Bundesrat Stenographisches Protokoll 685. Sitzung / Seite 19

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Wir haben bei den Bezirksgerichten einen großen Arbeitsanfall. Wir haben 40 Branchen, wir machen ständig neue Gesetze. Von der EU kommen Gesetze nach Österreich und in die anderen Mitgliedstaaten, die sofort gelten, ohne in den österreichischen Bundesgesetzblättern veröffentlicht zu werden. Die Rechtsfindung und die Rechtsberatung werden immer schwieriger. Wir müssen uns deshalb, auch im Sinne einer Kritik seitens des Rechnungshofes seit 1995, zu einer Arbeitsteilung bei den Bezirksgerichten entschließen, und diese kann nur dann eintreten, wenn dort mindestens zwei bis drei Richter tätig sind.

Das ist unser Ziel, und dieses Ziel haben wir in den Bundesländern Niederösterreich und Steiermark bereits erreicht. Ich bedanke mich bei den verantwortlichen Landeshauptleuten und allen anderen, die daran mitgewirkt haben. In Niederösterreich haben wir 14 Standorte zusammengelegt, in der Steiermark zwölf. Das heißt, wir sind auf einem guten Weg.

Auf demselben guten Weg sind wir auch in Oberösterreich, nur hat dort leider in letzter Sekunde Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider – ohne für mich erkennbare sachliche Gründe, denn das Gespräch mit ihm war sehr sachlich und hat ihn sehr beeindruckt – Opposition gemacht, sodass wir zu einer Lösung kommen müssen. Haider hat die sachlichen Argumente, die er im Gespräch mit uns akzeptiert hat, nicht in die Öffentlichkeit weitergetragen.

Damit wir auch in Oberösterreich das Ziel der besseren Versorgung der Bevölkerung mit der Justiz erreichen können, gehen wir jetzt folgendermaßen vor: Die Standorte einzelner Gerichte werden an andere Standorte verlegt, sodass in einem Gerichtsgebäude dann zwei oder vielleicht drei Gerichte tätig sein werden. Die Synergieeffekte werden sich zu Gunsten der Bevölkerung einstellen, die bessere Versorgung wird sich einstellen, und es wird damit dem Wunsch der Bevölkerung, der schon vor Monaten von 75 Prozent getragen war, entsprochen werden. Wir handeln hier im Einvernehmen mit der Bevölkerung, ich gebe aber zu, dass einige Politiker das noch nicht eingesehen haben. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ein Trugschluss, Herr Minister!)  – Bitte erklären Sie der Bevölkerung, dass sie einem Trugschluss unterliegt bei ihren Antworten gegenüber Meinungsforschungsinstituten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Johann Kraml zu Wort gemeldet. – Bitte.

Bundesrat Johann Kraml (SPÖ, Oberösterreich): Herr Bundesminister! In der heutigen Ausgabe der "Oberösterreichischen Nachrichten" ist zu lesen, würde in der oberösterreichischen Landesregierung eine Einigung zu Stande kommen, würden nur 17 Bezirksgerichte zugesperrt werden, sollte es zu keiner Einigung kommen, werden es 25 Bezirksgerichte sein. – Sind diese zusätzlichen acht Bezirksgerichte jetzt sozusagen als Strafaktion gedacht, weil es keinen positiven Beschluss gegeben hat, weil Sie Ihre Wünsche nicht umgesetzt sehen, oder liegt dieser Aktion auch ein entsprechendes Schließungskonzept zugrunde? (Ruf bei der SPÖ: Nein, eine Umfrage!)

Präsidentin Uta Barbara Pühringer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Ich bedauere sehr, dass ich den Artikel in den "Oberösterreichischen Nachrichten" nicht kenne, aber nichts liegt uns ferner, als an Strafaktionen zu denken. Tatsache ist, dass wir uns hier in rein sachlicher Art und Weise einer Argumentation bedienen, die von der Bevölkerung, wie gesagt, anerkannt wird.

Zur Rechtslage: Auf Grund eines Verfassungsüberleitungsgesetzes aus 1920 werden Bezirksgerichte wie folgt eingerichtet oder zusammengelegt:

Eine Verordnung der Bundesregierung muss durch eine entsprechende Verordnung der jeweiligen Landesregierung ergänzt werden. Dort, wo das nicht möglich ist, kann man mittels Bundesgesetz Standorte verlegen.

Ich habe nicht vor, mit legistischen Maßnahmen irgendwelche Strafsanktionen auszusprechen, sondern versuche nur, das Ziel einer besseren Versorgung der Bevölkerung zu verfolgen.


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