Fotoausstellung Global Peace Photo Award

Die Gewinner:innen des Global Peace Photo Award

• Sourav Das, Indien

  Friedensbild des Jahres 2022

  „Ein kleiner großer Sieg über die Pandemie“

  Die Klassenräume verschlossen, Online-Unterricht nicht möglich: Für Millionen Mädchen und Jungen hat Corona bedeutet, dass sie über Monate hinweg keine Schule mehr hatten. Ein weltweiter Bildungsnotstand, der mehr ist als ein Verlust im Erlernen des kleinen Ein-mal-eins: In vielen armen Ländern bedeutet das Schließen der Schulen auch, dass Kinder die einzige feste Mahlzeit am Tag nicht mehr haben. Aber es gab und gibt auch Initiativen wie jene des indischen Lehrers Deepnarayan Nayak, der die Schule in seinem Dorf kurzerhand ins Freie verlegt, die Wände der Häuser in Schultafeln verwandelt hat. Er hat die Vorsichtsmaßnahmen gegen eine Infektion aufgemalt, lehrt die Kinder im Umgang mit Masken, lässt sie in Sicherheitsabständen eine Schule im Freien absolvieren. Der indische Fotograf Sourav Das hat dieser friedvollen Aktion ein Denkmal gesetzt. Auf kleinster Ebene ist hier einer der 54 Artikel der UN-Kinderrechtskonvention umgesetzt: das Recht auf Bildung. Wie wichtig das ist, lässt sich beim Blick auf die Folgen der Schulschließungen sehen: Kinderarbeit und Frühehen sind wieder auf dem Vormarsch. Sourav Das, geboren 1987, bezeichnet auch seine Kamera als ein Instrument des Lernens, beruft sich auf den berühmten Henri Cartier-Bresson, wenn er sagt: „Mit einem Auge schaust du auf die Welt, mit dem anderen in dich selbst hinein.“ 
  Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.

• Maryam Firuzi, Iran

  Alfred Fried Friedensmedaille 2022

  „Die verstreuten Erinnerungen einer ungewissen Zukunft“

  Sind Erinnerungen an die Zukunft möglich? Bedeutet es, dass sich Vergangenheit wiederholen wird? Dass es keinen Fortschritt gibt? Die iranische Fotografin und Filmemacherin Maryam Firuzi ist eine Stimme der Frauen ihres Landes. Auch ihres Aufbegehrens in Zeiten eines latenten Krieges, in Zeiten von Unruhe und Ungewissheit. Dabei ist sie nicht laut, eher poetisch, auch melancholisch. Sie hat Ruinen zum Schauplatz ihrer jüngsten Arbeit gemacht, aufgegebene Schulen, verlassene Bahnhöfe, leere Theater oder Badehäuser. Zerstörte Plätze. Und dort hinein Frauen und ihr Werk gestellt, hier etwa die Künstlerin Fateme Eslamyan. Frauen, die die Kraft haben, im Land zu bleiben. Und nicht klein beizugeben. Es geht um Ermutigung. Um eine Respektbezeugung für die, die noch träumen. „Heilung“ erhofft sich Firuzi von ihnen, Inspiration und friedliche Wirkung. 
  Maryam Firuzi, 1986 in Schiras geboren und unter anderem im Besitz eines Diploms in Mathematik und eines Bachelor-Abschlusses in Software-Entwicklung, wurde bereits 2018 mit einer Alfred Fried Friedensmedaille ausgezeichnet. Damals für eine Arbeit über lesende Frauen. Lesen! Würden die Menschen mehr lesen, sagt Firuzi, würden sie vor allem Gedichte lesen, wäre die Welt vielleicht eine friedlichere, eine bessere. Weil Lesen toleranter machen könne, Empathie für andere erzeugen könne, Verständnis für das Leben, das nicht das eigene ist. 
  Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.

• Artem Humilevski, Ukraine

  Alfred Fried Friedensmedaille 2022

  „Riesig!“

  Wir sehen einen schwergewichtigen Mann. Wir sehen, welche komischen, schamfreien, rätselhaften, rührenden, auch liebenswerten Posen er einnimmt. Wir wundern uns. Und fangen an, uns zu fragen: Warum macht er solche Selbstporträts? Es hat (auch) mit Corona zu tun. Denn nicht nur Staaten hätten ja ihre Grenzen geschlossen, sagt Artem Humilevski, sondern auch jedes Individuum habe sich abkapseln müssen. Und dabei seien wir uns selber begegnet; und so sei sein Tagebuch entstanden, ein Plädoyer für Empathie und Offenheit. Was wir hier auch feiern – neben einer außergewöhnlich originellen und mutigen Fotoarbeit – ist das herzerfrischende Ende von body shaming. Ist der Ruf, Menschen jedweder Form (man könnte auch sagen Hautfarbe, Religion, Herkunft, Ethnie) tolerant zu begegnen. Sich nicht abzuwenden, wenn jemand nicht unseren Stereotypen von Normalität entspricht. Es geht um das Menschenrecht auf Diversität. Und wer sich näher mit Artem Humilevski befasst, zumal vor dem Hintergrund eines kriegerischen Überfalls auf sein Land, der wird den Ernst seiner Arbeit erkennen. Sie ist wahrlich nicht nur lustig. Hier macht sich einer nackt, hier macht sich einer wehrlos, um zu entwaffnen. Nach Frieden zu rufen. Artem Humilevski, 1986 in Mykolayiv in der Ukraine geboren, ist Manager eines Agrar-Unternehmens gewesen. Erst 2019 hat er sich ernsthaft der Fotografie zugewandt. 
  Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.

• Mary Gelman, Russland

  Alfred Fried Friedensmedaille 2022

  „Minya und Tatyana“

  Mit einer berückenden Intensität und Intimität lässt uns die russische Fotografin Mary Gelman am Leben zweier Menschen mit Down Syndrom teilhaben: Minya und Tatyana. Es reicht an die Ikonographie alter Malerei heran, wie sie die zwei so besonderen Gesichter im Schein einer Kerze zeigt. Geheimnisvoll, friedlich, zart. Geborgen. Geschöpfe mit Behinderungen waren im Kommunismus, in seiner Behauptung, nichts anderes als den idealen Menschen zu erschaffen, nicht vorgesehen. 1994 aber entstand zum Beispiel rund 150 Kilometer östlich von St. Petersburg eine auf den Werten der Camphill-Bewegung aufbauende Dorfgemeinschaft mit dem Namen Svetlana, eine Heimat für geistig und körperlich beeinträchtigte Menschen. Hier lernten sich Minya und Tatyana kennen und lieben. Gelman ist über fast zwei Jahre lang immer wieder zu ihnen zurückgekehrt, um den Alltag der beiden zu dokumentieren, vorsichtig und mit der Klugheit einer zarten Beobachterin. Unfreiwillig hat sie auch ein Requiem geschaffen, denn Tatyana erlag einer Corona-Infektion. Mary Gelman hat Soziologie studiert, befasst sich mit Geschlecht und Körperlichkeit, Identität und Diskriminierung. Auch Gewalt gegen Frauen in der russischen Gesellschaft ist eines ihrer Themen. Als Mitglied der berühmten Fotoagentur VII beweist sie in ihren Arbeiten jene Sensibilität, die die ganz Großen ihres Faches ausmacht. 
  Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.

• Ana Maria Arévalo Gosen, Spanien

  Alfred Fried Friedensmedaille 2022

  „Eine wilde Sinfonie“

  Musik als Kraftzentrum, als Weg in die Gemeinschaft und Befreiung aus der Gewalt: Ana Maria Arévelo Gosens Foto-Reportage spielt vor dem Hintergrund großer Krisen im Land ihrer Geburt, in Venezuela. Einer sozio-ökonomischen und politischen Krise, verschärft durch die Corona-Pandemie mit den bekannten Folgen vor allem für Kinder und Jugendliche in Ländern des globalen Südens. Es geht hier um ein Projekt, junge Menschen vor einem Absturz ins Drogen- und Kriminellen-Milieu zu retten. Durch die Integration in ein Jugend-Orchester. Eine Initiative der Sinfónica Gran Mariscal de Ayacucho unter Elisa Vegas, der einzigen Dirigentin eines venezolanischen Sinfonie-Orchesters. Mitglieder des professionellen Ensembles schlossen sich dafür mit street kids für eine Serie von Arrange-ments zusammen. Die Aufnahmen wurden an verschiedenen Wohnorten während des Lockdowns gemacht, mit dem Handy, dann gemixt. Schließlich gab es auch zwei öffentliche Konzerte auf der Straße. Als ein „Geschenk an die Hoffnung“ bezeichnet die Fotografin das Projekt. Geboren 1988 in Caracas, Venezuela, startete sie 2009 in Frankreich ein Politik-Studium, arbeitete ab 2014 als Fotografin in Deutschland und lebt gegenwärtig in Bilbao. Eine Erkrankung ihres Mannes machte sie auch zu einer Aktivistin der Aufklärungsarbeit über Krebs, während sie weiterhin vor allem zu Frauen-Themen arbeitet. 
  Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.

• Zoya Yeadon, Mauritius

  Kinderfriedensbild des Jahres 2022

  „Träumen in einer friedlichen See“

  Schweben statt unterzugehen. Von Lichtreflexen und Blau umgeben. Träumen in einer friedlichen See. Zoya Yeadon ist eine gute Schwimmerin. Aber das ist nun das Unspektakulärste, was sich über sie sagen lässt. Auf Mauritius geboren, ist sie eigentlich, wie ihr Vater sagt, „im Herzen eine Nomadin“. Neugierig auf die Welt. Die vergangenen fünf Jahre hat sie in einem Wohnmobil verbracht, dabei mehr als 80 Länder bereist. Unterrichtet wird sie in einem Programm der Wolsey Hall Oxford, einem homeschooling college, vielleicht der berühmtesten, mindestens einer der ältesten Schulen dieser Art, 1894 gegründet. Ihre besten Fächer? Geographie, natürlich. Und Mathematik und Englisch. Ihr Vater beschriebt sie als „erstaunlich belastbar“ und „unerschütterlich in einer Krise“. Als fröhlich und furchtlos – etwa, wenn sie vor 120 Kindern und Erwachsenen von ihren Reiseerfahrungen berichtet. Zoya fotografiert mit einer Leica ihres Vaters. 
  Und gäbe es ihn, müssten wir Zoya heute noch mit einem weiteren Preis ausstatten. Sie hat die nun wirklich längste Anreise hinter sich, die wohl jemals eine Preisträgerin, ein Preisträger auf sich genommen hat, um in Wien dabei zu sein. In Dubai gelandet, ist sie dort bereits zwei Monate vor der Preisverleihung gestartet. Im Auto Ihres Vaters via Saudi-Arabien, Jordanien, Israel, dann per Fähre nach Griechenland… Aus der Laudatio von Peter-Matthias Gaede.