Bundesrat Stenographisches Protokoll 653. Sitzung / Seite 21

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keit, bei Unternehmensgründungen in besonderer Weise entgegenzukommen, dankenswerterweise nicht verschlossen hat.

Ich glaube daher, daß die Richtung stimmt, daß die Tendenz stimmt. Eine Steuerreform ist immer ein Prozeß, nie etwas Abgeschlossenes. Ich bitte Sie, das auch so zu verstehen.

Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Bundesminister! Sie haben sich mehrmals dahin gehend geäußert, daß eine ökologische Steuerreform mit dem Ziel einer Lohnnebenkosten- oder Lohnsteuersenkung eine Gegenfinanzierung erfordert. Heißt das, daß Sie sich, da die geplante Steuerreform das nicht vorsieht, von Ihren eigenen Äußerungen beziehungsweise Vorstellungen distanzieren müssen?

Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Nein, das heißt das überhaupt nicht. Ich bin schon früher etliche Male gefragt worden – nicht in diesem Zusammenhang –, ob ich mich von meiner Äußerung, die ich als Wiener Finanzstadtrat getätigt habe, als Finanzminister distanziere. Ich pflege keine geistige Bücherverbrennung, sondern ich versuche, im Lichte anderer Erkenntnisse bestimmte Retuschen an Meinungen vorzunehmen, auch an meiner eigenen. Ich würde es jedem empfehlen, immer seine eigenen Meinungen ein bißchen kritisch zu hinterfragen und nie zu sagen, daß man schon alles weiß.

Diese Steuerreform hat, wie gesagt, die Vorgabe eines bestimmten Volumens gehabt, und zwar eines Volumens, das mit absoluter Sicherheit nicht größer ist, als es das Budget verträgt, wobei ich in aller Offenheit sage, daß wir erhebliche Schwierigkeiten haben werden, den Stabilitätspakt, den wir nach Brüssel geschickt haben, mit den nationalen Budgetdefiziten für die Jahre 1999 und 2000 einzuhalten. Aber ich bin kein Prophet, wenn ich behaupte, daß mit dieser Situation Österreich im Rahmen der "EU 15" nicht alleine dastehen wird, weil – das möchte ich Ihnen schon auch in aller Deutlichkeit sagen – die Stabilitätspolitik ein ganz wichtiger Bestandteil der europäischen Politik sein muß – das ist überhaupt keine Frage – und weil auch die Unabhängigkeit der Notenbank meiner Meinung nach außer Frage zu stehen hat, weil in der Koordination der Fiskal- und Geldpolitik natürlich die Entscheidungsfindung liegt.

Ich bin sehr dankbar dafür, daß die Europäische Zentralbank mit einer, wie ich meine, nicht uninteressanten Zinssenkung faktisch dazu beiträgt, die Rahmenbedingungen zu verbessern, damit die faktisch massiv zurückgehende Konjunktur – man sagt dazu plötzlich Konjunkturdelle, wobei es niemanden gibt, der sagt, wie groß und wie tief sie wird; das ist ein neues ökonomisches Vokabel: Wirtschaftsdelle; früher hat man gesagt: leichte Rezession oder sonst irgend etwas, aber ich will mich auf diese Diskussion gar nicht einlassen, sondern ich nehme zur Kenntnis, daß es jetzt Konjunkturdelle heißt – einen Aufschwung erfährt.

Mein Bemühen geht dahin, daß die Delle möglichst klein und möglichst flach wird. Aber dabei dürfen wir andere Politikdisziplinen nicht vergessen. Ich kann als europäischer Politiker ganz einfach nicht zur Kenntnis nehmen – wobei ich sagen muß, daß Österreich im Vergleich zu den anderen Staaten der Europäischen Union relativ gut dasteht –, daß wir nicht den massiven, sehr punktuellen Kampf gegen die Minimierung der Zahl von 17 Millionen Arbeitslosen in Europa aufnehmen. Das kostet Geld, auch in Österreich. Daher glaube ich, daß wir bei Anerkenntnis der Defizitziele ganz einfach eine Delle oder ein Hügelchen – wenn das eine Delle ist, ist das andere ein Hügelchen – im Abbau der nationalen Defizite zur Kenntnis zu nehmen haben, und zwar im Interesse einer sozial ausgewogenen europäischen und damit auch österreichischen Politik.

Präsident Gottfried Jaud: Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Ich bitte Frau Bundesrätin Aloisia Fischer um die Zusatzfrage.

Bundesrätin Aloisia Fischer (ÖVP, Salzburg): Herr Bundesminister! Sie sind in der Beantwortung der Hauptfrage schon kurz darauf eingegangen, aber ich frage Sie trotzdem noch einmal:


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