Bundesrat Stenographisches Protokoll 668. Sitzung / Seite 68

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Wir haben heute auch von der "Hausordnung" gehört, die unsere Nachbarn einhalten beziehungsweise noch lernen müssen, wenn sie im gemeinsamen Haus Europa aufgenommen werden wollen. Das hört sich gut an und ist auch richtig so. Aber es bringt uns auch keinen Schritt weiter. Meine Damen und Herren! Wir brauchen den Dialog, und diesen erreicht man selten mit markigen Sprüchen.

Wenn beide Länder nicht miteinander reden können, weil die führenden Repräsentanten abwechselnd beleidigt oder zutiefst enttäuscht sind, werden wir in der noch verbleibenden Zeit bis zum Vollbetrieb nur schwer Lösungen finden.

Herr Bundesminister! Mir fehlt auch ein Vorschlag, wie der Ausstieg von dem endgültigen Einstieg funktionieren soll. Ich gebe dem Herrn Landeshauptmann Recht, dass man Geld nicht einfach in großen Mengen an ein Land geben soll, wenn man gar nicht weiß, was dann damit passiert. Ich glaube, das gehört kontrolliert. Wir wissen aber auch, dass Tschechien aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht in der Lage ist, den Ausstieg von sich aus durchzuführen.

Meine Damen und Herren! Der ehemalige tschechische Staatspräsident Václav Havel hat die Inbetriebnahme des Atomkraftwerkes als größten politischen Fehler bezeichnet, und er hat auch gesagt, dass er sich in der letzten Zeit zu wenig gemeldet hat. – Ich meine, das ist ein mutiges Eingeständnis, und es müssten von Seiten Tschechiens noch einige solcher Eingeständnisse folgen.

Wir haben noch einige Monate Frist, bis das Kraftwerk in Vollbetrieb geht, und diese sollten wir nützen. Starke Worte und Demonstrationsrhetorik gab es genug. Jetzt brauchen wir Lösungen, damit wir unsere Bevölkerung auch entsprechend schützen können. (Beifall bei der SPÖ.)

14.23

Präsident Johann Payer: Zur Beantwortung hat sich Herr Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

14.23

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Mag. Wilhelm Molterer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eingangs festhalten, dass die österreichische Bundesregierung den Kampf für die Sicherheit der Bevölkerung selbstverständlich weiter fortsetzen wird. Ich möchte klar betonen, dass wir dafür in Österreich eine gemeinsame Grundlage haben, einen Grundkonsens, der parteiübergreifend ist, der alle Parteien und alle politischen Kräfte in Österreich einbindet.

Ich halte das für eine besonders relevante und wichtige Frage, weil wir damit mit einer Stimme – mit einer österreichischen Stimme – für die Sicherheit, nicht nur der österreichischen Bevölkerung, sondern letztendlich auch der tschechischen Bevölkerung auftreten.

Meine Damen und Herren! Ich möchte auch nicht verhehlen, dass mir persönlich in den letzten Tagen in dieser Frage sehr viel Bestürzung mitgeteilt worden ist und auch ich selbst Entscheidungen in diesen letzten Tagen in hohem Ausmaß für nicht verständlich halte.

Man muss klar sagen, dass wir es nach wie vor mit mangelnder Transparenz der Information und des Entscheidungsprozesses zu tun haben. Wir müssen deutlich machen, dass es monatelang eine Gesprächsverweigerung von tschechischer Seite gegeben hat, dass die Behandlung der österreichischen Parlamentarier-Delegation bei der Begehung von Temelin für einen Parlamentarier, der die Pflicht hat, die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, nicht adäquat war. Wir sehen es nach wie vor als absolut problematisch an, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Wir sehen es als bedenklich an, dass es trotz Beitrittspartnerschaft nach wie vor zu keiner Ratifizierung der Espoo-Konvention durch tschechische Stellen gekommen ist, und wir sehen es nach wie vor als wirtschaftlich äußerst problematisch an, dass offensichtlich die Erzeugung von atomarem Stromüberschuss zu Exportzwecken das eigentliche Ziel ist.


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