Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 233

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Dringliche Anfrage

der Bundesräte Dr. Michael Rockenschaub, DDr. Franz Werner Königshofer, Dr. Peter Harring, Dr. Peter Böhm, Dr. Susanne Riess-Passer und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die geplante Kapitalerhöhung bei der Nationalbank (1319/J-BR/97)

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Dr. Rockenschaub und Kollegen an den Herrn Bundesminister für Finanzen.

Da diese Anfrage inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Dr. Rockenschaub als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort.

13.49

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Vor zirka 40 Jahren, im Jahr 1955, wurde die Hälfte der Aktienanteile an der Oesterreichischen Nationalbank Organisationen und Verbänden zugeteilt, die sich im Umfeld von Volkspartei und Sozialdemokratischer Partei bewegten. Man weiß bis heute nicht genau – zumindest ist es uns nicht bekanntgemacht worden –, wer, ob und wieviel für diese Aktien damals bezahlt hat.

Weltweit einmalig dürften die Tatsache und der Zustand gewesen sein, daß eine politische Partei Aktionär einer Zentralbank wurde. Das hat es meines Wissens nach nicht einmal in China, Kuba oder in der UdSSR gegeben.

Die Dividende mit zuletzt in der Höhe von 10 Prozent war gedacht als Verzinsung für das nominal eingesetzte Kapital, war jedoch – das geht auch aus einschlägigen Bestimmungen des Nationalbankgesetzes hervor – nicht gedacht als eine Teilhabe der Aktionäre, dieser genannten Aktionäre, am Firmenwert der Oesterreichischen Nationalbank, an der steigenden Substanz der Nationalbank.

Es kam dann im Jahre 1985 zu den berühmt gewordenen Schreiben des damaligen AZ-Geschäftsführers und heutigen Bundesratskollegen Kone#ny an den damaligen Bundeskanzler Dr. Sinowatz, mit dem Kollege Kone#ny ganz offen die Parteikassen der SPÖ aufbessern wollte. Er hat sich dafür eingesetzt, eine Kapitalerhöhung, eine Erhöhung des Grundkapitals bei der OeNB durch Kapitalberichtigung zu erzielen, wodurch die Dividende entsprechend gestiegen wäre und die Finanznöte des Firmenbereiches vom Kollegen Kone#ny gemildert hätten werden sollen.

Seit Anfang der neunziger Jahre macht die Nationalbank eher unrühmliche Schlagzeilen durch das Bekanntwerden ungeheurer Privilegien, sagenhafter Millionengagen, sagenhafter Millionenabfertigungen und sagenhafter Millionenpensionen. Auf diese Kritik, die auch durch meine Partei entscheidend ausgelöst wurde, hat man inzwischen reagiert und erste Schritte unternommen, die man durchaus auch positiv bewerten kann.

Aber in Erinnerung sind mir – das wird mir lebenslang in Erinnerung bleiben – die 11 Millionen geblieben, die Sozialdemokrat Kienzl an Abfertigung dafür erhalten hat, daß er vom Direktorium in das Präsidium der Nationalbank übersiedelt ist. Diese Zustände sind angesichts der Tatsache – das sehen wir nicht alleine so –, daß die Nationalbank seit rund 30 Jahren in Wahrheit keine eigenständige Devisenpolitik führen mußte, da man mit der D-Mark in Währungsunion ging und bei den schwerwiegenden devisenpolitischen Entscheidungen eine Art Filiale der Frankfurter Bundesbank war, nicht haltbar.


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