Parlamentskorrespondenz Nr. 1143 vom 05.12.2025

Neu im Wirtschaftsausschuss

Wien (PK) – Mit einer umfassenden Regierungsvorlage für ein Günstiger-Strom-Gesetz möchte die Bundesregierung einen neuen Rechtsrahmen für den Strommarkt und die Rechte sowie Pflichten von dessen Akteuren festlegen (312 d.B.). Damit soll auf den starken Wandel des Elektrizitätsmarkts in den vergangenen Jahren reagiert werden, der eine zunehmende Dezentralisierung der Energieerzeugung und neue Marktakteure gebracht hat. Der bisherige 14 Jahre alte Rechtsrahmen sei dafür nicht mehr ausreichend, wird in den Erläuterungen argumentiert. Daher soll ein modernes Elektrizitätsrecht als Basis für System- und Kosteneffizienz aber auch zur Gewährleistung einer sicheren Stromversorgung geschaffen werden. Dies soll den Wettbewerb stärken und so auch für leistbare Energie sorgen. Das Gesetz strebt auch eine Stärkung der Rechte und des Schutzes von Endkundinnen und Endkunden an und möchte deren aktive Teilhabe am Energiemarkt fördern. So soll unter anderem die bereits im Zuge des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaketes geschaffene Möglichkeit, Energie in Energiegemeinschaften dezentral zu erzeugen, diese zu verbrauchen oder zu verkaufen, durch die Einführung des "aktiven Kunden" erweitert werden. Das Gesetz sieht auch Maßnahmen für einkommensschwache Haushalte, wie einen Sozialtarif, Vorauszahlungszähler sowie das Recht auf Ratenzahlung, vor.

Zudem soll die Kohärenz mit dem Fördersystem des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes hergestellt werden. Insgesamt soll das Gesetz daher zur Erreichung der europäischen und nationalen Energie- und Klimaziele beitragen. Insbesondere soll mit dem Gesetz das Ziel, den Gesamtstromverbrauch ab 2030 vollständig aus erneuerbaren Energiequellen zu decken, unterstützt werden. Das Gesetzespaket umfasst ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz und ein Energiearmuts-Definitions-Gesetz sowie eine Änderung des Energie-Control-Gesetzes. Damit soll mehreren EU-Richtlinien entsprochen und bereits eingeleiteten EU-Vertragsverletzungsverfahren entgegen gewirkt werden.

Verbesserungen für Endkundinnen und Endkunden

Durch vermehrte Transparenz- und Informationspflichten der Lieferanten soll der Schutz der Endkundinnen und Endkunden im Elektrizitätsbereich gewährleistet werden, ist den Gesetzeserläuterungen zu entnehmen. Dazu sollen Informationen zu den Themen Stromkennzeichnung, Lieferantenwechsel, Energieeffizienz, Stromkosten, Leistbarkeit, Grundversorgung und Energiearmut bereitgestellt werden. Ebenso haben Energieversorger verpflichtend Beratungsstellen einzurichten.

Zudem legt die Regierungsvorlage fest, unter welchen Bedingungen und wie oft Strompreise angepasst werden können und wie darüber informiert werden muss. Damit soll dem Interesse der Kundinnen und Kunden an stabilen Preisen Rechnung getragen werden. Ein Schwerpunkt wird auch auf den Wechsel des Stromanbieters oder -produkts gelegt. Kundinnen und Kunden sollen durch Information dabei unterstützt werden. Ebenso werden Regelungen und Anforderungen an Zahlungen und Rechnungen getroffen.

Maßnahmen zur Sicherung leistbarer Energie für einkommensschwache Haushalte

Für schutzbedürftige Haushalte sind im Gesetz eigene Maßnahmen vorgesehen. Dazu zählen das Recht auf einen Vorauszahlungszähler, das Recht auf Ratenzahlung oder der "Sozialtarif". Die Grundversorgung und Auffangversorgung soll sicher stellen, dass alle Haushalte und Kleinunternehmen zu Preisen, die gegenüber Neukundinnen und Neukunden angeboten bzw. wettbewerblich ermittelt werden, mit Strom versorgt werden. Die Regelung zur Grundversorgung wurde auf Basis der Erkenntnisse der letzten Energiekrisenjahre überarbeitet und hier Klarstellungen getroffen, ist den Erläuterungen zu entnehmen. Die Grundversorgung soll in Situationen greifen, in denen die Auffangversorgung und der gestützte Preis für begünstigte Haushalte mangels Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen nicht zur Anwendung kommen, aber die Versorgung vorübergehend gefährdet ist. Zur Vermeidung des vertragslosen Zustands soll wiederum die Auffangversorgung dienen. Dazu soll ein Auffangversorger mittels Ausschreibungsverfahren ermittelt werden.

Die Einführung eines gestützten Preises für begünstigte Haushalte ("Sozialtarif") soll eine sichere und leistbare Versorgung von einkommensschwachen Haushalten sicher stellen. Dieser soll für die Dauer der Befreiung vom ORF-Beitrag gewährt werden. Zudem wird ein Verbrauchskontingent festgelegt, um Einsparungsanreize zu setzen. Der gestützte Preis ist bis zu jährlichen Kosten von 50 Mio. € von den Lieferanten zu finanzieren.

Zum Schutz vor Stromabschaltungen wird auch die Nutzung eines Vorauszahlungszählers im Gesetz definiert. Damit wird es Endkundinnen und Endkunden ermöglicht, ihren Energieverbrauch genau zu kontrollieren und im Bedarfsfall auch einzuschränken.

Einführung des Modells der Gemeinsamen Energienutzung

Die Regierungsvorlage sieht auch vor, die aktive Teilnahme am Energiemarkt zu fördern. Die bereits im Zuge des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzespaketes geschaffene Möglichkeit, Energie in Energiegemeinschaften dezentral zu erzeugen, diese zu verbrauchen oder zu verkaufen, soll durch die Einführung des "aktiven Kunden" erweitert werden. Innerhalb der gemeinsamen Energienutzung ist es diesen möglich, auf vertraglicher Basis oder mittels Gründung einer Rechtsperson selbst erzeugte erneuerbare Energie mit anderen Endkundinnen und Endkunden zu teilen.

Auch Lieferverträge mit dynamischen Energiepreisen sollen die aktive Teilnahme am Strommarkt fördern. Die Möglichkeit, Strom mit eigenen Erzeugungsanlagen gemeinsam zu produzieren, zu speichern, zu verkaufen oder zu verbrauchen, oder die Möglichkeit der Flexibilisierung und Aggregierung der Erzeugung und des Verbrauchs, könne die Stromrechnung spürbar reduzieren, wird in den Erläuterungen angeführt.

Verbesserungen im Bereich der intelligenten Messgeräte

Intelligente Messgeräte seien die Basis eines zukünftigen erneuerbaren Energiesystems, das durch Schwankungen gekennzeichnet ist. Sie sind Voraussetzung für eine aktive Teilnahme an neuen und bestehenden Marktmöglichkeiten. In der wirkungsorientierten Folgenabschätzung der Regierungsvorlage wird deswegen angeführt, dass diese Messgeräte wichtig seien, damit Endkundinnen und Endkunden, den eigenen Stromverbrauch besser überblicken und kontrollieren können und Netzbetreiber mit den Daten, ihre Netze effizienter betreiben können und die Notwendigkeit des Netzausbaus reduziert wird. Daher soll eine etappenweise Umstellung auf Viertelstundenauslesung als Standardeinstellung bei intelligenten Messgeräten angestrebt werden.

Schaffung von mehr Transparenz

Es werden verpflichtend zu erstellende Netzentwicklungspläne im Verteilnetz, eine von den Netzbetreibern zu veröffentlichende Übersicht über verfügbare und gebuchte Netzanschlusskapazitäten, die Pflicht zur Anzeige neuer Betriebsmittel, die Einführung eines verpflichtenden Risikomanagement-Berichts für Lieferanten sowie die Harmonisierung des Verfahrens zur Erstellung der Allgemeinen Netzbedingungen mit der Regierungsvorlage verankert. Dies soll zu mehr Transparenz im Elektrizitätsbereich beitragen. Mit der verbesserten Datenlage sollen Netzbetreiber auch in die Lage versetzt werden, ihr Netz zielgerichteter zu planen, zu betreiben und ausbauen zu können. Insgesamt komme die gesteigerte Transparenz allen Akteuren zugute, wird in den Erläuterungen argumentiert.

Durch die gesetzliche Absicherung des witterungsabhängigen Freileitungsbetriebs sollen Übertragungsleitungen bei Aufrechterhaltung einer hohen Versorgungssicherheit intelligent auch über ihre Nennkapazität hinaus genutzt werden können. Dies sichere einen effizienten und sicheren Netzbetrieb ab. Vorgaben für Netzanschluss, Messung und Abrechnung sollen die Transparenz und Effizienz im Netzbetrieb erhöhen, Schnittstellen zwischen Erzeugung und Verbrauch vereinheitlichen und die Grundlage für eine sichere, automatisierte Abrechnung und Steuerung schaffen.

Schaffung der Rahmenbedingungen für ein flexibleres und resilienteres Elektrizitätssystem

Insgesamt soll die Systemflexibilität erhöht und eine effizientere Nutzung der Netzinfrastruktur ermöglicht werden. Dadurch sollen Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abgestimmt und Netzengpässe reduziert werden können. Durch die Stärkung von Flexibilitätsmechanismen und Steuerungsoptionen soll das Stromsystem effizienter und resilienter werden und besser in der Lage sein, erneuerbare Erzeugung zu integrieren. Flexibilität soll aktiv nutzbar gemacht werden und netzdienliches Verhalten gefördert werden. Beispielsweise sollen Regelungen zur Spitzenkappung für Windkraft- und Photovoltaikanlagen eingeführt werden. Dabei würden geringfügige Einschränkungen der Einspeisung akzeptiert, wenn damit die Netzkapazität besser genutzt und nicht überlastet wird.

Schaffung der Grundlagen für die Festlegung zeitgemäßer Netzentgelte durch die Regulierungsbehörde

Weiters soll der Regulierungsbehörde ermöglicht werden, durch zeitvariable und systemdienliche Entgeltstrukturen Flexibilitäten zu aktivieren und das Stromsystem auf eine kosteneffiziente, dezentrale Erzeugungseinheiten-orientierte Betriebsweise auszurichten, ist den Erläuterungen zu entnehmen. Dies soll Investitionen netzorientiert lenken und die Gesamtkosten des Systems senken. Einspeiser sollen für die ersten 7 kW ihrer netzwirksamen Leistung von der Entrichtung des Netznutzungsentgelts befreit werden. Die Regulierungsbehörde soll zukünftig auch für die Führung der komplexen Verfahren in Zusammenhang mit Marktmanipulations- und Marktmissbrauchsverdachtsfällen zuständig sein.

Energiearmuts-Definitions-Gesetz

EU-Mitgliedstaaten sind dazu verpflichtet, Energiearmut mit Indikatoren zu definieren. Daher werden im Energiearmuts-Definitions-Gesetz eine entsprechende Definition und Indikatoren verankert. Demnach gelten jene Haushalte als energiearm, die die notwendigen Mittel für Ausgaben für Haushaltsenergie für ein grundlegendes und angemessenes Maß an Lebensstandard und Gesundheit nicht oder nur unzureichend selbst aufbringen können. Die Definition von Energiearmut dient ausschließlich statistischen Zwecken, um eine quantitative Beschreibung und Beurteilung des Phänomens und Ausmaßes von Energiearmut zu ermöglichen. Dazu wird die Statistik Austria beauftragt, alle zwei Jahre – beginnend mit Dezember 2026 – eine statistische Analyse zu Energiearmut vorzulegen und zu veröffentlichen. Zum anderen werden Zielgruppen für Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut und für Förderungen im Bereich der Energieeffizienz und klimarelevanter Investitionen definiert und damit einhergehende Verfahrensbestimmungen geregelt. Diese sind "schutzbedürftige" bzw. "einkommensschwache" Haushalte für energiearmutspolitische Maßnahmen sowie "förderungswürdige Haushalte"" für klimarelevante Förderungen. Die ORF-Beitrags Service GmbH, die auf Bundesebene die Einkommensverhältnisse bereits in Zusammenhang mit der Befreiung der ORF-Beitragspflicht nach dem ORF-Beitrags-Gesetz 2024 prüft, wird damit betraut, auch in Belangen dieses Bundesgesetzes die Einkommensverhältnisse auf Antrag zu prüfen und mittels Bescheid festzustellen.

Änderung des Energie-Control-Gesetzes

Die Novellierung des Energie-Control-Gesetzes erfolgt in erster Linie, um es an die Inhalte und die Terminologie des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes anzugleichen. Weiters wird unter anderem vorgesehen, dass die Regulierungsbehörde E-Control auch zur zuständigen Stelle für Wasserstoffwirtschaft wird. (Schluss) pst

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