Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 17

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Um in das Individualrecht des verhinderten Bundesrates nicht einzugreifen, wird daher vorgeschlagen, daß dieser hinsichtlich der Abtretung eine konkrete Erklärung gegenüber dem Präsidenten des Bundesrates – Bundesratskanzlei – abgeben muß, in welcher er auch jenen Bundesrat zu bezeichnen hat, der in sein Fragerecht eintreten soll.

Der Geschäftsordnungsausschuß hat diesen Antrag in seiner Sitzung am 25. Jänner 1996 in Verhandlung genommen.

Die Bundesräte Dr. Schambeck, Kone#ny und Dr. Kapral brachten einen Abänderungsantrag ein, womit die durch den EU-Beitritt Österreichs obsolet gewordenen Bestimmungen über den EWR-Ausschuß aus der Geschäftsordnung gestrichen werden und weiters die Bundesräte eines Landes mit weniger als fünf Mitgliedern die Möglichkeit erhalten, eine Debatte über die Erklärung ihres Landeshauptmannes zu verlangen; schließlich wird ein sinnstörender Druckfehler bereinigt.

Bei der Abstimmung wurde der Selbständige Antrag 90/A-BR/95 unter Berücksichtigung des vorerwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Geschäftsordnungsausschuß somit den Antrag, der Bundesrat wolle beschließen:

Der diesem Ausschußbericht angeschlossenen Änderung der Geschäftsordnung des Bundesrates wird die verfassungsmäßige Zustimmung erteilt.

Präsident Johann Payer: Ich danke dem Herrn Berichterstatter für seine Ausführungen.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. Ich erteile dieses.

14.54

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen des Berichterstatters konnten Sie bereits entnehmen, daß die zur Diskussion stehende Änderung der Geschäftsordnung einige Klarstellungen bringt, die die Handhabung der Geschäftsordnung in der Praxis erleichtern sollen. Es ist ein gutes Zeichen für die Zusammenarbeit im Bundesrat, daß auf erkannten Änderungsbedarf rasch reagiert wird, ohne das mit anderen Fragen zu junktimieren.

Der Hauptteil des Antrages stärkt die Verbindung des Bundesrates mit den Ländern. Der jeweilige Landeshauptmann kann auch von sich aus und nicht nur im Rahmen der vorgegebenen Tagesordnung Anliegen zur Diskussion stellen. In welcher Weise das künftig über rein protokollarische Höflichkeit hinaus genutzt wird, wird auch maßgeblich für den künftigen Einfluß des Bundesrates sein.

Die Bundesverfassung beschreibt die Stellung des Bundesrates in der Bundesgesetzgebung, ohne damit ausdrücklich eine bestimmte Aufgabe zu verbinden. Der Bundesrat ist also zunächst einmal zweite Kammer der Bundesgesetzgebung im allgemeinen Sinne, sozusagen die Verkörperung des Vier-Augen-Prinzips und Ausdruck der Gewaltenteilung auch in der Gesetzgebung selbst. Wir alle wissen, daß auch unter dem Gesichtspunkt der zweiten Kammer und ihrer Stellung unsere Befugnisse schwächer sind als die nahezu aller anderen zweiten Kammern der Parlamente anderer Staaten, gleich, welcher Staatsform sie sich bedienen. In einem einzigen Punkt sind wir völlig gleichberechtigt mit dem Nationalrat, was die Wirksamkeit unserer Beschlüsse und die Gleichwertigkeit der Einflußnahme betrifft, nämlich dort, wo Verfassungsänderungen die Zuständigkeiten der Länder einschränken würden.

Wenn wir uns fragen, ob wir den mit dem Vier-Augen-Prinzip üblicherweise verbundenen Erwartungen gerecht werden, müssen wir, glaube ich, zur Kenntnis nehmen, daß es in Österreich in der Bevölkerung, in den Ländern, auch in den Gemeinden, vielfältige Kritik an der Tätigkeit des Bundesgesetzgebers gibt.


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