Parlamentskorrespondenz Nr. 1087 vom 26.11.2025

Bundesheer: Beschaffungs-Prüfkommission legt Jahresbericht 2024 vor

Wien (PK) – Die gemäß Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz (LVFinG) eingerichtete Beschaffungs-Prüfkommission (BPK) soll als beratendes Gremium der Verteidigungsministerin die gesetzmäßige Vollziehung sowie eine sparsame Gebarung bei Beschaffungen für das Bundesheer sicherstellen. 2024 legte sie dazu ihren Fokus auf das Thema Compliance und prüfte mehrere Beschaffungsvorgänge, wie aus ihrem Jahresbericht hervorgeht (III-248 d.B.).

Die Kommission weist darin unter anderem auf aus ihrer Sicht mögliche Präjudizierungen von Vergabeverfahren hin – etwa durch vorab kommunizierte Systementscheidungen, völkerrechtliche Vereinbarungen oder durch enge technische Spezifikationen – und empfiehlt eine frühere Einbindung der vergaberechtlichen Fachstelle sowie einen Ausbau des Compliance-Managements. Das Verteidigungsressort zeigt sich in seiner Stellungnahme zwar offen für die Weiterentwicklung bestehender Maßnahmen, widerspricht jedoch zentralen Einschätzungen der BPK. Mehrere Feststellungen würden auf "Mutmaßungen" beruhen. Insbesondere die Annahmen zu Präjudizierungen oder zu Defiziten im Compliance-Informations- und Weiterbildungswesen seien aus Sicht des Ressorts nicht zutreffend.

BPK regt frühzeitige Einbindung der Vergabespezialisten an

Die BPK legte 2024 ihren Fokus auf das Thema Compliance und prüfte vier Beschaffungsvorhaben: die Nachfolge des Transportflugzeugs C-130 ("Hercules"), die Beschaffung der Fliegerabwehr mittlerer Reichweite (mFAL) im Rahmen der European Sky Shield Initiative (ESSI), die Beschaffung von 35.600 Kampfstiefeln für das Bundesheer sowie den Bau eines Simulationsgebäudes für die neue Hubschrauberflotte AW-169 in Langenlebarn. Bis auf letzteres habe es bei allen Vorhaben "umfangreiche Vorarbeiten" gegeben, die dem Eindruck der BPK nach dazu geeignet seien, das Vergabeverfahren zu präjudizieren. Eine vergaberechtliche Überprüfung sei hinter den politischen, militärstrategischen und technischen Entscheidungen "hinterhergehinkt". Dies bedeute nicht zwangsläufig, dass es vergaberechtliche Mängel gegeben habe, aber "dass Prozesse und Abläufe hinterfragt werden sollten", wie die BPK im Bericht ausführt.

So seien sowohl bei den Beschaffungen der Nachfolge der C-130 als auch bei der Flugabwehr mittlerer Reichweite die Entscheidungen für ein bestimmtes System öffentlichkeitswirksam kommuniziert und, wenn auch unverbindliche, völkerrechtliche Verträge (Memorandum of Understanding) geschlossen worden. Dies hätte faktisch zur Folge gehabt, dass der Vergabewettbewerb ausgeschlossen worden sei und nur ein bestimmtes Produkt habe angeschafft werden können. Verstehe man diese Ankündigungen bzw. Verträge als Weisung, dann sei eine vergaberechtliche Prüfung erst im Rahmen der eigentlichen Beschaffung zu spät erfolgt, da sie durch eine Weisung präjudiziert sei. Die vergaberechtliche Prüfung sollte daher vor der jeweiligen politischen, militärstrategischen oder technischen Entscheidung stattfinden, empfiehlt die BPK.

Eine ähnliche Empfehlung leitet die BPK aus der Prüfung der Beschaffung der Kampfstiefel ab. Hier habe es bereits lange vor der förmlichen Einleitung des Vergabeverfahrens eine "Entwicklungszusammenarbeit" zwischen dem Verteidigungsressort und der nunmehrigen Auftragnehmerin gegeben. Zwar sei der Auftrag europaweit ausgeschrieben worden, es habe jedoch nur die Auftragnehmerin die "ungewöhnlich detaillierten technischen Spezifikationen" – die Ergebnis der Zusammenarbeit gewesen seien – erfüllen können.

Aufgrund der Feststellungen zu den drei geprüften  Beschaffungsvorhaben unterstreicht die BPK die Notwendigkeit einer möglichst frühzeitigen Einbindung der Abteilung Vergabe- und Einkaufsrecht (VER) des BMLV. Ebenso empfiehlt sie die Etablierung eines Systems von Risikoanalysen etwa betreffend Firmenkontakte, Sponsorings, Nebenbeschäftigungen und -tätigkeiten sowie Lobby-Aktivitäten. Mängel sieht die BPK auch bei der Umsetzung von Compliance-Regelungen in der täglichen Praxis und kritisiert das Fehlen eines Compliance-Informationsmanagements im BMLV sowie eines diesbezüglichen Fort- und Weiterbildungsmanagements.

Verteidigungsressort weist "Mutmaßungen" über mögliche Präjudizierungen zurück

Das BMLV unterstreicht in seiner Stellungnahme zum Jahresbericht der BPK, dass die Weiterentwicklung der Compliance im Ressort "sehr ernst genommen" werde. Zu diesem Zweck sei eine eigene Arbeitsgruppe eingerichtet als auch ein offener Maßnahmenkatalog erstellt worden, was die BPK ausdrücklich begrüßt und unterstützt habe. Alle Organisationselemente seien zudem weiterhin dafür verantwortlich, künftige Mängel zu vermeiden und Empfehlungen zeitnah zu beurteilen. 

Dennoch seien eine Reihe von Feststellungen und Empfehlungen der BPK bei den verantwortlichen Dienststellen auf "Verwunderung und Unverständnis" gestoßen. Unklare oder "suggestiv erscheinende" Feststellungen im Bericht wie die Formulierung "kann nicht ausgeschlossen werden" hätten einen fragwürdigen Nutzen bei der Beurteilung möglicher Mängel. Die Empfehlung zur möglichst frühzeitigen Einbindung der VER werde begrüßt und sei auch in den geltenden Richtlinien vorgesehen. Das BMLV gibt jedoch zu bedenken, dass eine abschließende vergaberechtliche Prüfung erst "nach Vorliegen aller Informationen" getroffen werden könne. Eine Einbindung der VER noch vor "abgeschlossener Beschaffungsreife" sei in vielen Fällen "weder erforderlich noch administrativ machbar".

Besonders klar äußert sich das Ressort zu den von der BPK angesprochenen Risiken einer Präjudizierung von Vergabeverfahren. Im Fall der Nachfolge des Transportflugzeuges C-130 betont die Stellungnahme, sowohl die Typenentscheidung als auch die vergaberechtliche Prüfung seien vor Unterzeichnung des Memorandum of Understanding erfolgt. Auch seien vor Einleitung des Vergabeverfahrens keine wesentlichen Aussagen zum Verfahrenstyp getroffen worden.

Für die Beschaffung der Flugabwehr mittlerer Reichweite im Rahmen der ESSI hält das Ressort fest, dass das abgeschlossene Memorandum of Understanding keine Weisung zur Beschaffung des Systems IRIS-T enthalte. Die Vereinbarung ziele "geradezu auf eine freie Typenwahl" ab und auch seitens der Ressortleitung sei noch keine Festlegung erfolgt.

Auch hinsichtlich der Beschaffung der Kampfstiefel weist das BMLV "Mutmaßungen" über den Einfluss der Entwicklungszusammenarbeit mit einem Anbieter auf das Vergabeverfahren zurück. Weder habe diese Entwicklungszusammenarbeit stattgefunden, noch sei es zu wettbewerbsbeschränkenden Maßnahmen gekommen. Die Feststellung der BPK, dass die umfangreiche Leistungsbeschreibung eine Rolle gespielt haben könnte, wird als spekulativ zurückgewiesen.

"Nicht nachvollziehbar" für das BMLV ist die Feststellung der  BPK, wonach im Verteidigungsressort kein Compliance-Informationsmanagement und kein entsprechendes Fort- und Weiterbildungsmanagement existiere. Bereits bestehende und teils standardisierte Maßnahmen seien der BPK im Rahmen der Stellungnahme zum Jahresbericht 2023 dargelegt worden, wenngleich weiterer Ausbaubedarf anerkannt werde.

Abschließend hält das Ressort fest, dass die Empfehlungen der BPK ein Anlass sein sollten, sich weiterhin systematisch mit "bloß möglichen" Risiken in der Beschaffung auseinanderzusetzen – auch wenn sich diese in den geprüften Beschaffungsvorhaben "vielleicht nicht verwirklicht" hätten. (Schluss) wit