Beispiele in HTLs gebe. Generell müsse ein Kulturwandel erzeugt werden, dies sei jedoch noch "ein weiter Weg".
Zum Vorstoß von Fiona Fielder (NEOS) zu einer bundesweiten Einführung von "School Nurses" sagte Wiederkehr, dass die Finanzierung ungeklärt sei, da es sich dabei auch um eine gesundheitspolitische Maßnahme handle. Das Modell habe sich als erfolgreich erwiesen, denn es begleite Kinder und Eltern bei der Gesundheitsbildung und unterstütze Schüler:innen mit chronischen Krankheiten.
Süleyman Zorba (Grüne) sprach den Minister im Zusammenhang mit der Digitalisierung der Schulen auf die Abhängigkeit von US-Tech-Konzernen an und fragte, wie damit umgegangen werden sollte. Wiederkehr meinte, dass er Open Source für ein gutes Modell halten. Man wolle auch auf Innovationen aus Österreich setzen. Es gebe gute "edutech"-Start-ups, beispielsweise die App SchoolFox werde oft für die Kommunikation mit Eltern eingesetzt.
Ausbau der Deutschförderung
Da Medienberichten zufolge in Wien jeder fünften Volksschülerin bzw. jedem fünften Volksschüler die nötigen Deutschkenntnisse fehlen würden, um dem Unterricht folgen zu können, schlugen die Freiheitlichen ein Maßnahmenpaket unter dem Titel "Deutsch vor Schuleintritt" vor. Das geforderte Paket enthält sechs Punkte: Verpflichtende standardisierte und harmonisierte Sprachstanderhebungen zwei Jahre vor Schuleintritt, die Festlegung sprachlicher Standards in der Schulreifeverordnung, verpflichtende Vorschulklassen für Kinder mit nicht ausreichenden deutschen Sprachkenntnissen, die Implementierung von Orientierungsklassen für unterjährig neu eintretende Schüler:innen mit keinen oder nur geringen Deutschkenntnissen, den Ausbau der Deutschförderangebote im Pflichtschulbereich und den verpflichtenden Besuch von Sommerschulen für Schüler:innen mit Deutschförderbedarf (64/A(E)). Im Ausschuss sagte Christoph Steiner (FPÖ), dass man auch mitbedenken müsse, dass die besten Maßnahmen nicht helfen werden, wenn "der Wille fehle, Deutsch zu lernen".
Es gebe großen Konsens darüber, dass Deutschförderung notwendig sei, sagte Martina von Künsberg Sarre (NEOS). Im Antrag der Freiheitlichen sei aber ein verpflichtendes Vorschuljahr vorgesehen, das jedoch nicht für jedes Kind passe. Es brauche stattdessen verschiedene Angebote je nach Sprachbedarf. Daher brachte sie einen neuen Entschließungsantrag von NEOS, ÖVP und SPÖ ein. Mit diesem wird die Bundesregierung ersucht, die Deutschfördermaßnahmen im Bildungssystem auszubauen. Dazu solle ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr und Orientierungsklassen eingeführt werden. Zudem sollen unter anderem Sprachstandserhebungen zu Beginn des vorletzten Kindergartenjahres durchgeführt werden und der verpflichtende Besuch von Sommerschulen für außerordentliche Schüler:innen mit entsprechendem Förderbedarf eingeführt werden, wobei die Sommerschulen um Sprachfördermaßnahmen erweitert werden sollen.
Sigrid Mauer (Grüne) meinte, ihre Fraktion werde dem Antrag zustimmen, obwohl dieser "noch nichts Konkretes" enthalte. Sie hoffe, dass "tatsächliche Maßnahmen" folgen werden.
Ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr sei für seine Fraktion "ein Problem", daher könne man dem Antrag der Regierungsparteien nicht zustimmen, meinte Christoph Steiner (FPÖ).
Für die Deutschförderung sei "ein ganzer Werkzeugkoffer" nötig, meinte Nico Marchetti (ÖVP). Ziel sei es, dass jedes Kind möglichst früh Deutsch könne. Er sei nicht "per se" gegen Vorschulkassen, diese sollten jedoch nicht das "einzige Mittel" sein.
Abschottung von Kindern ohne Deutschkenntnissen führe zu nichts, sagte Petra Tanzler (SPÖ). Wenn man alle in eine Vorschulkasse stecke, sei dies aber nichts anderes.
Wenn also Vorschulklassen nichts bringen würden und auch andere Maßnahmen sich als nicht zielführend erweisen, dann helfe "nur noch Remigration", sagte Christoph Steiner (FPÖ).
Der Antrag der FPÖ für das freiheitliche Maßnahmenpaket "Deutsch vor Schuleintritt" blieb mit den Stimmen der FPÖ in der Minderheit und wurde damit abgelehnt. Der Antrag der Regierungsparteien wurde mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen angenommen.
Steigerung der Qualität in der frühkindlichen Bildung
Für verbindliche Mindestqualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung setzten sich die Grünen mit einem Entschließungsantrag ein. Bildungsminister Wiederkehr solle gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden die im "QualitätsRahmenPlan für das Personal in elementaren Bildungseinrichtungen in Österreich" formulierten Empfehlungen umsetzen. Dazu sollten die notwendigen gesetzlichen Maßnahmen ergriffen werden. Dies seien insbesondere Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für das pädagogische Personal, die Anpassung der Gruppengrößen sowie zur Sicherstellung eines bundesweit einheitlichen Fachkraft-Kind-Schlüssels (186/A(E)). "Jedes Kind sei gleich viel wert, daher brauche es gute Rahmenbedingungen für alle", betonte Sigrid Maurer (Grüne) im Ausschuss.
Manfred Hofinger (ÖVP) sagte, dass die Regierung die Elementarpädagogik fördern wolle und brachte daher einen neuen Entschließungsantrag von ÖVP, SPÖ und NEOS ein. Mit diesem wird die Bundesregierung ersucht, Gespräche mit Ländern, Städten und Gemeinden aufzunehmen, um eine Qualitäts- und Ausbauoffensive im Bereich der Elementarpädagogik zu starten. Gemeinsam mit den Bundesländern sollen Qualitätsstandards und Stufenpläne rechtlich verbindlich festgehalten werden. Verbesserungen der Rahmenbedingungen etwa bei der Ausbildung von Elementarpädagog:innen und ein Stufenplan für kleinere Gruppen ab 2027 sollen umgesetzt werden.
Es sei schade, dass im Antrag der Regierungsparteien der "QualitätsRahmenPlan" nicht erwähnt werde. Dieser sei im Regierungsprogramm nicht enthalten und solle wohl schubladisiert werden, kritisierte Maurer (Grüne). Ihre Fraktion werde dem Antrag der Regierungsparteien dennoch zustimmen.
Christoph Steiner (FPÖ) nannte den Antrag der Regierungsparteien eine "Light-Version" des ursprünglich von den Grünen eingebrachten Antrags. Seine Fraktion gebe beiden Versionen die Zustimmung.
Der Entschließungsantragen der Grünen blieb damit mit den Stimmen von Grünen und FPÖ in der Minderheit und wurde abgelehnt. Der Antrag der Regierungsparteien wurde einstimmig angenommen.
Bildungskrise "sofort bekämpfen"
Die Bundesregierung debattiere "leidenschaftlich" über den Familiennachzug und begründe dies mit einem Notstand in den Schulen und Kindergärten. Trotz jahrelanger Bildungsverantwortung der ÖVP auf Bundesebene und der NEOS in Wien seien keine wirksamen Maßnahmen und Reformen gesetzt worden, die eine nachhaltige Verbesserung herbeigeführt hätten, heißt es in einem Entschließungsantrag der Grünen. Sie fordern daher ein "Sofortpaket". Dieses solle Maßnahmen zur Deutschförderung und Schulsozialarbeit umfassen und mindestens 1.400 zusätzliche Deutschförderkräfte – davon 1.000 für Kindergärten und 400 für Schulen – sowie 200 zusätzliche Schulsozialarbeiter:innen beinhalten. Davon solle je die Hälfte nach Wien gehen (191/A(E)).
Die Stärkung der Elementarbildung sei "groß" im Regierungsprogramm und Orientierungsklassen schon auf Schiene, sagte Silvia Kumpan-Takacs (SPÖ) und stellte einen Vertagungsantrag.
Schulsozialarbeiter:innen würden die Probleme nicht lösen. Diese sollten auf der Straße und nicht in Schulen arbeiten, meinte Katayun Pracher-Hilander (FPÖ).
Selbstverständlich brauche man Sozialarbeiter:innen auch an Schulen, sagte Sigrid Mauer (Grüne). Es gehe um die Entlastung der Lehrer:innen. Schüler:innen beispielsweise aus sehr armen und finanziell schwachen Familien bräuchten Personal, das sie professionell bei ihren Problemen unterstütze, das könnte nicht alles von den Lehrpersonen geleistet werden.
Maßnahmenkatalog der FPÖ für eine gewaltfreie Schule
Körperliche und verbale Übergriffe an Schulen hätten sowohl unter Schüler:innen als auch gegenüber Lehrkräften zugenommen. Dies stelle ein wachsendes gesellschaftliches Problem dar, betonten die Freiheitlichen in einem Entschließungsantrag. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, fordern sie die Umsetzung eines 9-Punkte-Plans. Dieser umfasst Maßnahmen zur Prävention, Konflikt-Resilienz und De—Eskalation (147/A(E)).
Christoph Steiner (FPÖ) betonte, dass es dringend Prävention brauche, da es inzwischen "auch im ländlichen Raum zu Messerstechereien in Schulen" komme. Die Problematik sei gravierend und könne jeden treffen. Diese Entwicklung hätte vor zehn Jahren – also mit der Flüchtlingskrise 2015 – begonnen, meinte Steiner.
Es sei allen sehr bewusst, dass es Handlungsbedarf hinsichtlich der Gewalt an Schulen gebe, sagte Martina von Künsberg Sarre (NEOS). Die Zunahme an Gewalt könne man jedoch "nicht auf das Jahr 2015 reduzieren", denn das stimme einfach nicht. Einige Vorschläge aus dem 9-Punkte-Plan der FPÖ seien gut, meinte sie. Auch im Regierungsprogramm seien Maßnahmen zur Gewaltprävention enthalten, beispielsweise die Suspendierungsbegleitung von Schüler:innen. Sie stellte daher einen Vertagungsantrag.
Auch Agnes Totter (ÖVP) verwies auf das Regierungsprogramm, in dem Maßnahmen zu "Schulen als sicherer Ort" enthalten seien.
Der von der FPÖ vorgelegte 9-Punkte-Plan enthalte Verschläge, die ihre Fraktion unterstütze, manche Punkte davon seien auch kritisch zu hinterfragen, sagte Sigrid Mauer (Grüne). Sie erinnerte zudem an die im Vorjahr eingeführten Gewaltschutzkonzepte an Schulen, die ebenfalls präventiv wirken sollen.
Rechtsanspruch auf 11./12. Schuljahr auch im inklusiven Setting
Für viele Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ende die Schulzeit nach neun oder zehn Jahren - unabhängig davon, ob sie die notwendigen Kompetenzen für ein möglichst selbstständiges Leben erwerben konnten, kritisieren die Grünen. Sie fordern daher einen Rechtsanspruch auf ein 11. und 12. Schuljahr für diese Schüler:innen. Die zusätzlichen Schuljahre sollten der UN-Behindertenrechtskonvention entsprechend auch im inklusiven Setting absolviert werden können. Zudem solle ein ganztägiges Angebot mit geeigneter Nachmittagsbetreuung zur Verfügung stehen und ein modular aufgebauter Lehrplan erarbeitet werden, der eine individuelle Anpassung an die jeweiligen Bedürfnisse und Lebenssituationen der Jugendlichen ermögliche (171/A(E)).
Auch bei diesem Punkt verwies Agnes Totter (ÖVP) auf das Regierungsprogramm. Zudem müssten für das 11. und 12. Schuljahr für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf erst Lehrpläne entwickelt werden. Auch Christian Oxonitsch (SPÖ) betonte die derzeit noch fehlenden Lehrpläne.
Ziel sei ein gesamtes, inklusives Bildungssystem. Daran werde gearbeitet, sagte Heinrich Himmer (SPÖ). Er stellte daher den Antrag auf Vertagung.
Er würde dem Entschließungsantrag gerne zustimmen, denn es handle sich um eine wesentliche und wichtige Forderung, betonte Wendelin Mölzer (FPÖ) und kritisierte die Vertagung.
Ihre Fraktion fordere seit Jahren das 11. und 12. Schuljahr für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Das Thema sei im Regierungsprogramm, doch es brauche noch Zeit, bis "es am Boden ist", meinte Fiona Fiedler (NEOS).
"Chancenindex" österreichweit umsetzen
Jedes Kind verdiene gleiche Bildungschancen, doch viele Schulen in Österreich stünden vor Herausforderungen wie Lehrkräftemangel und fehlender Förderung für sozial benachteiligte Schüler:innen, heißt es in einem Entschließungsantrag der Grünen. Im Projekt "100 Schulen – 1000 Chancen" sei ein sogenannter "Chancenindex" bereits erprobt worden und könnte österreichweit eingeführt werden, um Bildungsungleichheiten abzubauen (187/A(E)). Dies sei notwendig, da die Chancen "total ungerecht verteilt" seien, sagte Sigrid Maurer (Grüne).
Rudolf Taschner (ÖVP) verwies auch diesbezüglich auf das Regierungsprogramm und meinte, dass trotz ambitioniertem Zeitplan nicht alles "ganz schnell" gehe. Er stellte daher den Antrag auf Vertagung. (Schluss Bildungsausschuss) bea
Themen
Links
- 64/A(E) - Deutsch vor Schuleintritt
- 171/A(E) - Rechtsanspruch 11./12. Schuljahr auch im inklusiven Setting und mit Nachmittagsbetreuung
- 187/A(E) - einer zügigen Umsetzung einer indexbasierten, bedarfsgerechten Mittelverteilung (Chancenindex)
- 1/A-BI - Bildungsausschuss
- 186/A(E) - Umsetzung des Qualitätsrahmens zur "Steigerung der Qualität in der frühkindlichen Bildung"
- 191/A(E) - Sofortpaket für Schulen und Kindergärten zur Bekämpfung der Bildungskrise
- 147/A(E) - 9-Punkte-Maßnahmenkatalog für eine gewaltfreie Schule