Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 29

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Ich möchte Ihnen – gerade Ihnen, sehr geehrter Herr Bundesrat – auch nicht vorenthalten, welche Position der deutsche Landwirtschaftsminister vertritt, der Ihnen in der politischen Ausrichtung ja nicht gerade ferne steht. Er sagt, daß er von der Anwendung dieses Artikels 4 Abstand nehmen wird, weil er die deutschen Betriebe nicht in eine wettbewerbsnachteilige Situation bringen möchte.

Nun wissen Sie allerdings, daß die Betriebsstruktur in Deutschland eine ganz andere ist als die, die wir in Österreich haben: In Deutschland sind nämlich die Betriebe im Durchschnitt größer. Ich bitte daher, bei der endgültigen Entscheidung auch diesen Aspekt der Wettbewerbsfähigkeit unserer österreichischen Produzenten nicht außer acht zu lassen. Eine endgültige Entscheidung ist in Österreich noch nicht gefallen.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Werden weitere Zusatzfragen gewünscht? – Bitte, Herr Mag. Neuner.

Bundesrat Mag. Christof Neuner (Freiheitliche, Kärnten): Sehr verehrter Herr Bundesminister! Soziale Staffelungen müßten EU-weit einheitlich vorgenommen werden, da weder ehemalige DDR-Kolchosen noch britische Großgrundbesitzer und schon gar nicht niederländische Massentierhalter den österreichischen Betriebsgrößenstrukturen entsprechen und ihre Wettbewerbsvorteile zum Nachteil der österreichischen Bauern und Konsumenten ausnützen würden. Wann wird es EU-einheitliche soziale Staffelungen geben?

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Ich habe Ihnen berichtet, daß bei der Agenda zwei grundsätzlich verschiedene Modelle auf dem Tisch gelegen sind. Österreich hat das Modell der zeitlichen Degression strikt abgelehnt. Österreich hat das Modell einer EU-weiten Größenstaffel der agrarischen Marktordnungsförderungen unterstützt. Ich gehe, wenn diese Entscheidung getroffen werden soll, davon aus, daß sie auf EU-Ebene tatsächlich sinnvoll ist. Warum? – Weil wir nun dann letztendlich auch die Frage der Wettbewerbsfairneß entsprechend berücksichtigen können.

Ich bin nicht in der Lage – das sage ich Ihnen sehr offen –, heute zu sagen, wann eine neuerliche Diskussion zu diesem Thema in Europa stattfinden wird. Ich sage Ihnen nur: Sie wird stattfinden, weil diese Frage der Verteilung selbstverständlich nicht nur in Österreich diskutiert wird, sondern gerade in Regionen, wo die Schere, die Spreizung bei den Betriebsgrößen noch eine viel größere ist, als die, die wir in Österreich haben. Einen Zeitpunkt für diese Diskussion kann ich Ihnen derzeit nicht nennen.

Präsident Jürgen Weiss: Danke, Herr Bundesminister.

Eine weitere Zusatzfrage hat Herr Bundesrat Leopold Steinbichler gewünscht. – Bitte.

Bundesrat Leopold Steinbichler (ÖVP, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wo gibt es derzeit bereits Elemente einer sozialen Staffelung bei den Förderungsinstrumenten? – Ich denke dabei besonders auch an die viehhaltenden Betriebe, aus der Sicht der Arbeitsbelastung.

Präsident Jürgen Weiss: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Herr Bundesrat! Wenn Sie damit meinen, ob es größenabhängige Staffelungen gibt, dann kann ich Ihnen sagen, daß es diese gibt, und zwar erstens bei der Ausgleichszulage, sprich: bei der Förderung von Betrieben in benachteiligten Gebieten. Zweitens gibt es beim ÖPUL-Programm 1998 eine Staffelung, eine Einschleifregelung in der Abhängigkeit von der Betriebsgröße. Drittens gibt es bei der Investitionsförderung größenabhängige Tangenten. – In diesen drei Förderungsbereichen gibt es jedenfalls Fördertangenten.

Ich habe das deshalb etwas eingeschränkt, weil ich bei dem Begriff "soziale Staffelung" auch sozusagen ein verbales Problem habe. Es handelt sich um agrarische Förderungen und nicht um Maßnahmen der Sozialpolitik! – Ich möchte das sehr klar differenzieren.


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