Parlamentskorrespondenz Nr. 435 vom 22.05.2025
Nationalrat: Integration im Fokus der aktuellen Stunde
Wien (PK) – Mit einer aktuellen Stunde zum Thema Integration starte der Nationalrat den heutigen Plenartag. Der von der ÖVP gewählte Titel lautete: "Wer bei uns bleiben will, muss ein Teil unserer Gesellschaft werden: Fokus auf Deutscherwerb, Arbeit und den konsequenten Schutz unserer Werte." Diese Elemente strich auch die für den Integrationsbereich zuständige Bundesministerin Claudia Plakolm als wesentlich hervor. Die FPÖ sprach sich im Zuge dessen für einen sofortigen Zuwanderungsstopp und "Remigration" aus.
ÖVP betont Konsequenzen bei mangelnder Integration
Integration sei eine der größten innenpolitischen Herausforderungen unserer Zeit, meinte Nico Marchetti (ÖVP) eingangs. Dabei betonte er, dass jede:r, der oder die bei uns bleiben will, auch Teil der Gesellschaft werden müsse – nicht könne – und sonst Konsequenzen eingefordert werden. Die deutsche Sprache sei das wesentliche Element dafür, um sich erfolgreich zu integrieren. In Wien würde aber die Hälfte der Erstklassler:innen nicht ausreichend Deutsch können, so der ÖVP-Mandatar. Damit könne man nicht zufrieden sein. Fortan gäbe es Konsequenzen für Eltern, die sich nicht an der Schule beteiligen. Außerdem sei ein Kinderkopftuchverbot sowie eine unabhängige Qualitätskontrolle des Religionsunterrichts in Planung. Extremismus habe in Schulen keinen Platz, sagte Marchetti.
Aus der Betitelung der aktuellen Stunde gehe die Bedeutung der Sprache, der Arbeit und des Respekts unserer Werte für die Integration unmissverständlich hervor, teilte Bundesministerin Claudia Plakolm die Ansicht des Vorredners. Wer Bleiberecht habe, müsse sich um Integration bemühen. Ohne Deutschkenntnisse sei keine Integration möglich, daher würden bei den verpflichtenden Deutschkursen künftig Abschlussprüfungen notwendig sein. Wer sich nicht bemühe, werde das auch zu spüren bekommen, sagte sie. Ab dem ersten Tag nach einem positiven Bescheid gebe es außerdem ein verpflichtendes Integrationsprogramm. Die Bundesregierung nehme es als ihre Verantwortung wahr, die Systeme vor ihrer Überlastung zu schützen. Deshalb gebe es auch eine klare Haltung bei der Beschränkung von Zuwanderung, sagte die Ministerin. An der Einführung eins Integrationsbarometers werde bereits gearbeitet, lies sie wissen. Für die verfassungskonforme Umsetzung des geplanten Kinderkopftuchverbots – im Sinne des Schutzes junger Mädchen – würden Expert:innen herangezogen werden. Religionsfreiheit ende nämlich dort, wo die Selbstbestimmtheit der Einzelnen beginne, so Plakolm.
ÖVP-Mandatarin Susanne Raab sieht Migration und Integration als Schlüsselthemen für den Zusammenhalt in einer Gesellschaft an. Als Voraussetzung für gelungene Integration nannte sie die Reduktion der irregulären Migration, die Frage wer zu uns komme und die Bereitschaft, sich an unsere Werte anzupassen. Das Erlernen der deutschen Sprache, arbeiten zu gehen und sich an die Werte anzupassen, seien kein freiwilliges Angebot sondern wahrzunehmende Pflichten, sagte sie. Sonst würden die Sozialleistungen gekürzt werden. Auch Andreas Minnich (ebenfalls ÖVP) ging darauf ein, dass Integration kein Selbstläufer sei, sondern klare Regelungen und Konsequenzen beanspruche.
FPÖ für sofortigen Zuwanderungsstopp
Angela Merkels "Wir schaffen das" habe vor 10 Jahren die Schleusen für den ungebremsten Zuzug nach Europa geöffnet und die soziale Hängematte ausgebreitet, kritisierte Hermann Brückl (FPÖ). SPÖ und ÖVP hätten diesen Kurs in Österreich mitgetragen. "Wir haben es nicht geschafft, wir schaffen es nicht und wir werden es auch nicht schaffen", sagte Brückl, in dessen Auge die Politik gänzlich versagt und einen Scherbenhaufen in diesem Bereich hinterlassen habe. Als Beispiel nannte er Volks- und Mittelschulen, mit mehr islamischen als katholischen Kindern und fehlende Deutschkenntnisse. Außerdem problematisierte er die Radikalisierung im Internet oder in "Hinterhof-Moscheen". Er sprach sich deshalb für einen sofortigen Zuwanderungsstopp, Konsequenzen für Eltern und ein Konfliktmanagement an Schulen aus und meinte, es sollte keine Wohnungsbeihilfe ohne Deutschkenntnisse geben. Integration sei eine Bringschuld, so der FPÖ-Mandatar.
Sein FPÖ-Fraktionskollege Christoph Steiner sieht die Lösung bei der "Remigration". Er stellte 10 Jahre "Wir schaffen das" mit 10 Jahren Gewalt und Terror gleich und stellte in Frage, ob Machtmissbrauch, Verschleierung oder Erpressung zu den Werten der ÖVP zählen. Dafür erhielt Steiner zeitverzögert einen Ordnungsruf. Einen zweiten Ordnungsruf erteile ihm Nationalratspräsident Walter Rosenkranz, nachdem er sich das Protokoll bringen ließ, weil Steiner den Abgeordneten im Plenum vorwarf, Schuld an Massenvergewaltigungen zu sein. Dadurch wurde zuvor eine Geschäftsordnungsdebatte ausgelöst, in der von mehreren Seiten objektive Vorsitzführung eingemahnt wurde. Für den Vorwurf an die FPÖ "Volksverhetzer" zu sein, erhielt Grünen-Klubobmann Werner Kogler im Zuge dessen unmittelbar einen Ordnungsruf.
Grüne kritisieren bürokratische Hürden und fehlende Angebote
"Integration heißt Fördern und Fordern", sagte Paul Stich (SPÖ). Oft würde das "Fordern" im Zentrum der Auseinandersetzung stehen, meinte er. Es sei zwar wichtig, Ziele zu setzen und die Parameter der gelungenen Integration – Sprache, Arbeit und Teilhabe – klar zu benennen, aber ebenso wichtig wäre es seiner Meinung nach, sich dem "Fördern" zu widmen. Immerhin sei es eine große Hürde Österreicher bzw. Österreicherin zu werden, auch für Leistungsträger:innen der Gesellschaft. Seine SPÖ-Fraktionskollegin Petra Tanzler ging auf die Sprachkurse ein. Diese zu besuchen, dürfe weder von der Geldbörse noch vom Wohnort abhängen, meinte sie. Ihre Fraktion werde sich für entsprechende Angebote einsetzen.
Die SPÖ-Mandatarin bemängelte in ihrem Redebeitrag das Fehlen von Lösungsvorschlägen seitens der FPÖ genauso wie die NEOS-Redner:innen Yannick Shetty und Sophie Marie Wotschke. Die Freiheitlichen würden die Probleme großreden und davon leben, meinten die beiden. Die derzeitige Bundesregierung hätte allerdings klare Lösungsvorschläge, verwies Shetty insbesondere auf die Maßnahmen im Bildungsbereich, etwa die Deutschförderoffensive oder die Orientierungsklassen. Die Werte seien unverhandelbar. Antisemitismus, Frauenverachtung und Homophobie hätten keinen Platz, sagte er.
Es sei klar, dass jede:r der zu uns komme, sich auch an die Regeln halten müsse, meinte Sigrid Maurer (Grüne). Allerdings brauche es dafür auch gute Rahmenbedingungen. Man mache es den Menschen, die sich schnell integrieren wollen, nicht leicht, meinte sie angesichts bürokratischer Hürden. Außerdem würde es an Angeboten fehlen, so ihre Ansicht. Aus diesem Grund wertete sie es als verfrüht, über Sanktionen zu sprechen. Maurer kritisierte auch die Budgetkürzung für den Integrationsfonds sowie die kürzlich beschlossene Hemmung des Familiennachzugs. Grünen-Mandatarin Meri Disoski ging auf das restriktive Staatsbürgerschaftswesen Österreichs ein. Da jede fünfte hier lebende Person nicht wahlberechtigt sei, entstünde ihrer Meinung nach ein Demokratiedefizit. Wer ist denn eigentlich "uns" und wann gehört man "zu uns"? fragte sie angesichts der heute oft genannten Wertvorstellungen. (Fortsetzung Nationalrat) fan
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