Bundesrat Stenographisches Protokoll 635. Sitzung / Seite 17

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847/M-BR/98

Welche neuen Schritte planen Sie hinsichtlich der Reduktion klimarelevanter Gase nach der Konferenz von Kyoto?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Bundesrat! Ich bedanke mich herzlich für diese Frage, weil der Post-Kyoto-Prozeß sehr entscheidend sein wird. Es haben sich Amerikas Vizepräsident Al Gore und die Amerikaner insgesamt in den letzten Wochen und Monaten wahrlich nicht als sehr verantwortliche Klimaschützer betragen. Es hat Al Gore in Kyoto gesagt, daß 1997 das wärmste Jahr in der Geschichte der Menschheit, jedenfalls seitdem irgendwelche Messungen dokumentiert werden, war. Er konnte das schon drei Wochen vor dem Jahreswechsel sagen. Als ob es eines Beweises für unsere Region bedurft hätte, sind auch bei uns die Temperaturen in diesem Winter ganz außerordentlich hoch.

Es wird notwendig sein, die Beschlüsse von Kyoto voll und ganz umzusetzen, und so wie in Österreich berechnet man jetzt in allen Industrieländern dieser Welt, wie man es durchführen wird. Insgesamt bedeutet der Beschluß von Kyoto für die Industrieländer, daß bis zum Jahre 2010 gegenüber dem Stand von 1990 eine Reduktion der klimarelevanten Gase um 5,2 Prozent erreicht werden soll. Österreich selbst hat, so wie alle EU-Länder, in Kyoto eine 8-Prozent-Reduktion der sechs Treibhausgase unterschrieben.

Man muß jetzt sehr aufpassen, daß man das Kohlendioxid, also das wesentliche Treibhausgas, die beiden anderen wesentlichen Gase, nämlich Methan und Lachgas, und die drei weiteren Fluoride, die in diesem Topf enthalten sind, nicht vermengt und die Zahlen durcheinanderbringt. Alles, was in Kyoto beschlossen worden ist, bezieht sich auf diesen Korb von sechs Gasen.

Ich selbst meine, daß wir in Österreich jedenfalls an dem Toronto-Ziel festhalten sollten – wir haben das aus guten Grund mehrfach im Nationalrat, im Bundesrat, in der Regierung beschlossen; das ist eine Selbstverpflichtung, das sind wir uns selbst schuldig –, bis zum Jahre 2005 das Kohlendioxid um 20 Prozent zu reduzieren.

Ich erwarte mir für die nächsten Monate, aber spätestens bis zum Juni, daß es auf EU-Ebene zu einer Neuverteilung der Lasten – manche sagen auch: der Chancen – aus dem Beschluß von Kyoto kommt. Österreich ist innerhalb der EU-Verhandlungsposition mit einer Minus-25-Prozent-Reduktion per 2010 nach Kyoto gegangen – jetzt allerdings wiederum für drei Treibhausgase: Kohlendioxid, Methan und Lachgas. Das entspricht im wesentlichen der Umsetzung des Toronto-Ziels; gemäß unserer nationalen Selbstverpflichtung allerdings bis zum Jahre 2005.

Das wird neu zu verhandeln sein. Ich erwarte mir von großen Ländern wie Großbritannien, wie insbesondere auch Frankreich nach dem dortigen Regierungswechsel – das Umweltressort wird von einer grünen Ministerin, von Dominique Voynet, geführt – verstärkte Verpflichtungen. Ich gehe auch davon aus, daß Steigerungsquoten innerhalb der sogenannten EU-Glocke, wie etwa diejenige von Portugal mit plus 40 Prozent, überdacht werden sollten, weil außerhalb der Europäischen Union kein vergleichbarer Wert für ein vergleichbares Industrieland gegeben ist. Ich meine daher, daß hart gearbeitet werden muß, um innerhalb des ersten Halbjahres 1998 zu wissen: Wie setzten wir Kyoto konkret um – in Österreich, in der Europäischen Union und auch anderswo?

Offen ist der Ratifizierungsprozeß. Das Kyoto-Protokoll im Rahmen der Klimaschutzkonvention hängt auch davon ab, ob es ratifiziert wird. Auch Österreich wird die Ratifizierung an bestimmte Bedingungen knüpfen. Ich werde dem Hohes Haus eine Ratifizierung sicher nur dann empfehlen, wenn bestimmte Rahmenbedingungen, insbesondere für den Handel von Emissionszertifikaten, so gestaltet sind, daß sich nicht die einen und die anderen billig zusammenfinden und das tun, was ohnehin sonst auch getan worden wäre, sondern das muß sinnvoll sein. Die Rahmenbedingungen hiefür müssen erst noch erarbeitet werden.


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