Bundesrat Stenographisches Protokoll 648. Sitzung / Seite 43

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losenambulanz im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder eingerichtet. Das ist, wie ich meine, auch ein sehr wichtiger Schritt dahin gehend, daß Menschen, die schwerhörig, die gehörlos sind, die Möglichkeit haben, eine sozialmedizinische Betreuung zu erfahren und auch den kommunikativen Anschluß an unsere Gesellschaft zu finden.

Die Form der sozialmedizinischen Betreuung ist deshalb bei Gehörlosen ganz besonders wichtig, weil die Leiden von Gehörlosen nicht sichtbar und nicht meßbar sind. Das ist einerseits für viele Gehörlose von Vorteil, da sie in der Gesellschaft nicht stigmatisiert sind, das ist aber andererseits auch von Nachteil für sie, weil sehr oft über ihre Leiden und Schwächen hinweggesehen wird und sie deshalb auch keine entsprechende Unterstützung erfahren.

Wir müssen davon ausgehen, daß in der Bevölkerung in etwa ein Promille aller Österreicherinnen und Österreicher gehörlos ist; das bedeutet für das Ballungszentrum Wien ungefähr 2 000 gehörlose Menschen. 80 Prozent der Diagnosen werden über die Anamnese erstellt. Das heißt, im Spital steht sehr oft in den Krankengeschichten von gehörlosen Patienten zu lesen: Patient: gehörlos, Diagnose: entfällt. – Dies bedeutet, daß gehörlose Patienten oft schlechtere Behandlungschancen haben.

Viele Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit bereits gesetzt haben und die wir auch in Zukunft setzen wollen, zum Beispiel auch hinsichtlich der Gehörlosenambulanz, sind Maßnahmen, die auch in engster Kooperation mit den Interessenvertretungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu vollziehen sind. Ich denke dabei an den WITAF als die größte Interessenvertretung der Gehörlosen in Österreich.

Unterschriftenlisten und Petitionen, die sich mit den Problemen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen befassen, haben schon öfter zu gesetzgeberischen Maßnahmen geführt. Ich möchte nur daran erinnern, daß Anfang der neunziger Jahre der Österreichische Zivil-Invalidenverband 60 000 Unterschriften gesammelt und damit einen ganz wichtigen Impuls, eine ganz wichtige Initiative dafür gesetzt hat, daß in Österreich ein Pflegevorsorgegesetz eingerichtet wurde. Diese Pflegevorsorge, die dann letztendlich zum Bundespflegegeldgesetz und zu den Landespflegegeldgesetzen geführt hat, war zweifellos eine Pionierleistung in Europa. Wir waren das erste Land in Europa, das eine solche, sehr umfassende Pflegevorsorge, vor allem auch mit finanzieller Absicherung, eingerichtet hat.

Vor kurzem wurde dem Artikel 7 der Bundesverfassung ein Artikel 7a hinzugefügt, in welchem festgelegt wurde, daß niemand aufgrund seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Das heißt, es ist schon sehr viel geschehen, bedeutet aber auch, daß gerade für Gehörlose in unserem Land noch sehr viel geschehen muß.

Die heutigen Gesetzesvorlagen sind ein wichtiger Schritt in der Verbesserung ... (Das Mikrophon fällt kurz aus.)  – Ich hoffe, es geht Ihnen jetzt nicht so, daß Sie gehörlos sind; das liegt aber eher an der Anlage und nicht an Ihrem Hörbefinden. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Die heutigen Gesetzesvorlagen sind ein wichtiger Schritt in der Verbesserung der Lebensqualität von Gehörlosen, deshalb werden wir Sozialdemokraten gegen diese Vorlagen keinen Einspruch erheben. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das war eine praktische Demonstration!)

14.57

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Böhm. – Bitte.

14.57

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Dieser Vorlage, mit der sowohl die Zivilprozeßordnung als auch die Strafprozeßordnung geändert wird, stimmt meine Fraktion vorbehaltlos zu, geht es doch mit dieser Novellierung darum, im Sinne der Entschließung des Nationalrates vom 28. Jänner 1993 die Lebenssituation von gehörlosen und schwerhörenden Personen in Österreich zu verbessern.


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