Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 122

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Daß wir diese Probleme haben, liegt natürlich nicht nur an den mangelhaften Instrumenten, die dem Gesetzgeber in Österreich durch das Verfassungsrecht zur Verfügung gestellt werden, sondern es liegt eher an der Mangelhaftigkeit des Verfassungsbewußtseins. Außer Streit soll allerdings gestellt sein, daß die Instrumente geradezu dazu verführen, mangelhaftes Verfassungsbewußtsein zu entwickeln.

Daher möchte ich abschließend noch auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Es wurde auch schon in der Anfragebeantwortung angesprochen, daß es nach der Bundesstaatsreform wohl an der Zeit wäre, das Projekt der Neukodifikation des Bundesverfassungsrechts wieder in Angriff zu nehmen. Das ist ein langwieriges, hoch komplexes Projekt, mit dem man auch in anderen Staaten mit einem vergleichsweise kleineren Verfassungsrechtsbestand wie etwa der Schweiz nur mit großen Mühen vorankommt. Aber Bereinigung im nachhinein ist etwas anderes als Vorsorge, daß diese Uneinheitlichkeit des Verfassungsrechts nicht weiter fortschreitet. Daher weise ich auf die Notwendigkeit hin, endlich das sogenannte Inkorporierungsgebot in der Verfassung zu verankern, was bedeuten würde, daß Verfassungsrecht künftig wirklich nur mehr in der Verfassungsurkunde selbst geschaffen werden kann.

Wir haben bereits bei einigen Bundes-Verfassungsgesetz-Novellen, auch heute wieder, gesehen, daß man diese Gelegenheit immer wieder ungenutzt verstreichen läßt. Es ist sicherlich richtig, das nicht isoliert zu lösen, sondern innerhalb einer umfassenderen Verfassungsgesetznovelle. Es ist dies über Verlangen der Länder auch Inhalt der Bundesstaatsreform. Es wäre aber doch wünschenswert, daß man sich endlich aufrafft, unabhängig davon diesen Beitrag zur Verfassungshygiene zu leisten.

Wir selbst haben auch schon einen Beitrag dazu geleistet. Mit dem Gesetzesantrag vom 23. März 1995 hat sich der Bundesrat gemeinsam in einem Antrag dazu bekannt, dieses Inkorporierungsgebot vorzuschlagen. Das wurde dann auch in den Nationalratsunterlagen unter Nummer 159 als einer der seltenen Fälle eines Gesetzgebungsantrags des Bundesrates verankert, ist dann allerdings wegen der Auflösung des Nationalrates verfallen. Ich würde es begrüßen, wenn sich der Bundesrat in einem neuen Anlauf neuerlich zu diesem wichtigen, nicht nur für die Länder, sondern für die Verfassungsstaatlichkeit insgesamt wichtigen Anliegen bekennen könnte. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

17.15

Präsident Dr. Günther Hummer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch. Ich erteile es ihm.

17.15

Bundesrat Dr. Reinhard Eugen Bösch (Freiheitliche, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist bei dringlichen Anfragen der Freiheitlichen eigentlich immer dasselbe Ritual bei den Damen und Herren der Koalitionsparteien festzustellen: Zuerst wird die Anfrage ein wenig lächerlich gemacht, dann wird diese aber plötzlich, wie etwa heute von Herr Vizepräsidenten Jürgen Weiss, als Initialzündung betrachtet, und es werden in einem wahren Redeschwall einige Reformvorschläge gemacht, die wirklich bemerkenswert sind. Man merkt daran auch, daß die Themen, die von uns vorgebracht werden, zu denen gehören, zu welchen es in diesem Hause tatsächlich etwas zu sagen gibt.

Dasselbe Phänomen war auch bei Kollegen Rauchenberger festzustellen, der eingeräumt hat, daß die Überlastung der Höchstgerichte wirklich ein Problem sei. Er hat dann ein bisserl herumgeredet, hat aber im wesentlichen doch auch einige bemerkenswerte Aussagen gemacht. Ohne diese dringliche Anfrage wüßten wir nämlich jetzt alle nicht, daß die SPÖ den Konsultationsmechanismus, so wie er jetzt eingerichtet werden soll, eigentlich nicht für richtig empfindet.

Sie, Herr Staatssekretär, haben eine Beantwortung geliefert, die uns nicht genügend war. Ich muß wirklich sagen, daß einige Themen, die wir in unserer dringlichen Anfrage aufgeworfen haben, von Ihnen nicht ausreichend beantwortet wurden. Wir haben diese dringliche Anfrage


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