Bundesrat Stenographisches Protokoll 608. Sitzung / Seite 24

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

politischen Kraft dem Bundesrat sehr anempfehlen. (Beifall bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

15.29

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Peter Kapral. Ich erteile dieses.

15.29

Bundesrat Dr. Peter Kapral (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Den heute zur Beschlußfassung anstehenden geringfügigen Änderungen der Geschäftsordnung, die ja zu einem Teil auch nur Anpassungen an gegebene Verhältnisse darstellen, haben wir gerne unsere Zustimmung gegeben, weil auch eine Politik der kleinen Schritte letztlich zum Erfolg führen kann.

Keineswegs ist diese Zustimmung aber so zu verstehen, daß wir unser Ziel einer umfassenden Reform des Bundesrates aufgegeben haben und uns eben mit diesen kleinen Retuschen an der Geschäftsordnung zufriedengeben.

Ich kann meinem Vorredner, Bundesrat Kone#ny, durchaus zustimmen, daß man diese Reformbestrebungen in Gang setzen, intensivieren, verdoppeln kann, wenn man wirklich handelt, aber dieser Appell, zu handeln und nicht zu reden, muß dann auch wirklich beherzigt werden.

Meiner Meinung nach sind aber die Aussichten dafür denkbar ungünstig. Die Diskussion über den sogenannten koalitionsfreien Raum, wie sie sich derzeit in der Öffentlichkeit abspielt, läßt hier nicht sehr viel Hoffnung aufkommen. Letztlich läuft ja bedauerlicherweise diese Diskussion auf eine weitgehende Ausschaltung des parlamentarischen Systems überhaupt hinaus, wodurch der Nationalrat sowohl zu einer reinen Abstimmungs- als auch zu einer Vollzugsmaschine des Koalitionsapparates zu werden droht.

Wenn dies schon für den Nationalrat gilt, wie wird sich diese Entwicklung erst hier im Bundesrat auswirken, den man ja schon bisher – und ich glaube, nicht ganz zu Unrecht – den Vorwurf gemacht hat, in praxi eine Duplizierung des Abstimmungsverhaltens im Nationalrat zu sein. Das ist also ein nicht sehr positives Bild einer demokratischen Institution. Und in diesem Zusammenhang sind die erfreulich positiven Äußerungen des Herrn Bundesrates Kone#ny wohl nur eine hehre Hoffnung, was ihre tatsächliche Realisierung anlangt.

Die Frage einer Verbesserung der Stellung des Bundesrates in unserem demokratischen System stellt sich wohl für die nächste Zeit nicht.

Sie können überzeugt sein – dies richtet sich vor allem an die Damen und Herren von der ÖVP –, daß wir, wenn es tatsächlich zu einer solchen starren Bindung innerhalb einer allfälligen Koalition kommen sollte und Sie sich von den sozialdemokratischen Verhandlungspartnern in die Knie zwingen lassen, jede Gelegenheit nützen werden, um die Bürger und Bürgerinnen über diese Vorgangsweise zu informieren und aufzuzeigen, wie wenig Wert, wie wenig Gewicht auf demokratische und parlamentarische Vorgangsweise gelegt wird. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich darf noch ein anderes Thema ansprechen. Österreich ist seit über einem Jahr Mitglied der Europäischen Union. Während die Mitwirkungsrechte des Nationalrates an der EU-Beschlußfassung, an der Vorbereitung und Beratung über Entscheidungen des sogenannten Rates naturgemäß schon seit längerem fixiert wurden, ist die ebenfalls vorgesehene Mitwirkung des Bundesrates noch nicht endgültig festgelegt. Es gibt zwar einen EU-Ausschuß, der, wie gesagt, heute getagt hat, aber offen sind nach wie vor notwendige Ergänzungen der Geschäftsordnung und vor allem eine Regelung der Frage, wie die Erledigung allfälliger EU-Anträge erfolgt, insbesondere eben, ob dieser EU-Ausschuß solche Anträge auch anstelle des Plenums enderledigen kann.

Eine diesbezügliche Verfassungsgesetz-Novelle bedarf natürlich eines Beschlusses des Nationalrates, der durch die vorgezogenen Neuwahlen hinausgezögert wurde. Ich persönlich bin


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite