Bundesrat Stenographisches Protokoll 656. Sitzung / Seite 142

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17.35

Bundesrat Dipl.-Ing. Hannes Missethon (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Minister! Frau Präsidentin! Ich darf Ihnen aufrichtig für diesen Debattenbeitrag danken. Den Wert eines Gutes erkennt man häufig erst dann, wenn man ihn verloren hat; das gilt für die Gesundheit ebenso wie für die persönliche Freiheit. Für uns ist es selbstverständlich, frei unsere Meinung zu sagen, zu debattieren, frei zu wählen, frei zu reisen. Daß dies nicht immer selbstverständlich war, zeigen NS-Diktatur und auch das Unrechtsregime in Serbien.

Ich glaube, daß Österreich mit dieser Einrichtung des Nationalfonds für Opfer des Nationalsozialismus einen sehr mutigen Schritt gesetzt hat. Dieser hat eine wichtige Rolle gespielt und bekommt mit dem heutigen Tage eine noch wichtigere Rolle. Er hat durch seine umsichtigen Tätigkeiten bewirkt, daß erstens das Vertrauen von Opfern des Nationalsozialismus in Österreich wieder ein wenig hergestellt werden kann, denn es wurde damit vielen Menschen ein Stück Bindung an die eigene Heimat wieder zurückgegeben. Er hat zweitens dazu beigetragen, daß in Österreich eine Aufarbeitung der Geschichte stattfinden kann. Allein die Tatsache, daß es diese Einrichtung gibt, ist ein großer mutiger Schritt, der in Österreich gesetzt worden ist.

Das Schicksal der vom nationalsozialistischen Unrechtsregime Verfolgten darf weder vergessen noch verdrängt werden. Es muß in lebendiger Erinnerung bleiben. Gerade in den letzten Monaten ist uns vor Augen geführt worden, daß in Europa kein Platz für Massenexekutionen, für Massenvertreibungen und für Massenvergewaltigungen mehr sein darf. Es war richtig, daß wir bei diesen Dingen nicht zugesehen haben, sondern daß eingegriffen worden ist.

Der Nationalfonds ist ein ausgezeichnetes Instrument. Durch die Änderungen, die wir heute beschließen wollen, haben nun auch Private die Möglichkeit, Leistungen in diesen Fonds miteinzubringen. – Die ÖVP wird daher dieser Gesetzesänderung ebenfalls gerne die Zustimmung erteilen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.38

Vizepräsident Dr. Milan Linzer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. John Gudenus. Ich erteile ihm dieses.

17.38

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen nehmen zu diesem Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird, die gleiche Haltung ein wie Sie alle. Persönlich empfinde ich, daß dieses Gesetz und damit auch die Änderung viel zu spät kommen.

Ich möchte nur den amerikanischen Staatssekretär Eizenstatt zitieren, der bei Verhandlungen mit dem damaligen deutschen Staatssekretär im deutschen Kanzleramt Bodo Hombach dazu sagte: Es müsse immer daran gedacht werden, daß die Entschädigungsregelungen verwaltungstechnisch einfach bleiben, da nicht viel Zeit für ihre Umsetzung bleibe. – Dieser Meinung kann ich mich nur völlig anschließen. Wir alle wissen, was mit Zeit gemeint ist. Es ist die biologische Uhr, die es vielen nicht mehr möglich macht, in den Genuß dieses Gesetzes zu geraten.

Ich bin auch Frau Kollegin Haselbach sehr dankbar dafür, daß Sie die Meinung vertreten hat, wir sollten nicht relativieren, wir sollten auch nicht aufrechnen. Sie haben völlig recht, Frau Kollegin!

Weil wir nicht aufrechnen und nicht relativieren sollen, meine ich, daß wir gerade derer gedenken sollen, die der Umstände halber nicht zu denen gehörten, die man zwangsläufig als der Zwangsarbeit unterliegend bezeichnet hat. Es sind viele Österreicher – manche bis 1955 – als Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit und zum Frondienst verurteilt gewesen. Es waren viele Österreicher während der Kriegszeit zur Zwangsarbeit eingezogen, ohne unter dieses Gesetz zu fallen, und es gibt viele Österreicher, die bis zum Jahr 1945 in anderen Staaten lebten und vertrieben worden sind und sowohl ausgewiesen als auch enteignet wurden, die keine Entschädigung verlangten. Wir bringen daher einen Entschließungsantrag ein:


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