Bundesrat Stenographisches Protokoll 627. Sitzung / Seite 18

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General Joulwan in Mons lange darüber geredet. Die Österreicher sind bisher 3,5 Millionen Kilometer gefahren.

Der ganze Friedenseinsatz wäre nicht denkbar ohne diese logistische und kommunikative Voraussetzung und Vorarbeit durch die Österreicher. Wir haben durch diesen Einsatz selber unendlich viel gelernt. Wir haben gelernt, wie man sich einbindet in eine solche höchst komplexe Zusammenarbeit mit über 25 Ländern, welche an diesem internationalen Einsatz, dem größten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, mitwirken. Das hat uns unendlich viel an Wissen gebracht.

Außerdem muß hinzugefügt werden, daß dieser Einsatz in der NATO über die bisherigen PfP-Erfahrungen hinausgeht. PfP im klassischen Sinn ist eigentlich rein friedenserhaltend, während der Bosnieneinsatz, der unter dem Kapitel 7 der UNO-Charta läuft, einen potentiell friedensdurchsetzenden Charakter hat. Wie wir alle wissen, sind die Grenzlinien zwischen Friedenserhaltung und Friedensdurchsetzung selbstverständlich fließend, und die diesbezüglichen Übungen sind hervorragend gelungen.

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Wir gelangen nunmehr zum Aufruf der 6. Anfrage, 757/M, des Herrn Bundesrates Erhard Meier (SPÖ, Steiermark) an den Herrn Vizekanzler und Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten. Ich darf Herrn Bundesrat Erhard Meier höflich um die Verlesung der Anfrage bitten.

Bundesrat Erhard Meier: Herr Vizekanzler! Anschließend an die Frage "Partnerschaft für den Frieden" und eine sehr zufriedenstellende Antwort stelle ich meine Frage:

757/M-BR/97

Warum glauben Sie, daß Österreich unbedingt die Neutralität aufgeben und der NATO beitreten sollte?

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Bitte, Herr Vizekanzler.

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich glaube nicht, daß Sie von mir irgendeine Äußerung zitieren können, in der ich mich für die Abschaffung der österreichischen Neutralität stark gemacht habe. Eine solche Äußerung gibt es von mir nicht. Es gibt jedoch von mir eine klares Bekenntnis dazu, daß die Zeit jetzt reif ist, daß wir uns für eine vollberechtigte Teilnahme an der NATO entscheiden sollen. Ich kann das auch gerne begründen.

Ich selbst habe in den zwei Jahren, die ich jetzt Außenminister bin, zunächst einmal eher das Tempo gedrosselt, und zwar mit guten Gründen, weil ich der Meinung war, daß man jetzt wirklich einmal abwarten soll, bis alle Fakten auf dem Tisch liegen. Es war damals schon absehbar, daß sich die NATO weiterentwickeln wird, daß sie sich eine Erweiterungsrunde vornimmt, daß sie sich in Richtung einer weniger klassischen Militärallianz und einer verstärkten politischen Komponente bewegen wird, daß es vielleicht einen Partnerschaftsvertrag mit Rußland und der Ukraine geben wird. Aber da gab es viele Fragezeichen, und ich habe gemeint, daß es klug sei, nicht mit Hurra und Gebrüll zu sagen: Wir gehören dort hinein, egal wie das ausgeht, sondern daß es klug sei, diese Schritte abzuwarten und dann eine österreichische Entscheidung zu treffen.

Jetzt wissen wir mehr, und ich erwartete es auch so, wie es jetzt eingetroffen ist: Die NATO bleibt zwar im Kern ein Sicherheitsbündnis, auch mit Allianz und Beistandscharakter, aber sie geht viel weiter. Der umfassende Sicherheitsbegriff hat sich bestätigt, die Zusammenarbeit mit der OSZE, mit der Europäischen Union, mit dem Europarat und mit der UNO klappt hervorragend.

Kleines Beispiel: Das Ende des Blutvergießens in Bosnien wäre ohne NATO-Einsatz nicht möglich gewesen. Die Wahlen in Bosnien wären ohne die OSZE und ohne die Wahlbeobachter nie möglich gewesen. Und der wirtschaftliche Aufbau, die zivile Komponente, die eigentlich das Ziel dieses ganzen Friedenseinsatzes ist, daß die Volksgruppen besser miteinander können, daß sie


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