Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 22

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Das heißt, ein gut strukturierter, arbeitsteilig arbeitender Staat ist so wie in großen Wirtschaftsunternehmen auch ein schlankerer Staat, im Gegensatz zu einem Staat, in dem zu viele Zuständigkeiten in unbeweglicher Weise an einer einzigen Stelle konzentriert sind.

Die über die Regierungsbildung verhandelnden Parteien werden in diesen Tagen natürlich mit Wünschen, was unbedingt geschehen solle oder auf keinen Fall geschehen dürfe, geradezu überschüttet. Ich möchte daher nicht mehr dazugießen, aber doch ein für den Bundesrat wichtiges Anliegen nicht verschweigen. Koalitionsvereinbarungen neigen nach aller Erfahrung – und diese ist in den Ländern eigentlich nicht anders als im Bund – dazu, Widerstände für die Durchsetzungsfähigkeit des Vereinbarten möglichst von vornherein aus dem Wege zu räumen beziehungsweise, wenn es notwendig ist, das notwendige Durchsetzungsinstrumentarium zur Verfügung zu haben.

Das gerät natürlich in der Bundesgesetzgebung in erhebliche Kollision mit den Aufgaben des Bundesrates, die Interessen der Länder zu wahren, nicht vorrangig jene der die Bundesregierung bildenden Parteien. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zum Nationalrat, dessen vorrangige Aufgabe es ist, das, was politischer Konsens für die Mehrheitsbildung ist, auch entsprechend durchzusetzen.

Der Bundesrat kann eigentlich nach den ihm übertragenen Aufgaben nicht gehindert sein, zur Vertretung der Länderinteressen, allerdings nicht beliebiger, womöglich anderer parteipolitischer Interessen, von seinen verfassungsmäßigen Rechten tatsächlich Gebrauch zu machen, wenn das von den Ländern entsprechend gewünscht wird.

Wenn das freie Mandat verteidigt wird – und das ist eine Diskussion, die durchaus Plus und Minus aus dem jeweiligen Betrachtungswinkel haben kann –, dann muß dieses freie Mandat in Koalitionsvereinbarungen als Länderkammer, wohl zuerst in diese Richtung verteidigt werden.

Bei allen Unterschieden, die wir von unseren Ländern mitbekommen haben, von unseren politischen Parteien, denen wir angehören, haben wir, glaube ich, doch parteiübergreifend den gemeinsamen Wunsch, die uns von den Landtagen übertragenen Aufgaben auch tatsächlich und wirkungsvoll – und nicht gehindert durch außerhalb des Bundesrates getroffene Absprachen – wahrnehmen zu können.

Ich glaube, wenn wir diesen Wunsch zum Maßstab unseres eigenen Verhaltens machen, dann können wir sagen, daß wir unserer Aufgabenerfüllung ein weiteres gutes Stück entsprochen haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.21

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Albrecht Kone#ny. – Ich erteile dieses.

15.21

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß zugeben, daß ich von zwei Prägungen ein wenig geleitet bin, wenn ich in diesem Zusammenhang hier das Wort ergreife: einerseits davon, daß ich in den nunmehr nicht so ganz wenigen Jahren, in denen ich dieser Körperschaft angehöre, und in vielen, vielen Jahren davor, in denen ich als Mitarbeiter des SPÖ-Parlamentsklubs den Bundesrat intensiv kennengelernt habe, eine tiefsitzende Abneigung gegen Nabelschautendenzen dieses Hauses entwickelt habe.

Mir scheint, daß dieses Haus seine Möglichkeiten konsequent nützen soll – sie sind so klein nicht! – und daß die ewige Diskussion darüber, wie dieser Kammer des Parlaments mehr Einfluß verschafft werden kann, eines mit Sicherheit erfolgreich verhindert: mehr Einfluß zu erlangen. Wer dauernd in den finsteren Wald geht und laut pfeift, wird dadurch nicht mutiger und stärker, und mir scheint, daß diese Kammer ein wenig durch die Gegend pfeift – nicht aus dem letzten Loch, aber im finsteren Wald.

Das zweite, von dem ich geprägt bin – und das ist ein jüngerer Einfluß, Herr Minister –, ist die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament, wo einem zwei, drei und, wenn man Glück hat, fünf


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