Parlamentskorrespondenz Nr. 850 vom 03.10.2025
Neu im Sozialausschuss
Wien (PK) – Mit einer Regierungsvorlage sollen für freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer Kündigungsregeln sowie die Möglichkeit der Anwendung von Kollektivverträgen geschaffen werden. Die Grünen schlagen vor, dass freie Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer sich am Betriebsrat beteiligen können sollen.
Die Grünen haben außerdem Gesetzesanträge eingebracht, mit denen sie einen branchenübergreifenden Mindestlohn ermöglichen und Nachbesserungen bei der Altersteilzeit erreichen wollen.
Arbeitsministerin schlägt neue Regeln für freie Dienstnehmer:innen vor
Freie Dienstnehmer:innen sind derzeit von vielen arbeitsrechtlichen Normen nicht umfasst. Nun will die Regierung Kündigungsregeln für diese Personengruppe schaffen und es gesetzlich ermöglichen, dass Kollektivverträge für sie abgeschlossen werden können (212 d.B.). Sie will damit Mindeststandards festlegen, die die Beschäftigung in Form von freien Dienstverhältnissen und damit die Umgehung von arbeitsrechtlichen Bestimmungen weniger attraktiv machen. Die Regelungen sollen ab 1. Jänner 2026 gelten.
Nachdem die Kündigungsregeln für freie Dienstnehmer:innen in der Vergangenheit arbeitsrechtlich kontrovers diskutiert worden sind, will die Regierung mit einer Änderung im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) jetzt klarstellen, dass freie Dienstverhältnisse von beiden Vertragsparteien unter Einhaltung einer bestimmten Frist und eines bestimmten Termins gekündigt werden können. Die Kündigungsfrist soll vier Wochen, nach zwei Dienstjahren sechs Wochen, betragen. Das erste Monat gilt als Probemonat. Eine Kündigung soll zum 15. oder Letzten eines Monats möglich sein. Eine für den bzw. die Dienstnehmer:in günstigere Regelung ist zulässig.
Der Geltungsbereich des Arbeitsverfassungsgesetzes soll auf freie Dienstnehmer:innen ausgedehnt werden. Damit soll der Abschluss von Kollektivverträgen ermöglicht werden. Verbände von freien Dienstnehmer:innen sollen kollektivvertragsfähig werden können. Möglich sein sollen der Abschluss eigener Kollektivverträge nur für die betroffene Personengruppe oder auch die Einbeziehung in bestehende Kollektivverträge. Dafür müssen die Kollektivverträge von den Vertragsparteien abgeändert werden. Es soll jedoch keine Verpflichtung zur Berücksichtigung freier Dienstnehmer:innen in Kollektivverträgen geschaffen werden.
Bei der Einbeziehung in bestehende Kollektivverträge ist laut den Erläuterungen zur Gesetzesvorlage zu beachten, dass viele arbeitsrechtliche Bestimmungen – etwa das Urlaubsgesetz und das Arbeitszeitgesetz – für freie Dienstnehmer:innen nicht gelten. Regelungen in Kollektivverträgen, die auf diese Gesetze Bezug nehmen, können daher für freie Dienstnehmer:innen nicht zur Anwendung kommen. Die Vertragsparteien können aber diesen Regelungen nachgebildete Bestimmungen formulieren.
Im Bereich der Land- und Forstwirtschaft werden die Änderungen durch eine Anpassung des Landarbeitsgesetzes 2021 nachvollzogen.
Grüne wollen Betriebsrat für freie Dienstnehmer:innen ermöglichen
Die Grünen schlagen ebenfalls eine Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes vor, die darauf abzielt, dass freie Dienstnehmer:innen sich am Betriebsrat beteiligen können (482/A). Geht es nach den Grünen, sollen sie an Betriebsratswahlen teilnehmen und auch selbst kandidieren dürfen. Betriebsvereinbarungen sollen für freie Dienstnehmer:innen nur gelten, wenn sie explizit miteinbezogen werden. Laut Antragsteller Markus Koza ist es angesichts der von der Regierung vorgeschlagenen Einbindung freier Dienstnehmer:innen in Kollektivverträge nur konsequent, wenn die Personen auch im Betriebsrat mitwirken dürfen. Gerade beim Essenszusteller Lieferando, wo im März hunderte Angestellte gekündigt und als freie Dienstnehmer:innen wieder engagiert wurden, sei mit der Umwandlung der Arbeitsverhältnisse für einen Großteil der Beschäftigten auch die betriebliche Interessensvertretung verloren gegangen, macht Koza geltend.
Grüne: Sozialpartner sollen branchenübergreifenden Mindestlohn festlegen können
Mit einer weiteren Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes (463/A) will Grün-Abgeordnete Markus Koza sicherstellen, dass Menschen, die Vollzeit arbeiten, auch von ihrer Arbeit leben können. In Österreich gebe es zwar eine hohe Kollektivvertragsabdeckung, dennoch gehörten laut Arbeitsklimaindex immer noch 120.000 Menschen trotz Vollzeiterwerbstätigkeit zu den "Working Poor", macht er geltend.
Zum einen schlägt Koza vor, den Sozialpartnern ausdrücklich die Möglichkeit einzuräumen, in Form eines Generalkollektivvertrags einen branchengreifenden Mindestlohn und andere Mindestnormen festzulegen, an den auch Betriebe und Wirtschaftsbereiche außerhalb der Wirtschaftskammer gebunden sind. Zum anderen soll es der Arbeitnehmer:innenseite im Falle veralteter Kollektivverträge erleichtert werden, über das Bundeseinigungsamt Mindestlohntarife durchzusetzen. Manche Kollektivverträge seien wegen fehlender Bereitschaft der Arbeitgeber:innenseite seit Jahren oder Jahrzehnten nicht erneuert worden, moniert Koza, wobei er als Beispiel einen Kollektivvertrag aus dem Jahr 1992 für Angestellte von Rechtsanwält:innen in der Steiermark anführt.
Grüne fordern Nachbesserungen bei Altersteilzeit
Gemeinsam mit der Einführung der Teilpension hat der Nationalrat vor dem Sommer auch neue Regelungen für die Altersteilzeit beschlossen. Ab dem Jahr 2026 wird demnach der Bezug von Altersteilzeitgeld für Neuzugänge auf drei Jahren limitiert. Wer zu wenig Versicherungsjahre aufweist und damit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Korridorpension nicht erfüllt, wird somit künftig erst mit 62 Jahren eine staatlich geförderte Altersteilzeit antreten können. Die Grünen haben das bereits bei der Beschlussfassung kritisiert, nun will Abgeordneter Markus Koza zumindest für bestimmte Gruppen eine Ausnahmeregelung erreichen. Personen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen sowie Personen, die seit mindestens einem Jahr einen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung pflegen, sollen gemäß dem von ihm eingebrachten Gesetzesantrag (464/A) unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin bis zu fünf Jahre Altersteilzeitgeld beziehen können. Durch diese Regelung könnte man auch Arbeitslosigkeit oder vorzeitige Pensionsantritte wegen Berufsunfähigkeit verhindern, ist Koza überzeugt. (Schluss) kar/gs