Bundesrat Stenographisches Protokoll 667. Sitzung / Seite 48

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Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Bundesrat Dr. Peter Böhm das Wort. – Bitte.

11.28

Bundesrat Dr. Peter Böhm (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Verehrte Frau Regierungsbeauftragte! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Uns liegt heute das kurz so genannte Versöhnungsfonds-Gesetz zur Beschlussfassung vor. Meine Fraktion wird diesem Vorhaben zustimmen, sehen wir doch darin eine wohl erwogene politische Entscheidung der Bundesregierung und des Nationalrates unter einer vornehmlich humanitären Perspektive.

Zweifellos handelt es sich hiebei nämlich um eine vorrangig moralisch gebotene Geste gegenüber den Betroffenen aus einer totalitärer Unterdrückung erwachsenen, schweren menschlichen Tragik. Auch ich spreche da bewusst nicht von einer Form der "Wiedergutmachung" im eigentlichen Sinne wie bei rechtswidrigem Vermögensentzug oder für direkte Schädigungen an Leib und Leben, bei denen der Begriff freilich schon problematisch wird. Noch unpassender wäre er aber hier.

Denn zum einen kann das der Person als solcher widerfahrene Unrecht, das durch Zwangsarbeit bewirkt worden ist, gewiss nicht durch materielle Leistungen adäquat entschädigt werden. Das wurde bereits ausgeführt. Meines Erachtens geht es dabei wohl eher um eine Art von Ausgleich immaterieller, das heißt, ideeller Schäden der Opfer aus ihrer Freiheitsberaubung, ihren physischen Belastungen und den ihnen zugefügten seelischen Leiden sowie deren Spätfolgen.

Zum anderen kann es sich dabei nicht um die Befriedigung von eindeutig verankerten Rechtsansprüchen handeln; denn klassische Rechtstitel für die mit diesem Gesetz geplanten Entschädigungszahlungen bestanden bisher nicht und wären auch nach allgemein – völkerrechtlichen oder – zivilrechtlichen Rechtsgrundlagen so nicht ohne weiteres zu begründen. Auch die Artikel 21 und 26 des Staatsvertrages von Wien 1955 stünden solchen Ansprüchen jedenfalls entgegen. Vielmehr geht es uns allen im Hohen Haus hiebei um die Setzung eines primär rechtsethischen Zeichens im Geiste der Versöhnung.

Zwangsarbeit ist gemäß unserer heutigen Bewertung zweifellos eine ganz schwere Verletzung von Menschenrechten, und dem soll auch noch im Nachhinein Rechnung getragen werden, soweit das in der Verschiebung des Generationenhorizontes überhaupt möglich und vertretbar ist. Damit meine ich zum einen, dass heute nur noch ein Bruchteil der damals von der Zwangsarbeit betroffenen Opfer am Leben ist; das bedauerlicherweise vor allem auch deshalb, weil sich erst die gegenwärtige Bundesregierung zu einer solchen Solidaraktion entschlossen hat. Zum anderen meine ich, dass diese spezifische Entschädigung, hätte es in der Zweiten Republik keine ursprüngliche und noch lange danach andauernde Blockade gegenüber solchen Aktionen gegeben, gerechterweise viel eher den tatsächlich für das Unrecht Verantwortlichen und den wahren ökonomischen Nutznießern der Zwangsarbeit als der heutigen, daran jedenfalls schuldlosen Generation aufzuerlegen gewesen wäre!

Dieser durchaus auch moralisch-politische Wermutstropfen gilt natürlich für all jene Unternehmen, die entweder als damals wie auch heute bestehende Betriebe überhaupt keine Zwangsarbeiter beschäftigt hatten oder die zumindest nicht als echte Rechtsnachfolger von Zwangsarbeiter einsetzenden Unternehmen anzusehen sind.

Dennoch lasse ich all das um des Zieles und der guten Sache willen völlig außer Betracht. Vielmehr komme ich auf meine eingangs erwähnte Zielsetzung dieser Vorlage zurück, die meine Fraktion vollinhaltlich teilt: nämlich eine humanitäre Aktion zu setzen! Gerade in diesem Zusammenhang möchte ich, wollen wir vor allem der höchst professionellen Arbeit der Regierungsbeauftragten, Frau Präsidentin Dr. Maria Schaumayer, die uns heute die Ehre ihrer Anwesenheit erweist, unseren Respekt zollen und unseren Dank aussprechen. (Allgemeiner Beifall.)


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