Bundesrat Stenographisches Protokoll 609. Sitzung / Seite 90

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16.12

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Kapral, Dr. Bösch und Kollegen wurde mit dem Titel "Aushöhlung des Föderalismus" versehen. Ich darf diese Anfrage in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers beantworten und möchte einleitend zu den Bemerkungen und Feststellungen des Herrn Dr. Kapral Stellung nehmen.

Erstens glaube ich, daß es heute nicht darum geht, über eine etwaige Aushöhlung des Föderalismus in Österreich zu diskutieren. Allein aus Ihrer Anfragebegründung geht deutlich hervor, daß es Ihnen im wesentlichen darum geht, daß Sie darüber diskutieren wollen, was im Parlament am Dienstag schon mit sehr mäßigem Erfolg von der freiheitlichen Partei versucht wurde, nämlich darüber zu diskutieren, inwieweit dieses Sparpaket der Bundesregierung, das demnächst dem Parlament vorgelegt wird, sinnvoll, sozial ausgewogen und gerechtfertigt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf einleitend zusätzlich noch feststellen, daß die Kritik an der hohen Staatsverschuldung und den Staatsschulden ohne Zweifel gerechtfertigt ist. Wir müssen uns dessen bewußt sein, daß wir gemeinsam versuchen müssen, hier gegensteuernd zu wirken.

Es gibt aber auch berechtigte Gründe und Erklärungen dafür, wieso gerade in den letzten Jahren die Staatsverschuldung deutlich gestiegen ist. Dazu möchte ich einmal feststellen, daß wir 1987 eine ähnliche Situation gehabt haben. Auch die damalige Bundesregierung hat 1987 Maßnahmen eingeleitet, die dazu geführt haben, daß wir 1992 alle Konvergenzkriterien der EU erfüllt haben, obwohl wir damals noch nicht Mitglied der Europäischen Union gewesen sind. Wir wären damals ein Land gewesen, das alle Bedingungen erfüllt hätte.

Das hat sich 1993, 1994 und 1995 geändert. Es hat sich deshalb geändert, weil wir 1993 und 1994 eine beginnende Wirtschaftskrise gehabt haben, gegen die diese Bundesregierung sehr viele Maßnahmen gesetzt, sehr viele Strukturmittel eingesetzt hat, die dazu geführt haben, daß wir im internationalen Vergleich heute bedeutend besser liegen als viele andere Staaten. Es ist ja nicht so, daß Österreich eine Insel der Negativa ist, daß es nur in Österreich hohe Budgetdefizite und Verschuldungen gibt. Österreich bewegt sich vielmehr international gesehen im Durchschnitt. Wenn Sie sich die Probleme in anderen Staaten anschauen – innerhalb der EU oder in den Vereinigten Staaten –, dann sehen Sie, daß deren Probleme mindestens genauso gewaltig, wenn nicht noch viel schwieriger als unsere Probleme sind.

Die Gründe dafür, daß wir dieses hohe Budgetdefizit erwirtschaftet haben, sind mannigfaltig. Ich möchte fünf hervorstreichen. Der erste Grund ist der, daß die gegensteuernden Maßnahmen, die dazu geführt haben, daß die österreichische Arbeitslosigkeit im internationalen Vergleich unbestritten eine äußerst niedrige ist, ohne Zweifel sinnvoll waren. (Bundesrat Dr. Prasch: Die höchste Arbeitslosigkeit seit Kriegsende!)

International gesehen ist es eine der niedrigsten. Wir alle müssen gemeinsam versuchen, Maßnahmen und Vorhaben zu treffen, damit diese Arbeitslosigkeit, die mit fast 300 000 im Jänner 1996 zugegebenermaßen eine hohe ist, vermieden wird, und versuchen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wir müssen aber gleichzeitig auch sehen, daß die Beschäftigung in Österreich mit über 3,1 Millionen unselbständig Beschäftigten auch sehr hoch ist.

Zweiter Grund ist, daß wir seit 1991 zwei Steuerreformen durchgeführt haben, die sowohl den Arbeitnehmern in Österreich als auch den Wirtschaftstreibenden massive Entlastungen gebracht haben, Steuerreformen, die den österreichischen Staat insgesamt fast 50 Milliarden Schilling gekostet haben. Wenn ich zum Beispiel daran denke, daß die Vermögensteuer abgeschafft worden ist, daß die Gewerbesteuer – diese unsägliche Gewerbesteuer! – abgeschafft worden ist, wenn ich daran denke, daß der Spitzensteuersatz reduziert worden ist, oder wenn ich daran denke, daß eine Art Negativsteuer für die kleinen Einkommen eingeführt wurde, dann zeigt das doch, daß da sehr viel geschehen ist, und das hat uns auch viel gekostet.

Drittens: Wir haben den Beitritt zur Europäischen Union vollzogen, und es war dabei jedem klar, daß, wenn wir Mitglied der Europäischen Union werden, wir ein Land sind, das in diesen Topf


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