Also ich persönlich glaube, daß in diesem Bereich ein Konsens möglich ist, aber er ist noch nicht ausdiskutiert. Dazu müßte eine eigene Regierungskonferenz geschaffen werden, welche wahrscheinlich in den nächsten ein, zwei Jahren ihre Arbeit aufnehmen wird.
Der dritte Punkt, der immer wieder diskutiert wird, aber nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Amsterdamer Verträgen steht, ist der Wunsch nach mehr Mehrheitsabstimmungen. Wir haben heute wahnsinnig viele Bereiche, die immer nur einstimmig beschlossen werden können, und damit ist natürlich die Gefahr von Blockaden relativ groß. Da gibt es eine Initiative der Belgier, Franzosen, Italiener, die diese Frage des Prinzips der Mehrheitsabstimmung als Regel – Finanzfragen und Vertragsänderungen immer ausgenommen – zum Gegenstand einer neuen Regierungskonferenz machen wollen. Persönlich würde ich das für sehr wichtig halten.
Diese drei Punkte, so würde ich sagen, stehen im Vordergrund einer künftigen Institutionenreform.
Präsident Gottfried Jaud: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Wird nach dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages und nach der Ernennung der neuen Kommission die Außenpolitik der EU durch Zusammenfassung der Agenden etwa bei einem Kommissär oder bei einem "Mister GASP" mehr Gemeinsamkeit darstellen?
Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich hoffe das sehr. Die Frage ist – das muß man natürlich der Kommission überlassen, vor allem dem neuen Kommissionspräsidenten Romano Prodi, der jetzt mit überwältigender, ich glaube, mit fast Vierfünftelmehrheit vom Parlament bestätigt und einstimmig auch schon vom Europäischen Rat designiert wurde –, ob sozusagen eine Person in der Kommission tatsächlich für alle Außenbeziehungen voll verantwortlich sein soll. Sie müssen sich vorstellen, diese Person ist dann nicht nur für außenpolitische Fragen zuständig, sondern müßte die Handelsfragen mit den Amerikanern, mit den Japanern, mit allen asiatischen Ländern genauso behandeln wie etwa die Fragen der Außenbeziehungen zum Mittelmeerraum oder die Fragen betreffend Rußland, betreffend die wirtschaftlichen Auswirkungen der Balkankrise. Also die Frage, wie sich die Kommission sozusagen intern organisiert, muß sie selbst lösen. Dazu kann auch ein Ratsmitglied selbst bei gutem Willen, so glaube ich, wenig beitragen. Das muß in der Kommission erarbeitet werden. Ob das physisch eine Person allein schafft, ist die Frage, das traue ich mir nicht zu sagen. Die Bereiche waren früher zusammen, aber sie haben sie dann aus Gründen der Arbeitsüberlastung getrennt. Das heutige System ist nicht gut, da haben wir fünf, und das ist absolut ineffizient.
Präsident Gottfried Jaud: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. André d'Aron gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.
Bundesrat Dr. André d'Aron (Freiheitliche, Wien): Herr Vizekanzler! Im Zusammenhang mit den Skandalen bei der EU – ich erwähne hier nur BSE-Skandal, Geldverschwendung, politische Besetzungen und sicherlich auch Besetzungen innerhalb der EU – hat sich gezeigt, daß das EU-Parlament nicht jene Rechte im Durchschnitt hat, die die Landesparlamente der einzelnen Mitgliedsländer haben, und zwar hinsichtlich der Regierung, also hinsichtlich der EU-Kommissäre. Ich frage Sie daher in diesem Zusammenhang: Setzen Sie sich dafür ein, daß das EU-Parlament das Recht erhält, auch einzelnen Kommissären gegenüber das Mißtrauen aussprechen zu können?
Präsident Gottfried Jaud: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich darf Ihnen in einem Punkt massiv widersprechen: Die EU-Kommission ist ganz sicher nicht die europäische Regierung. Herr Bundesrat! Ich würde mich als Österreicher massiv dagegen zur Wehr setzen, daß wir plötzlich den Eindruck erwecken, die EU-Kommission ist unsere euro
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