Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 34

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und sexueller Mißbrauch nicht verleugnet werden können, darf uns nicht dazu verleiten, den bestehenden Strafvollzug überhaupt in Frage zu stellen. Vielmehr müssen die seit Jahren durchgeführten Maßnahmen verstärkt umgesetzt werden.

Dies bedeutet, daß es notwendig ist, sowohl die baulichen und sanitären Bedingungen weiter zu verbessern, die personellen Ressourcen zu verstärken, begleitende Schulungen und Supervision anzubieten und organisatorische Strukturen effizient zu gestalten. Nicht zuletzt bedarf es aber geänderter gesetzlicher Bestimmungen wie der gegenständlichen, um einerseits das Personal zu schützen und andererseits den Schutz Fremder sicherzustellen. International gesehen dürfen wir Österreichs Strafvollzug durchaus einem Vergleich unterziehen. Medienberichten im Zusammenhang mit der jüngsten Geiselnahme war zu entnehmen, daß beispielsweise in den USA im Vergleich zu Österreich etwa zehnmal so viele Menschen eingesperrt werden und es extreme Ordnungsprobleme in der Haft und Rückfallsraten weit über dem europäischen Standard gibt. In Deutschland liegt diesen Berichten zufolge die Rate an Geiselnahmen in der Haft etwa 100mal höher als in Österreich.

Es mag für viele unglaublich klingen, dennoch können wir aus dieser Sicht feststellen, daß Österreichs Strafvollzug dem Grunde nach in Ordnung ist. Dessen ungeachtet bedarf es selbstverständlich weiterer konkreter Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Gefängnissen sowie auch der Sicherheit in Gerichtsgebäuden.

Aus diesem Grund sollen der Justizwache künftig erhöhte Kompetenzen eingeräumt und muß eine Präzisierung von Rechtsgrundlagen für die Ausübung von Befugnissen vorgenommen werden. So kann ein höheres Maß an Rechtssicherheit geschaffen werden. Die seit vielen Jahren bestehende innere Revision, die sich in der Praxis bereits vielfach bewährt hat, soll mit dieser Novelle schließlich einer eigenen Rechtsgrundlage unterworfen werden. Als wesentliche Maßnahme soll es künftig aufgrund dieser Novelle möglich sein, daß bei begründetem Verdacht Besucher und Lieferanten in Haftanstalten von Justizwachebeamten durchsucht werden. Zur Sicherung der Gerichtsgebäude sollen für Personenkontrollen überdies auch private Sicherheitsdienste herangezogen werden können. Aufgrund dieser Bestimmungen wird derartigen Diensten auch die zur Kontrolle notwendige rechtliche Befehls- und Zwangsgewalt eingeräumt. – Die vorgesehenen Regelungen dienen also vor allem dazu, bestehende Unsicherheiten und Regelungsdefizite in den Befugnissen der Strafvollzugsbediensteten oder der Gerichtsorganisation zu beseitigen und ein höheres Maß an Rechtssicherheit im Interesse der Sicherheit des Strafvollzuges, aber auch unserer Gerichte zu gewährleisten.

In meiner Einleitung zu der zur Debatte stehenden Gesetzesvorlage habe ich bereits darauf verwiesen, daß wir in einer Zeit leben, in der gesellschaftliche Zwänge, Sitten, Normen und konservative Wertvorstellungen sich zugunsten einer liberaleren Haltung und Weltanschauung verändern. Bei aller Berücksichtigung derartiger Veränderungen darf jedoch der gesellschaftspolitische Hintergrund dieses Handelns nicht außer acht gelassen werden und muß die persönliche Würde des Menschen unser oberstes Ziel bleiben. – Unter diesem Aspekt verstehe ich die vorgesehenen gesetzlichen Maßnahmen und darf feststellen, daß entsprechend dem Antrag des Berichterstatters meine Fraktion die Zustimmung zu den Vorlagen zu Punkt 2 bis 5 erteilen wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.38

Präsident Josef Pfeifer: Danke.

Am Wort ist Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer.

10.38

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Nachdem nun für alle erhitzten Gemüter in den letzten Wochen ausreichend Zeit war, sich wieder zu beruhigen, möchten wir Freiheitlichen Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, nochmals einen vernünftigen und tragfähigen Kompromiß in der Frage des § 209 Strafgesetzbuch anbieten.


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