Bundesrat Stenographisches Protokoll 643. Sitzung / Seite 249

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Ich möchte Ihnen abschließend noch ein Beispiel aus meinem persönlichen Erfahrungsbereich bringen – vielleicht haben Sie auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht –, daß sich nämlich häufig Österreicherinnen und Österreicher bemühen, einem ihnen Bekannten dabei behilflich zu sein, die österreichische Staatsbürgerschaft erreichen zu können. Ich bemerke, daß dann fast entschuldigend in etwa folgender Originalton kommt: Ich setze mich wirklich nicht für Ausländer ein, aber dieser Mann und diese Frau haben es verdient, daß sie österreichische Staatsbürger werden, weil zum Beispiel – und diese Beispiele gibt es wirklich – der Sahri Zorlu aus der Türkei ein braver Arbeiter in der VA-Stahl Traisen ist oder weil die Mexmeth Kurti aus dem Kosovo so liebe Kinder und ein geordnetes Familienleben hat, sich redlich bemüht, mitzuwirken, und auch in der Gemeinde versucht, ihr Bestes zu geben. Und dann kommt immer der Satz: Aber bitte, daß Sie mich nicht mißverstehen, ich bin wirklich nicht für die Ausländer!

Ich möchte jetzt zum Schluß kommen. Wenn einem Fremdes bekannt wird – das ist der Schluß, den ich aus diesen Dingen ziehe –, ist es auf einmal nicht mehr gefährlich. Das gilt auch für Menschen. So gesehen ist dieser Widerspruch auch leicht zu erklären. Es ist eine Selbstverständlichkeit, daß wir von der ÖVP-Fraktion dieser Staatsbürgerschaftsgesetznovelle zustimmen werden. Sie führt letztlich zu einer noch geordneteren Regelung dieser wichtigen Grundfrage in unserem Gemeinwesen. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

16.19

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

16.19

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Die zur Debatte stehende Novelle des Staatsbürgerschaftsgesetzes bringt zweifellos Verbesserungen auf dem bisher unzulänglich geregelten Gebiet des Erwerbs der Staatsbürgerschaft. Ich verkenne das nicht und stelle mit Freude fest, daß sich die ÖVP den langjährigen Forderungen der Freiheitlichen Partei spät, aber doch angeschlossen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Neugestaltung begegnet zugleich aber auch schweren Bedenken. So lehnen wir, wie bereits von meinem Kollegen Dr. Bösch ausgeführt, insbesondere die Herabsetzung der Wartefrist für die Verleihung der Staatsbürgerschaft von zehn Jahren auf sechs Jahre, unter Umständen sogar auf vier Jahre, ab. Gleiches gilt für die unzureichende Senkung der Obergrenze einer gerichtlich verhängten Strafe als Hindernis für den Erwerb der Staatsbürgerschaft.

Aber lassen Sie mich in der Folge auf den meines Erachtens grundlegendsten Einwand näher eingehen.

Das zentrale Anliegen des Reformvorhabens war erklärtermaßen das – vom Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 noch gar nicht angestrebte – rechtspolitische Ziel, die Integration einbürgerungswilliger Ausländer in die österreichische Gesellschaft tatsächlich sicherzustellen. Ebendieses Ziel läßt sich jedoch zweifellos nicht allein durch normative Vorgaben erreichen. Dabei darf aber nicht verkannt und verschwiegen werden, daß uns die Aufnahme und die Eingliederung der nach 1945, aber insbesondere ab 1956 und 1968 aus Gründen politischer Verfolgung geflüchteten Personen und selbst der bosnischen Kriegsflüchtlinge in jüngster Zeit insofern vor keine unlösbaren Probleme gestellt haben, als die angesprochenen Volksgruppen unserem eigenen – ob enger oder weiter gezogenen – Kulturkreis entstammten. Sie waren, kurz gesagt, mehr oder weniger leicht zu integrieren.

Die Einwanderungsbewegung der achtziger und der neunziger Jahre werfen demgegenüber ganz andere, weit komplexere Probleme auf. Heute sind wir – das muß offen ausgesprochen werden – in erheblichem Ausmaß auch mit solchen Fremden konfrontiert, die sich zum Teil nicht integrieren wollen und das zum Teil auch nicht können. Ich will das gar nicht bewerten. Aber die gerade in diesem Zusammenhang oft propagierte Lösung einer Doppelstaatsbürgerschaft lehnen wir entschieden ab, weil sie sowohl für die Betroffenen als auch für das Aufnahmeland zu bedenklichen Loyalitätskonflikten führen könnte!


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