Bundesrat Stenographisches Protokoll 646. Sitzung / Seite 23

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Freiwilligkeit dazu, fördern. Und das, was da zum Teil auch immer wieder in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist für mich nicht dafür geeignet.

Man kann ruhig weglassen, in welcher Form jemand leben will, denn die Statistiken sprechen für sich. Allein der Vergleich der einzelnen Mitgliedstaaten innerhalb der Europäischen Union spricht für sich, weil wir darin sehen, daß zum Beispiel in Schweden 40 Prozent der Väter in Karenz gehen, bei uns hingegen nur 1 Prozent.

Das heißt, wir werden vieles, vieles tun müssen, um eine Rollenauflösung zuzulassen, und das geht nur, wenn es in den Köpfen und in den Herzen der Menschen passiert, wenn es lebbar gemacht wird und wenn nicht Maßnahmen gesetzt werden, durch die wieder nur eine Aufgabe dem einem Teil und die andere Aufgabe dem anderen Teil zugeordnet wird. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Das beantwortet aber nicht meine Frage! – Weitere Zwischenrufe.)

Präsident Alfred Gerstl: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat Gottfried Jaud.

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Frau Ministerin! Auch mir, so muß ich sagen, genügt Ihre Antwort nicht ganz. Deshalb frage ich Sie noch einmal: Was, Frau Ministerin, ist Ihrer Meinung nach steinzeitlich am Vorschlag von Familienminister Bartenstein, Karenzgeld für alle einzuführen, womit ja erst eine echte Wahlmöglichkeit für Mütter und Väter eröffnet werden könnte?

Präsident Alfred Gerstl: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesrat! Genau letzteres glaube ich nicht. Wir müssen die Frage auseinanderteilen. Karenz heißt, jemand läßt sich von etwas karenzieren. Und Karenz im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes und der Kinderbetreuung ist die Karenzierung von einer Erwerbstätigkeit. Das muß auch in Zukunft gewährleistet sein.

Das heißt nicht, daß wir nicht über alle möglichen Maßnahmen im Rahmen von Familienpolitik reden können! Aber bitte lassen Sie das Karenzgeld als solches stehen, wie es ist, weil wir es brauchen. Ich habe das bereits im Zusammenhang mit der vorigen Frage beantwortet.

Es geht nicht darum, irgend jemandem etwas vorenthalten zu wollen, und das tun wir, um Himmels willen, auch nicht. Schauen wir uns die österreichische Familienförderungssituation an: Wir sind absolute Spitze in ganz Europa und, ich möchte fast sagen, auf der ganzen Welt, und zwar was die Geldleistungen anlangt, aber nicht die Sachleistungen. Und letzteres ist auch der Grund, warum die Geburtenrate bei uns im Keller ist – ich nenne es jetzt einmal so. Die Förderungen haben wir schon lange. Wenn es nur nach den Förderungen ginge, müßte die Geburtenrate eine ganz andere sein. Aber was die Sachleistungen anlangt, brauchen wir tatsächlich andere Maßnahmen.

Fragen Sie junge Frauen, die noch keine Kinder haben! Fragen Sie junge Frauen, was sie davon abhält, Kinder in die Welt zu setzen, oder warum sie so lange nachdenken, ob sie Kinder bekommen sollen oder nicht. – Ich sage es Ihnen: Sie zögern, weil sie genau wissen, welche Konsequenzen wir derzeit in Österreich für sie parat haben. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen, damit ihnen diese Entscheidung leichter gemacht wird.

Was ich zum Beispiel für ganz besonders wichtig halte, ist die Teilkarenz, ist die Teilzeit, oder kürzer auszusteigen, aber dafür dann auch kürzer zu arbeiten – und das nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. Ich glaube, damit täten wir für die Kinder das Allerbeste, denn Kinder haben bekanntlich auch einen Vater – und sie haben auch ein Recht auf ihren Vater!

Diese Maßnahmen wären diejenigen, die wir für die Zukunft konzipieren sollten. Das Karenzgeld gehört überarbeitet – da gebe ich Ihnen 100prozentig recht –: Es muß flexibler werden, ich könnte mir ein Karenzkonto vorstellen. Die Partner – die Frau, der Mann; der Vater, die Mutter – sollen flexibel für sich auch abrufen können: Wann gehe ich in Karenz, wie lange gehe ich in


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