Parlamentskorrespondenz Nr. 736 vom 07.08.2025

Entwicklungspolitik: Außenministerium will Finanzierung effektiver gestalten

Wien (PK) – Bis 2030 wird das UN-Ziel, extreme Armut weltweit zu beseitigen, wohl nicht erreicht werden, so das Außenministerium in seinem Dreijahresbericht 2025-2027 zur österreichischen Entwicklungspolitik (III-200 d.B.). Doch sollte sich die Zahl betroffener Menschen von mehr als 700 Mio. (2023) auf ca. 575 Mio. (2027) reduzieren. Als Herausforderungen bei der Armutsbekämpfung nennt das Ministerium die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, den Klimawandel, den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie kriegerische Auseinandersetzungen weltweit und knappe Staatsfinanzen. In den nächsten Jahren sei mit einem Rückgang öffentlicher Entwicklungshilfeleistungen (ODA) auf globaler, EU und österreichischer Ebene zu rechnen, heißt es im Bericht. Ungeachtet dessen bekennt man sich zu dem von UNO und EU ausgegebenen Ziel von 0,7% des Bruttoinlandsprodukts für die ODA-Finanzierung.

Kooperation für effektive Entwicklungspolitik

Der Dreijahresprogramm-Prozess der Entwicklungspolitik wird von der Planung, über die Umsetzung bis hin zur Evaluierung laut Außenministerium in Kooperation mit anderen Ministerien und Bundeseinrichtungen gestaltet. Außenministerium und Finanzministerium führen bei den Abstimmungstreffen den Vorsitz. Basierend auf Empfehlungen der OECD sollen entwicklungspolitische Prozesse auf österreichischer und europäischer Ebene zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten noch besser koordiniert werden, geht aus dem Bericht hervor.

Außenministerin Beate Meinl-Reisinger hält im Vorwort prinzipiell fest, Österreichs Entwicklungspolitik sei "weder Nebenschauplatz noch Selbstzweck, sondern integraler Bestandteil unserer Außenpolitik". Sowohl Solidarität als auch Eigeninteresse seien Treiber einer zielgerichteten Entwicklungspolitik. Die Schaffung verbesserter Lebensbedingungen vor Ort baue irregulärer Migration vor und sichere Wohlstand. Allerdings müsse in Zeiten begrenzter Ressourcen noch mehr Augenmerk auf die Effektivität von Entwicklungsmaßnahmen gerichtet werden, so Meinl-Reisinger. Daran arbeite sie gemeinsam mit den übrigen EU-Mitgliedern und anderen internationalen Partnern. Österreich nutzt laut Außenministerium für seine bilaterale Entwicklungsarbeit Synergien im Rahmen der EU-Entwicklungspolitik. Dabei gehe es um die Akquisition von internationalen Mitteln und privatwirtschaftlichen Kofinanzierungen.

Multilaterale Finanzierung: Österreich für größeren Anteil an ärmste Länder

Im Rahmen der multilateralen Entwicklungshilfefinanzierung tritt Österreich dafür ein, den am wenigsten entwickelten Ländern einen höheren Anteil zukommen zu lassen. Als Beispiel nennt das Außenamt Mittelzuschüsse an Fonds, die zu besonders günstigen Konditionen Entwicklungsfinanzierung an die ärmsten Länder vergeben, etwa die internationale Entwicklungsorganisation IDA. Die konkrete Höhe der Entwicklungshilfe-Finanzierung ODA scheint im Bundesfinanzgesetz auf. Laut derzeitiger Budgetprognose sinkt die gesamte ODA-Finanzierung von heuer 1,76 Mrd. € bis 2027 auf rund 1,55 Mrd. €. Eine kontinuierliche und qualitätsvolle Erfassung von Entwicklungsfinanzierungsleistungen soll in den kommenden Jahren verstärkt greifen, als Grundlage für die strategische Planung der Entwicklungspolitik.

Klimawandel verstärkt ungleiche Wohlstandsverteilung

Die global ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung hebt das Außenamt klar hervor: "Während die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung derzeit nur knapp 2% des Gesamtvermögens besitzt, teilen sich die reichsten 1% mehr als ein Drittel des globalen Vermögens unter sich auf". Die UNO befürchtet eine Fortsetzung dieses Negativtrends. Besonders leiden würden jene Bevölkerungsgruppen, deren Lebensgrundlagen zerstört werden, weist der Bericht auf Naturkatastrophen und Konflikte als Folgen des Klimawandels hin.

Die internationale Gemeinschaft müsse daher unverzüglich Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels und zur Anpassung an seine Folgen ergreifen. Mit Verweis auf den zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen IPCC warnt das Außenministerium, es bleibe angesichts der weltweiten Klimakrise wenig Zeit, eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu sichern. Jüngste Prognosen weisen nur noch eine 50%-Chance aus, dass der globale Temperaturanstieg die Marke von 1,5 Grad bis 2040 nicht übersteigt. Ohne eine nachhaltige Kursänderung beim klimaschädlichen CO2-Ausstoß könnte bis 2100 die weltweite Erwärmung sogar 5,7°C ausmachen, wodurch Ökosysteme unwiederbringlich zerstört würden. In Entwicklungsländern hätte dies die dramatischsten Auswirkungen, etwa die Auslöschung der lebensnotwendigen Fischerei bzw. Subsistenzlandwirtschaft. Negative volkswirtschaftliche Folgen und Fluchtbewegungen aufgrund von humanitären Krisen würden damit verstärkt.

Zukunftstechnologien zur klimafreundlichen Entwicklung

Bei der Unterstützung von Partnerländern hin zu einer kohlenstoffneutralen Entwicklung gehe es nicht nur um die Sicherstellung von politischen, rechtlichen, technischen und steuerlichen Rahmenbedingungen. Entscheidend seien Emissionsreduktionen in Sektoren wie der Land- und Forstwirtschaft sowie innerhalb und außerhalb der Energiewirtschaft. Deshalb fördere man emissionsarme Energie-Erzeugungstechnologien samt effizienter Verteilungsinfrastruktur. Die Nutzung dekarbonisierter, klimaadaptiver Technologien einschließlich der Digitalisierung weist der Bericht als entscheidenden Hebel für eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung aus.

Nachhaltiges Ressourcenmanagement, Stichwort Kreislaufwirtschaft, wird angesichts des prognostizierten Bevölkerungswachstums weltweit ebenfalls immer wichtiger: bis 2050 wird mit einem globalen Zuwachs auf über 9,7 Milliarden Menschen gerechnet, vor allem in Ländern südlich der Sahara. Bei den Industrienationen ist demografisch bedingt eher ein Bevölkerungsrückgang zu erwarten.

Handlungsfelder der Entwicklungspolitik

Ausgerichtet ist die österreichische Entwicklungspolitik nach der UNO-Vereinbarung zur wechselseitigen Ergänzung von humanitären, entwicklungspolitischen und friedensfördernden Maßnahmen. Vorgesehen ist dabei auch, die Maßnahmen mit den emissionsmindernden Vorgaben des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen. So fördert Österreich laut Bericht keine fossilen Energieträger.

Thematisch gegliedert präsentiert das Ministerium konkrete Handlungsfelder der österreichischen Entwicklungspolitik. Angesichts der Zunahme humanitärer Krisen weltweit - 2023 benötigten krisenbedingt 363 Mio. Menschen humanitäre Hilfe -, steht Nothilfe zur Überlebenssicherung an erster Stelle. Mitumfasst in diesem Themenfeld sind Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung bei bewaffneten Konflikten und der Wiederaufbauhilfe, um nicht zuletzt die Rückkehr von Geflüchteten zu ermöglichen. Friedenssichernde Maßnahmen sind ein wichtiger Teil der langfristigen Entwicklungszusammenarbeit.

Friedensförderung und Wirtschaftsaufbau

Bei der Friedensförderung und Konfliktprävention bzw. -vermittlung sei bei den grundlegenden Konfliktursachen anzusetzen, so das Außenministerium. Im dialoggesteuerten Vermittlungsvorgehen in Konfliktregionen suche man den Gleichklang mit anderen EU-Ländern. Inhaltlich legt Österreich den Schwerpunkt auf präventive und antizipative Maßnahmen, um Menschenleben zu retten. Für eine zielgerichtete Analyse von Trends und Anomalien werden auch Geoinformationssysteme und Künstliche Intelligenz-Technologien eingesetzt.

Weiters beschreibt das Außenamt, wie der Aufbau von nachhaltigen Wirtschafts- und Sozialsystemen in von extremer Armut betroffenen Ländern gelingen kann. Zum einen setzt man auf die Expertise und Kapitalkraft österreichischer Unternehmen zur Stärkung lokaler Ökonomien, zum anderen ist Österreich ein Fürsprecher der Intensivierung von Partnerschaften der EU mit den ärmsten Ländern der Welt. Die Einhaltung der Menschenrechte und des Umweltschutzes werden dabei hervorgehoben.

Bildung als Entwicklungsmotor

Bildungszugang für alle Bevölkerungsgruppen ist ein entwicklungspolitischer Motor, gesellschaftlich wie wirtschaftlich, lautet das Credo der heimischen Entwicklungspolitik. Hinsichtlich der Berufsbildung werden Synergien zwischen Bildungssektor, Unternehmen und Interessensvertretungen genutzt, um arbeitsmarktrelevante Angebote zu stärken. Als Beispiel nennt der Bericht die bedarfsorientierte Weiterentwicklung österreichischer Auslandsschulen. Die Länder des Donauraumes bzw. des Westbalkans werden spezifisch bei der Annäherung an den Europäischen Bildungs-, Hochschul- und Forschungsraum unterstützt. (Schluss) rei